Staatssekretär

Giegold zieht es von Brüssel nach Berlin

Mit Sven Giegold zieht ein erfahrener Finanzpolitiker aus dem Europaparlament nach Berlin. Dem designierten Wirtschaftsminister Robert Habeck gelang es auch, zwei weitere politikerfahrene Kräfte zu verpflichten.

Giegold zieht es von Brüssel nach Berlin

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Die Zahl der Europaabgeordneten ist überschaubar, die sich, wenn es um Finanzmarktregulierung geht, im Gesetzgebungsverfahren gegenüber der EU-Kommission mit ihren Heerscharen von Beamten und gegenüber den Mitgliedstaaten mit den Hundertschaften an Fachreferenten behaupten können. Sven Giegold gehört zweifelsohne dazu. Ob Ucits oder Mifid, ob Steuertransparenz oder Kapitalmarktunion – der 52 Jahre alte Grüne ist sprechfähig. Und hat fast immer eine dezidierte Meinung.

Das liegt zum einen am bemerkenswerten Arbeitseifer – mit Blick auf sein langjähriges Engagement für die evangelische Kirche könnte man auch sagen: an der protestantischen Arbeitsethik. Giegold scheut nicht die Beschäftigung mit den granularen Details von Gesetzesvorschlägen. Zudem versteht er es ausgezeichnet, sich einen Stamm von engagierten Mitarbeitern aufzubauen und sich mit wissenschaftlichen Einheiten kurzzuschließen. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler ist zudem ständig im Austausch mit Interessengruppen. Dass Giegold alle diese Kontakte offenlegt, führte am Anfang seiner Zeit im EU-Parlament zu Irritationen. Der Grünen-Politiker, der einst die globalisierungskritische Vereinigung Attac mitbegründete, hat großen Anteil daran, dass diese Transparenz in Sachen Lobbykontakte mittlerweile im EU-Parlament zum Standard geworden ist.

Dass er sich zu einem der zentralen Akteure im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments entwickeln konnte, hat zudem mit seiner Bereitschaft zu tun, mit anderen zu paktieren, wenn es einem politischen Ziel nutzt – sei es mit dem politischen Gegner, etwa wenn er mit dem CSU-Finanzexperten Markus Ferber eng zusammenarbeitete, oder mit den Verbünden von Sparkassen und Genossen beim Thema Proportionalität der Finanzmarktregulierung. Insofern bringt Giegold jede Menge Erfahrung darüber mit, wie man es anstellt, dass aus Ideen Gesetze werden, wenn er nun nach Berlin wechselt und beamteter Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium unter Robert Habeck wird.

Drei weitere Berufungen

Habeck ist es gelungen, neben Giegold noch weitere politikerfahrene Kräfte in sein künftiges Ministerium zu lotsen. So wird dem Vernehmen nach der Finanz-Staatssekretär aus Schleswig-Holstein, Udo Philipp, ebenfalls als Staatssekretär im neuen Superministerium in Berlin tätig sein. Der 57 Jahre alte Philipp arbeitete für die Dresdner Bank, für die Treuhand und für die Private-Equity-Gesellschaft EQT – und engagierte sich in der Bürgerbewegung Finanzwende. Für Energie zuständiger Staatssekretär soll Patrick Graichen werden. Er hat langjährige Erfahrung im Bundesumweltministerium und gründete die einflussreiche Denkfabrik Agora Energiewende. Koordinierende Aufgaben im neuen Ministerium soll Anja Hajduk übernehmen. Die 58 Jahre alte diplomierte Psychologin war früher als Hamburger Umweltsenatorin tätig.

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