Nimmermann folgt Graichen im Bundeswirtschaftsministerium
Nimmermann folgt Graichen im Bundeswirtschaftsministerium
fed Frankfurt
Die Bundesregierung, so ließ sich gestern Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir zitieren, gewinne mit Philipp Nimmermann „einen klugen und kreativen Kopf.“ Das werden viele bestätigen, die mit dem bisherigen hessischen und künftigen deutschen Wirtschaftsstaatssekretär zu tun haben oder ihn schon einmal bei einer Podiumsdiskussion erlebt haben. Klug, weil er die Bälle in der Luft hält und Sachverhalte schnell durchdringt. Kreativ, weil er bereit ist, um die Ecke zu denken.
Das hat der heute 57-jährige promovierte Ökonom beispielsweise schon in seiner Zeit bei der BHF-Bank Anfang der 2000er Jahre bewiesen. Als im Sommer 2000 die Versteigerung von UMTS-Mobilfunklizenzen startete, zählte der spätere Chefvolkswirt und Leiter Finanzmärkte der BHF-Bank zu den Wirtschaftswissenschaftlern, die frühzeitig darauf hinwiesen, dass das Versteigerungsverfahren zu astronomischen Preisen führen könne.
Herkulesaufgabe HSH-Verkauf
2014 wechselte Nimmermann in den Norden und wurde erstmals Staatssekretär – in dem von der grünen Ministerin Monika Heinold geführten schleswig-holsteinischen Finanzministerium. Seine zentrale Aufgabe in dieser Zeit war die komplizierte Veräußerung der HSH Nordbank und damit die erste Privatisierung einer Landesbank in Deutschland.
Nicht zuletzt, weil er diese Herkulesaufgabe erfolgreich erledigte, wurde Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir auf Nimmermann aufmerksam und holte ihn in sein Ministerium nach Wiesbaden – zuständig unter anderem auch für den Finanzplatz Frankfurt. Nimmermann ist längst ein Gesicht des Finanzplatzes geworden – stets umtriebig, um die Attraktivität des Finanzstandorts Frankfurt zu erhöhen und den Finanzplatz zugleich als wichtige Plattform der nachhaltigen Transformation zu stärken. Sustainable Finance gehört schon lange zu den Themen, die ihm besonders am Herzen liegen.
Frankfurter durch und durch
In der Bettinaschule im Westend zur Schule gegangen, hat er an der Goethe-Universität studiert und die Eintracht nicht nur angefeuert, sondern für sie sogar viele Jahre gespielt, nämlich in der Eintracht-Rugbymannschaft – Nimmermann ist Frankfurter durch und durch. Nach viereinhalb Jahren in Rhein-Main folgt er nun trotzdem dem Ruf nach Berlin. Dort erwartet ihn freilich auch ein spannender Posten – als Energiestaatssekretär im Ministerium von Robert Habeck. Nimmermann folgt auf Patrick Graichen, der in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird. Graichen war in die Kritik geraten, weil er an der Auswahl seines Trauzeugen für den Chefposten der Deutschen Energie-Agentur beteiligt gewesen war.
Die Nachrichtenagentur dpa erinnerte gestern daran, dass der christdemokratische Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, Nimmermann einst einen „coolen Typ“ nannte. Das drückt aus, dass den Staatssekretär seine Unaufgeregtheit auszeichnet, verbunden mit einem fröhlichen Gemüt. Die heitere Gelassenheit wird er in Berlin auf seinem neuen Posten gut brauchen können. Erstens, weil das öffentliche Interesse an dieser Personalie durch die Affäre des Vorgängers viel größer ist als bei anderen Revirements auf Staatssekretärsebene. Aber zweitens auch, weil Nimmermann als Energiestaatssekretär mit Themen zu tun hat, die in der Ampel umstritten sind. Immerhin: Fragen des Energiemarkts sind ihm nicht fremd. Auch in Hessen hatte er mit Energiemarktregulierung und den Hilfen in der Energiekrise zu tun.
Keine Nachbesetzung in Hessen
Bleibt noch die Frage, wer Nimmermanns Zuständigkeiten in Wiesbaden übernimmt. Darüber hat Wirtschaftsminister Al-Wazir umgehend Klarheit geschaffen: Da in Hessen ja bereits am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird, werde die Position „jetzt nicht neu besetzt“, erklärte der Minister. Die Aufgaben von Nimmermann werden für den Rest der Legislaturperiode vom zweiten Staatssekretär im Ministerium, Jens Deutschendorf, mit übernommen, heißt es in einer Mitteilung.