KreditwürdigBondmärkte

Ungleichgewichte bei den Laufzeitpunkten

An den Bondmärkten bestehen derzeit an Laufzeitenpunkten Ungleichgewichte. Eine Erklärung liefert die inverse Kurve bei den meisten Emittenten.

Ungleichgewichte bei den Laufzeitpunkten

Die Renditen 30-jähriger Bundesanleihen notieren mittlerweile über der Swapkurve. Die Verbilligung in diesem Bereich ist nicht auf Bunds beschränkt, sondern breit angelegt. Längerfristig rechnen wir mit steileren Spread-Kurven, da höhere Prämien erforderlich sind, um mehr Käufer für ultralange Anleihen zu gewinnen, während die Durationsextraktion der EZB weiter abnimmt. Bei US Treasuries verschärfen die anstehenden Wahlen die Risiken einer Versteilung am langen Ende.

30-jährige Bunds weisen seit Januar höhere Renditen auf als die entsprechenden Swapsätze. Diese „Verbilligung“ von ultralangen Anleihen passt ins Bild des generellen Trends, bei dem die Anleiherenditen nicht nur durch die höheren Zinserwartungen stiegen, sondern auch relativ zur neutralen Zinsswapkurve. Emittenten müssen also eine höhere Prämie bezahlen, um ihre Anleihen zu platzieren.

Diese Entwicklung ist keinesfalls auf Bunds beschränkt. So haben die jüngsten Budgetdefizitverfehlungen Frankreichs und Ratingsorgen die 30-jährigen Swapspreads französischer Anleihen Anfang des Monats auf 100 Basispunkte befördert. Insgesamt befinden sich die europäischen Anleihekurven seit einiger Zeit unter starkem Versteilerungsdruck relativ zur Swapkurve, ungeachtet der positiven Risikostimmung sowie der nachlassenden EZB-Unsicherheit. Investoren verlangen also hohe Konzessionen, um sich auf den Renditekurven weiter nach hinten zu bewegen – und das, obwohl die Risikoprämien über fast alle Anlageklassen hinweg sinken.

Inverse Zinskurven

Eine Erklärung ist die inverse Swapkurve, die dazu führt, dass die Renditekurven der meisten Emittenten nach wie vor sehr flach oder invers sind. Dadurch verschärft sich das Ungleichgewicht zwischen einem relativ unelastischen Angebot und der Nachfrage nach langen Anleihen durch zinssensible Investoren, bei denen einige typische strukturelle Käufer ausfallen.

In einem kürzlich erschienenen Blog der EZB wird beschrieben, wie die Reduzierung der EZB-Bilanz „sehr reibungslos“ verlief, da die Ausländer einsprangen, um das steigende Nettoangebot aufzufangen. Die verfügbaren Daten bestätigen unsere Annahmen, dass sich eine Lücke auftut zwischen der Duration, die die Emittenten aufnehmen müssen, und dem, was die Investoren bereit und in der Lage sind zu kaufen. Zu den ausländischen Investoren zählen vor allem britische/amerikanische Hedgefonds und ausländische Zentralbanken, die nun meist in kürzeren Laufzeiten aktiv sind, während traditionelle Käufer von Anleihen mit langen Laufzeiten, wie Lebensversicherer und Pensionsfonds, weniger Mittel investieren. Für die Eurozone insgesamt waren die Nettokäufe dieser Investorengruppe im vergangenen Jahr überhaupt sogar negativ, d. h. sie haben nicht zur Deckung des Nettoangebots beigetragen.

Gleichzeitig steigt nicht nur das Nettoangebot an Anleihen angesichts hoher Budgetdefizite und des Abbaus der EZB-Bilanz. Die Emittenten sind zudem bemüht, ihre Laufzeiten zu erhöhen. Bei Bunds ist die zwölfmonatige rollierende volumengewichtete Laufzeit der monatlichen Emissionen laut unseren Berechnungen zum ersten Mal auf über zehn Jahre angestiegen und hat damit zu Frankreich aufgeschlossen, das weiterhin an der Spitze liegt. Hinzu kommen die anhaltend hohen Volumina an ultralangen französischen OATs sowie der EU, sodass Investoren im Bereich über 20 Jahren derzeit mehr als das Dreifache des vor Covid üblichen Durchschnittsangebots absorbieren müssen.

Relativ günstige Bewertungen

Die relativ günstigen Bewertungen am ultralangen Ende könnten zwar mehr Investoren anziehen, wir bezweifeln jedoch, dass dies zu einer Trendwende führen wird. Der Aufwärtstrend der vom Markt zu absorbierenden Gesamtduration dürfte sich fortsetzen, während die Laufzeiten der EZB-Portfolien weiter abschmelzen und die PEPP-Reinvestitionen im Laufe des Jahres weiter zurückgehen werden.

Ein Blick auf US-Treasuries unterstreicht, dass die Dynamik global angelegt ist. 30-jährige Anleihen handeln mehr als 70 BP über SOFR Swaps und eine Wiederwahl Trumps verstärkt die Risiken einer bearishen Versteilung.

Unabhängig vom Wahlausgang werden die hohen Haushaltsdefizite und die steigende Staatsverschuldung in den kommenden Jahren eine große Herausforderung darstellen. Ein Vorhaben, das Trump höchstwahrscheinlich umsetzen wird, ist die Beibehaltung seiner Einkommensteuersenkungen von 2017, die 2025 auslaufen würden. Laut CBO-Projektionen würde dies das Haushaltsdefizit um durchschnittlich 0,7 Prozentpunkte erhöhen. Ohne Gegensteuern dürfte sich das Budgetdefizit in den kommenden Jahren somit trotz guter Konjunkturlage bei 5 bis 6% des BIP einpendeln.

Neben der expansiven Fiskalpolitik könnte sich eine zweite Amtszeit Trumps über die Inflation und die Fed auf die Bondmärkte auswirken. Die zu erwartende Verschärfung der Handelskonflikte würde zusammen mit einer restriktiveren Einwanderungspolitik, angespannten Arbeitsmärkten und einer expansiven Fiskalpolitik den Inflationsdruck verstärken. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass unter Trump die Unabhängigkeit der Fed infrage gestellt wird.

Aussicht auf langlaufende Emissionen

All dies muss kein Problem sein, wenn die Renditen hoch genug sind und realistische Aussichten auf Zinssenkungen bestehen. Wir müssen jedoch nicht weit in die Vergangenheit zurückblicken, um zu sehen, dass fiskalpolitische Sorgen in Verbindung mit ungelösten Inflationsproblemen schnell ein sehr negatives Umfeld an den Anleihemärkten schaffen können. Das bekannteste Beispiel aus jüngster Zeit war die Krise bei britischen Staatsanleihen im Jahr 2022, als der starke Anstieg der Renditen eine Änderung der verantwortungslosen Haushaltspläne und die Absetzung von Premierministerin Liz Truss nach weniger als zwei Monaten im Amt erzwang. Im Herbst vorigen Jahres geriet die US-Treasury-Kurve durch einen starken Anstieg der Realrenditen am langen Ende erheblich unter Druck. Dies ist sehr ungewöhnlich in einer Zeit, in der die Leitzinsen bereits als restriktiv gelten. Die Aussicht auf mehr langlaufende Emissionen bei einer stark inversen Kurve trug dazu bei, dass die Anleger es vorzogen, Cash zu halten und zu Duration meiden. Gleiches gilt für den Hinweis von Fed-Chef Powell, dass es die Fed nicht eilig habe, die Zinsen zu senken.

Ein ähnliches Umfeld ist nach den US-Wahlen nicht auszuschließen, wenn die Investoren angesichts der hohen Unsicherheit positive Realrenditen am kurzen Ende bevorzugen und Trump mit der Umsetzung seiner Agenda Ernst macht.

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