Lkw-Hersteller will sparen

Daimler Truck steuert auf Konflikt um Stellenabbau zu

Ein groß angelegter Stellenabbau sorgt bei Daimler Truck für Kontroversen. Vorstandschefin Karin Rådström will indes keine „Leute hin und her“ zählen.

Daimler Truck steuert auf Konflikt um Stellenabbau zu

Daimler Truck vor Konflikt um Stellenabbau

xaw New York

Daimler Truck will auf ihrem Kapitalmarkttag in Charlotte, North Carolina, eigentlich Aufbruchstimmung für die kommenden Jahre verbreiten. Nun steht die Führung des Lkw- und Busherstellers allerdings vor einem Konflikt mit dem Betriebsrat – denn dem schmeckt der angekündigte Abbau von 5.000 Stellen in Deutschland gar nicht. Dieser soll Teil einer Strategie werden, mit dem das Unternehmen bis 2030 effizienter wachsen und die Umsatzrendite deutlich ankurbeln will.

Keine Einigung über konkrete Zahlen

Bereits im März hatte Daimler Truck für die kommenden fünf Jahre in Europa öffentlich Kostensenkungen um mehr als 1 Mrd. Euro angepeilt. „Historisch hat Daimler Truck die in Aussicht gestellten Kostenreduktionen nicht immer geliefert – dass wir es diesmal schaffen, wird eine meiner Schlüsselprioritäten als CEO sein“, sagte die im vergangenen Oktober angetretene Vorstandschefin Karin Rådström in North Carolina. 

Die Personalkürzungen in Deutschland werden nun zum Streitfall: Der Gesamtbetriebsrat von Daimler Truck zeigte sich über die Kommunikation zum Stellenabbau überrascht. Die Arbeitnehmervertreter hätten mit dem Unternehmen Maßnahmen zur Kostenreduktion vereinbart, die im Mai auch kommuniziert worden seien. Doch „wir haben in den Verhandlungen nicht über eine konkrete Zahl von abzubauenden Stellen gesprochen, und wir haben auch nichts dergleichen vereinbart“, sagte Michael Brecht, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Daimler Truck. 

„Unnötige Verunsicherung“

Die Zahl, die das Unternehmen nun kommuniziert habe, sei offensichtlich der Kapitalmarktkommunikation geschuldet. „Es ist ärgerlich, dass durch den Wunsch, dem Kapitalmarkt zu gefallen, die Kolleginnen und Kollegen nur unnötig verunsichert werden“, sagte Brecht. Der Betriebsrat wolle verhindern, dass – wie „in der Vergangenheit oft“ geschehen – Stellen abgebaut würden, obwohl dies nicht wirtschaftlich sei. Erst nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung Bereich für Bereich lasse sich feststellen, ob und wie viele Stellen wegfielen oder verlagert würden. Der Betriebsrat geht davon aus, „einen guten Teil“ der Tätigkeiten über Maßnahmen zur Effizienzsteigerungen im Unternehmen halten zu können.

Rådström räumte in einer Medienrunde am Mittwoch auf Nachfrage der Börsen-Zeitung ein, dass sich Unternehmen und Betriebsrat nie auf Spezifika zu den Auswirkungen der neuen Strategie verständigt hätten. „Die vereinbarten Kostensenkungen sind aber nun einmal nicht möglich, ohne dass wir Arbeitsplätze in Deutschland wegnehmen“, sagte die Vorstandsvorsitzende. Darauf, in welchem Umfang an welchen Standorten genau gekürzt werden soll, wollten sich die beim Kapitalmarkttag anwesenden Vorstände nicht festlegen.

„Wir sollten uns viel mehr auf die relevanten Einsparungen konzentrieren als darauf, Leute hin und her zu zählen“, betonte Rådström. So will Daimler Truck die Materialkosten bis 2030 um 400 Mill. Dollar senken sowie die Betriebs- und Vertriebskosten sowie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung deutlich drücken, um eine Ausweitung der Marge im Kerngeschäft um 150 Basispunkte zu erwirken. Im kommenden Jahr sei mit „ersten greifbaren Effekten“ der Einsparungen zu rechnen.

Betriebsrat stemmt sich gegen Kündigungen

Außerdem hat Daimler Truck bekannt gegeben, mehr als 20% des europäischen Lkw-Produktionsvolumens in ein Land mit Kostenvorteilen verlagern zu wollen – und damit die Kosten pro dort produziertem Lkw um 3.000 Euro zu senken. Thomas Zwick, Betriebsratsvorsitzender in Wörth am Rhein – dem größten Produktionsstandort der Marke Mercedes-Benz Trucks – unterstreicht, für alle heute direkt Beschäftigte sei der Arbeitsplatz bis 2034 gesichert. Betriebsbedingte Kündigungen seien bis 2035 ausgeschlossen, ein Stellenabbau könne nur über natürliche Fluktuation oder freiwillige Maßnahmen erfolgen.

Der Betriebsrat habe zwar der Reduzierung der Komplexität zugestimmt, was zu einem geringeren Produktionsvolumen führte. „Dennoch bleibt Wörth Volumenproduzent und wird nicht wie vom Unternehmen ursprünglich gefordert zum reinen Technologie- und Anlaufwerk“, teilte Zwick, der auch stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats ist, mit. Brecht betonte indes, bereits Zugeständnisse gemacht zu haben, „weil auch wir ein wettbewerbsfähiges Unternehmen wollen“. Doch sei Sparen allein keine Strategie.

Strafzölle sorgen für Unsicherheit

Daimler Truck peilte auf dem Kapitalmarkttag dabei durchaus Expansionsziele an, unter anderem mit einem Ausbau des Service-Geschäfts und der Retail-Präsenz von Mercedes-Benz Trucks. Eine effizientere Skalierung soll auch durch Deals wie der Kombination von Mitsubishi Fuso – bei der die alte Daimler AG ihre Beteiligung 2011 auf knapp 90% aufstockte – und der Konkurrentin Hino Motors aus dem Portfolio von Toyota möglich werden. Nachdem sie bereits vor zwei Jahren einen Merger angepeilt hatten, schlossen die Muttergesellschaften im Juni eine bindende Vereinbarung, gemäß der sie die japanischen Truck-Unternehmen in einer neuen Holding kombinieren. Diese soll im Premiumsegment der Börse in Tokio gelistet werden. Daimler Truck und Toyota wollen je 25% an dem neuen Unternehmen halten.

Für Unsicherheit sorgen derweil die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe sowie die Furcht vor möglichen sektorspezifischen Abgaben für Mittel- und Schwerlastwagen. „Die Tariffs haben noch keinen Mitarbeiter den Job gekostet“, sagte John O'Leary, CEO Daimler Truck North America, in einem Gespräch mit Medienvertretern. Doch müsse bezüglich der Strafzölle endlich Klarheit herrschen, damit das Unternehmen bezüglich der Preisentwicklung eindeutiger mit den Kunden kommunizieren könne.

Hohe Profitabilitätssteigerungen in Aussicht

Unterdessen soll das effizientere Wachstum die bereinigte Umsatzrendite im Kerngeschäft von Daimler Truck bis 2030 auf mehr als 12% antreiben. Über den Zyklus hinweg soll die Profitabilitätskennziffer zwischen 9 und 13% liegen, zuvor peilte der Lkw- und Bushersteller 7 bis 11% an.Der freie Cashflow im Industrial Business – also dem Geschäft exklusive Leasing und anderer Finanzdienstleistungen – soll bis 2030 um 50% wachsen, wodurch die Holding „ihre starke Historie an attraktiven Shareholder Returns aufrechterhalten will“.

So hat Daimler Truck im Rahmen des Kapitalmarkttags ein neues Aktienrückkaufprogramm im Umfang von bis zu 2 Mrd. Euro angekündigt. Die Buybacks sollen in der zweiten Hälfte 2025 starten und über die kommenden zwei Jahre fließen. Die Freude über Steigerungen des Shareholder Return ringt nun mit dem Ärger um den Stellenabbau um Oberhand.

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