Finanzierung der (kommunalen) Energiewende und die Rolle der Stadtwerke
Finanzierung der Energiewende
und die Rolle der Stadtwerke
Kommunale Finanzen im freien Fall – Starke Partner benötigt
Von Thomas Dünchheim
und Tobias Großevollmer *)
Die Energiewende stellt nicht nur die Europäische Union und den Bund, sondern auch Kommunen und ihre Stadtwerke vor gewaltige Herausforderungen. Die kommunalen Stadtwerke, die bereits durch den enormen Anstieg der Energiepreise stark belastet werden, sind die zentralen Akteure der Energiewende. Die Kosten der Energiewende explodieren und die hiermit verbundenen finanziellen Herausforderungen drohen nun auf dem Rücken der Kommunen und kommunalen Energieversorger ausgetragen zu werden. Wie also den Herausforderungen begegnen?
Herausforderungen für Stadtwerke
Lange Zeit schien die Energieversorgung durch die kommunalen Stadtwerke gesichert zu sein. Doch spätestens seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine steht dahinter ein großes Fragezeichen: Internationale Konflikte haben gezeigt, dass ein energiepolitisches Umdenken gefordert ist. Die erforderliche Transformation belastet nicht nur die Stadtwerke selbst, sondern auch die kommunalen Haushalte.
Chronische Unterfinanzierung
Kommunen leiden bereits jetzt unter chronischer Unterfinanzierung. Steigende Sozialleistungen und stagnierende Steuereinnahmen verschärfen die Lage. Ausgeglichene Haushalte sind die Ausnahme – das Defizit der Städte und Gemeinden lag bundesweit allein im ersten Halbjahr 2024 bei über 17,2 Mrd. Euro. Vor diesem Hintergrund wird eine hinreichende finanzielle Unterstützung der Stadtwerke durch ihre kommunalen Gesellschafter nicht erwartet werden können.
Hinzu kommt als weitere Herausforderung das wohl größte Infrastrukturprojekt in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Kommunalen Energieversorgern obliegt die klimaneutrale Transformation der Energie- und Wärmeversorgung von fossilen zu erneuerbaren Energien – und das alles am besten schon gestern. Vor den (kommunalen) Energieversorgern liegt somit eine Mammutaufgabe.
Zentrale Akteure
Diese energetische Transformation hin zu erneuerbaren Energien wird Deutschland schätzungsweise 500 Mrd. bis 580 Mrd. Euro kosten – in der derzeitigen Lage drohen diese kapitalintensiven Anforderungen die Kommunen und ihre Stadtwerke massiv zu überfordern. Ohne externe Unterstützung wird die energetische Transformation hin zu erneuerbaren Energien nicht gelingen können.
In dieser vermeintlich düsteren Lage bieten die kommunalen Stadtwerke einen entscheidenden Vorteil: Bei der Umsetzung der gesetzgeberischen Vorhaben aus Brüssel und Berlin sind Kommunen die zentralen Akteure – auch die energieregulatorischen Anforderungen werden durch die Kommunen umgesetzt werden müssen.

Stadtwerke können als kommunale Energieversorger für die Kommunen starke Partner in der Umsetzung sein: Sie sind mit den lokalen Gegebenheiten bestens vertraut und können mit ihrem Know-how die erforderlichen Maßnahmen und deren Planung vor Ort umsetzen und so den Wandel möglich machen.
Doch dafür müssen die Stadtwerke finanziell handlungsfähig bleiben: Das Eigenkapital der Stadtwerke reicht hierfür nicht aus und ihre kommunalen Gesellschafter sind nicht in der Lage, nennenswerte Beiträge zu der entsprechenden Finanzierung zu leisten. Um die Energiewende zu schaffen, bedarf es der Bereitstellung von Fremdkapital und/oder privaten Beteiligungen.
Strategische Kooperationen
Zur Stärkung der Stadtwerke werden nun mehrere Optionen diskutiert: Zum einen wird unter anderem vom VKU (Verband kommunaler Unternehmen) und dem BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) die Etablierung eines sog. „Stadtwerke-Fonds“ bzw. „Energiewende-Fonds“ vorgeschlagen, der privates Kapital mobilisieren und den Stadtwerken die notwendige Liquidität verschaffen soll.
Auf lange Sicht kann daneben die Bildung strategischer Partnerschaften mit anderen Stakeholdern eine echte Chance sein: Eine Kooperation von Stadtwerken und privaten Akteuren unter dem kommunalen Markenkern bietet für beide Seiten neue Möglichkeiten. Stadtwerke können auf die Art und Weise neue Geschäftsfelder erschließen – für Stakeholder bieten die kommunalen Stadtwerke einen verlässlichen Geschäftspartner. So können potentielle Partner nicht nur in neue Geschäftsfelder im Bereich der Energieversorgung investieren, sondern gleichermaßen auch vom Know-how der Stadtwerke profitieren.
Partizipationskultur
Für die Stadtwerke dienen die strategischen Partnerschaften nicht nur der Existenzsicherung, vielmehr kann so die Krise genutzt und Wachstum generiert werden. Für die kommunalen Träger können strategische Partnerschaften weitere positive Nebeneffekte haben, wie z. B. Effizienzsteigerung, Innovationsförderung und die Verbesserung interner Prozess- und Kostenstrukturen.

Im Ergebnis bedarf es für das Gelingen der Energiewende nicht nur eines energiepolitischen Umdenkens, sondern auch einer neuen Partizipationskultur: Die Energie- und Wärmewende ist ein lokales/regionales Geschäft, das mit einem Top-Down-Ansatz nicht umsetzbar sein wird. In diesem Sinne: Stadtwerke – geht auf Partnersuche!
*) Prof. Dr. Thomas Dünchheim ist Partner und Tobias Großevollmer Senior Associate von Hogan Lovells.