Geburtstag

Jürgen Weber 80

Zu einem staatlichen Großaktionär bei der Lufthansa hätte Jürgen Weber sicher einiges zu sagen. Denn als er 1991 Vorstandschef der deutschen Fluggesellschaft wurde, war das Unternehmen noch überwiegend in staatlichem Besitz.

Jürgen Weber 80

lis – Zu einem staatlichen Großaktionär bei der Lufthansa hätte Jürgen Weber sicher einiges zu sagen. Denn als er 1991 Vorstandschef der deutschen Fluggesellschaft wurde, war das Unternehmen noch überwiegend in staatlichem Besitz. Doch Weber, mittlerweile Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats, hat sich öffentlich seit Jahren nicht mehr zur aktuellen Situation bei seinem langjährigen Arbeitgeber geäußert. Dass er intern weiter als Ratgeber geschätzt wird, davon darf ausgegangen werden, zumal nach wie vor einige langjährige Weggefährten bei der Lufthansa im Cockpit sitzen. So leitete etwa der heutige Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr bis 1998 drei Jahre lang das Büro von Weber. Der damalige Lufthansa-Chef setzte auch auf Spohr, als es um den Aufbau des ersten globalen Bündnisses von Fluggesellschaften ging, der Star Alliance.

Aus dieser gemeinsamen Zeit dürften auch die Bedenken gegen eine staatliche Einflussnahme bei Lufthansa stammen. Als die Fluggesellschaft im Frühjahr 2020 wegen der Coronavirus-Pandemie in Nöte geriet und zusammen mit den öffentlichen Hilfsgeldern auch einen Aktienbesitz des Bundes akzeptieren musste, sagte Spohr: „Jetzt brauchen wir staatliche Unterstützung. Aber wir brauchen keine staatliche Geschäftsführung.“ Das hätte Weber, der am 17. Oktober 80 Jahre alt wird, vermutlich genau so unterschrieben. Als der Staat 1997 ausgestiegen ist, soll der damalige Lufthansa-Chef gesagt haben: „Endlich sind wir die Erbsenzähler los.“

Mächtiger Chefkontrolleur

Auch ansonsten hatte Weber wenig übrig für Einmischung von außen. 2013 wollte er seinen Nachfolger als Vorstandschef, Wolfgang Mayrhuber, an der Spitze des Aufsichtsrats installieren. Das geriet zur Hängepartie, weil sich ausländische Aktionäre vehement gegen diesen prompten Wechsel ohne Abkühlphase wehrten. Ohne frühzeitige Einbindung oder das Plazet des mächtigen Chefkontrolleurs Weber sei damals im Tagesgeschäft der Lufthansa kaum etwas gelaufen, berichteten Manager in der Frankfurter Zentrale. So soll Weber sein Veto eingelegt haben, als Vorstandschef Mayrhuber die damalige Einkaufstour in Europa fortführen wollte und dabei sogar ein Auge auf die marode Alitalia geworfen hatte.

Viel zu sagen hätte Weber sicher auch zu einer Lufthansa im Krisenmodus. Denn schon einmal stand die Lufthansa, für die der Ingenieur seit 1967 tätig war, kurz vor der Pleite. Mitte der 1990er Jahre musste die Fluggesellschaft ihre vor Corona bislang schwersten Turbulenzen überstehen. Jahrelange Überkapazitäten und dreistellige Millionenverluste beförderten die Traditionsgesellschaft damals an den Rand des Ruins. Doch Weber wendete den drohenden Untergang erfolgreich ab. Mit ruhiger Hand stellte er eine Sanierungsmannschaft zusammen, die alle erforderlichen Einschnitte bei Personal oder Flotte vornahm und das, ohne die Vertreter der Gewerkschaften zu vergrätzen.

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