Bundesgerichtshof erlaubt Baukostenzuschuss für Batteriespeicher
BGH erlaubt Baukostenzuschuss für Batteriespeicher
Speicherbranche sieht Urteil als Rückschlag für den Speicherausbau in Deutschland – Entscheidung wirft neue Fragen auf
Batteriespeicher sind ein zentraler Baustein für die Energiewende. Sie spielen eine wichtige Rolle sowohl für die Stabilität des Netzes als auch für den Ausgleich von starken Marktpreisschwankungen. Aufgrund der hohen Volatilität der Strompreise bei gleichzeitig sinkenden Preisen für die Speicherkomponenten ist derzeit ein starker marktgetriebener Hochlauf bei Batteriespeichern in Deutschland zu beobachten; allein für die Übertragungsnetzebene liegen Netzanschlussanfragen für Batteriespeicher von mehr als 250 GW vor.
Mit der steigenden Anzahl an Netzanschlussanfragen hat die Diskussion um Baukostenzuschüsse (BKZ) zugenommen. Die BKZ werden von den Netzbetreibern beim Netzanschluss von Verbrauchern als einmaliger Beitrag erhoben und dienen unter anderem der Finanzierung des Stromnetzes. Die Netzbetreiber haben dabei seit jeher die Sichtweise vertreten, Batteriespeicher genauso wie andere Verbraucher zu behandeln und daher nach denselben Maßstäben wie für andere Verbraucher BKZ von den Batteriespeicher-Entwicklern verlangt.
Baukostenzuschüsse werden anhand des sogenannten Leistungspreismodells der Bundesnetzagentur und somit maßgeblich nach der Entnahmekapazität des jeweiligen Verbrauchers berechnet. Sie haben eine Lenkungs- und Steuerungsfunktion, weil der Anschluss umso teurer wird, je höher der Leistungsbedarf ist. Der Anschlussnehmer soll so angehalten werden, den Netzanschluss seinem tatsächlichen Leistungsbedarf entsprechend zu beantragen, um eine Überdimensionierung des Netzes und damit einhergehende Netzausbaukosten, die alle Netznutzer tragen müssen, zu vermeiden.
Bei den derzeit üblichen Batteriespeicherleistungen geht es bei den BKZ allerdings oft um mehrere Millionen Euro. BKZ stellen daher regelmäßig einen erheblichen Kostenfaktor bei der Realisierung von Speicherprojekten von bis zu 20 Prozent der Errichtungskosten dar, der die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in Speicherprojekte belastet und teilweise in Frage stellt. Die Speicherbranche hat sich daher gegen die übliche Praxis positioniert und argumentiert, dass für den Netzanschluss von Batteriespeichern andere Regeln gelten müssen als für übliche Verbraucher. Denn Speicher agieren nicht wie andere Verbraucher im Netz. Sie tragen vielmehr auch zur Netzstabilität bei, indem sie bei Stromüberschüssen einspeichern und bei Mangellagen wieder ausspeichern.
Gerichtliche Klärung
Um diese Sichtweise gerichtlich klären zu lassen, hat der Batteriespeicher-Entwickler Kyon Energy Solutions GmbH den Weg durch die Instanzen auf sich genommen. Nachdem ein Missbrauchsverfahren bei der Bundesnetzagentur gegen den Netzbetreiber, der den BKZ erhoben hatte, zunächst erfolglos geblieben war, gab das OLG Düsseldorf als Beschwerdegericht im Dezember 2023 der Speicherbranche recht. Das OLG teilte dabei die Ansicht der Bundesnetzagentur zwar noch insoweit, als dass ein Netzbetreiber grundsätzlich zur Erhebung eines BKZ berechtigt sein kann. Bei der konkreten Berechnung des Zuschusses kam das Gericht aber zu dem Ergebnis, es liege eine nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte vor, da Speicher wie normale Verbraucher behandelt würden, was aufgrund deren grundlegend anderen Verhaltens im Netz diskriminierend sei.
Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 15. Juli 2025 nun klargestellt, dass die Erhebung eines Baukostenzuschusses für einen Batteriespeicher durch den Netzbetreiber zulässig ist und bei dieser Berechnung dieselben Grundsätze wie für andere Verbraucher gelten. Danach ist auch für Batteriespeicher eine Berechnung nach dem beschriebenen Leistungspreismodell zulässig und diskriminierungsfrei. In seiner Entscheidung erkennt der BGH zwar an, dass Batteriespeicher sich von anderen Verbrauchern durch ihre besondere Funktionsweise der Ein- und Ausspeicherung und ihre mögliche Netzdienlichkeit unterscheiden. Er stellt aber dennoch klar, dass diese Besonderheiten bei der konkreten Berechnung von BKZ keine Sonderbehandlung rechtfertigen.
Der BGH begründet diese Sichtweise mit den Zielsetzungen des Baukostenzuschusses (Beitrag zur Finanzierung des Netzes sowie Lenkungs- und Steuerungsfunktion). Er betont, dass diese Aspekte gleichermaßen auch für Batteriespeicher gelten, soweit diese das Netz für die Entnahme von Strom nutzen. Denn zum einen komme BKZ hinsichtlich der nachgefragten Anschlussdimensionierung von Speichern die bezweckte Lenkungs- und Steuerungsfunktion zu; hierbei sei deren Einspeiseleistung unbeachtlich. Zum anderen diene die Finanzierungsfunktion der Entlastung der Verbraucher, die sonst die durch Batteriespeicher verursachten Netzausbaukosten tragen müssten, während die Speicherbetreiber die Gewinne aus dem Betrieb ihrer Anlagen für sich vereinnahmen dürften.
Branche sieht einen Rückschlag
In der Speicherbranche wird die Entscheidung als herber Rückschlag angesehen. So beklagt etwa der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES), dass die besondere Rolle von Speichern nicht berücksichtigt werde und notwendige Flexibilitäten durch die BKZ letztlich teurer würden. Dieser Einschätzung ist insoweit zuzustimmen, als für die Speicherbranche nun feststeht, dass der Baukostenzuschuss dauerhaft in die Errichtungskosten für Speicherprojekte mit eingerechnet werden muss und dadurch insgesamt höhere Projektkosten entstehen werden.
Dennoch sollte auch das Positive an der Entscheidung gesehen werden: Das Urteil schafft rechtliche Klarheit für die Speicherbranche, da die seit langem umstrittene Frage der Zulässigkeit der Erhebung von BKZ sowie die Berechnung ihrer zulässigen Höhe nun höchstrichterlich entschieden wurde. Investoren, die gerade die bestehende Rechtsunsicherheit und weniger die Frage der konkreten Höhe der BKZ als Investitionshindernis gesehen haben, haben nunmehr rechtliche Sicherheit für weitere Investitionen.
Das Urteil des BGH wirft zugleich neue Fragen auf. So betont das Gericht etwa, dass die Beurteilung der Netzdienlichkeit von Speichern allein den Netzbetreibern obliege und die Netzbetreiber insoweit einen Entscheidungsspielraum haben, ohne weitere Maßstäbe für diese Beurteilung zu skizzieren. Angesichts der mehr als 850 Verteilnetzbetreiber in Deutschland dürfte damit schon jetzt klar sein, dass die Handhabung der Netzbetreiber in der Praxis große Unterschiede aufweisen wird, wohingegen eine größere Vereinheitlichung und damit einhergehende Beschleunigungseffekte bei allen Fragen rund um die Netzanbindung von Speichern eigentlich das Ziel sein sollte.
Herausforderungen bleiben
Mit der Entscheidung sind längst nicht alle (dringenden) Fragen der Speicherbranche geklärt. Dies betrifft neben planungsrechtlichen Unsicherheiten auch weitere (Einzel-)Fragen zum Baukostenzuschuss, unter anderem ob und inwieweit Vorab-Abschlagszahlungen zulässig sind oder die Auswirkungen des Urteils auf Netzanschlüsse von Großspeichern oberhalb der 110 kV-Ebene, für die mit der Kraftwerks-Netzanschlussverordnung (KraftNAV) Sonderregelungen gelten, die in dem Urteil nicht behandelt werden. Die Vielzahl der offenen rechtlichen Fragestellungen sollte auch den Gesetzgeber aufrufen, weitere Rechtssicherheiten durch gesetzliche Neuregelungen zu beseitigen.
Nicht zuletzt hat auch die sehr entscheidende Frage der Netzreservierungen jüngst wieder an Relevanz gewonnen. Zeitgleich mit dem BGH-Urteil haben die Übertragungsnetzbetreiber angekündigt, bei der Frage, welcher Antragsteller zuerst Anschlusskapazitäten zugeteilt bekommt, zukünftig von dem derzeitigen Windhundprinzip auf ein qualitatives Verfahren umstellen zu wollen, bei dem unter anderem die Realisierungswahrscheinlichkeit und der Realisierungsgrad sowie die tatsächliche Netzdienlichkeit von Speichern berücksichtigt werden sollen. Es bleibt also spannend für die Speicherbranche und den Standort Deutschland, der auf ein zuverlässiges und günstiges Versorgungssystem angewiesen ist, das ohne Speicher nicht auskommen wird.
*) Dr. Maximilian Uibeleisen ist Partner, Dr. Simon Groneberg ist Counsel bei McDermott Will & Emery.