Nachhaltige Finanzierungen in Zeiten von Trump und EU-Omnibus-Verordnung
In der Diskussion um nachhaltige Finanzierungsmöglichkeiten ist teilweise eine gewisse ESG-Müdigkeit zu beobachten. Während US-Präsident Donald Trump mit seiner ablehnenden Haltung und einer Fokussierung auf wirtschaftliche Interessen ESG-Initiativen in den USA behindert und auch auf Europa Einfluss zu nehmen versucht, führt die EU mit dem Omnibus-Paket I neue Regelungen zur nachhaltigen Unternehmensführung ein. Diese Unterschiede führen zu einem Spannungsfeld, das Unternehmen vor Herausforderungen stellt und zu einer Zurückhaltung bei ESG-Initiativen führen könnte.
Komplexes Regulierungsumfeld
Das in Deutschland und der EU bestehende Umfeld für ESG-Regulierung ist komplex und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Zu den wichtigsten Pflichten zählen neben der EU-Taxonomie-Verordnung, der EU-Offenlegungsverordnung, der EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) auch noch weitere, produktbezogene Regulierungen wie die EU-Zwangsarbeitsverordnung und die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte.
Der Umfang und die Komplexität der ESG-Regulierung werden zunehmend kritisiert. Häufig genannte Punkte sind die fehlende Standardisierung und der administrative Aufwand, den die unterschiedlichen Vorschriften mit sich bringen. Unternehmen müssten erhebliche Ressourcen investieren und sich ständig ändernde regulatorische Anforderungen erfüllen. Insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen sei dies nur noch schwer zu bewältigen.
Indizien für ESG-Müdigkeit
Vor diesem Hintergrund sind bereits Anzeichen einer ESG-Müdigkeit zu erkennen, insbesondere im Bereich der kreditbasierten Finanzierung. So hatte sich bei Kreditfinanzierungen insbesondere die Nutzung von Sustainability-linked Loans („SLLs“) zunächst rasant entwickelt, bei denen ein finanzieller Anreiz für die Erreichung vorab definierter Nachhaltigkeitsziele durch eine Zinserhöhung oder -reduzierung besteht. Für die vergangenen beiden Jahre zeigen die Zahlen jedoch einen deutlichen Rückgang bei SLLs.
Die Gründe für die Zurückhaltung sind vielfältig, neben höheren Kosten, zu geringen Margen-Abschlägen und dem unsicheren Finanzierungsumfeld zählen für viele Marktteilnehmer dazu auch der bürokratische Aufwand für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, unklare Standards und mögliche Greenwashing-Vorwürfe.
Bei Anleihen war bislang noch keine große ESG-Müdigkeit zu spüren. Vielmehr verzeichnete nach Auswertung der Deutschen Bundesbank der weltweite Markt für ESG-Anleihen 2024 mit insgesamt 915 Mrd. Euro das zweitstärkste Jahr der Geschichte. Allerdings war diese Entwicklung besonders stark von Emissionen aus dem öffentlichen Sektor getrieben, wo das Volumen nochmals anstieg. Dennoch blieb der Anteil von ESG-Anleihen mit insgesamt unter 3% aller ausstehenden Anleihen gering.
Maßnahmen gegen die ESG-Müdigkeit
Auch wenn der Blick auf die verschiedenen Finanzierungsprodukte damit ein uneinheitliches Bild bietet, lohnt es sich, sich Gedanken darüber zu machen, wie der teilweise zu beobachtenden ESG-Müdigkeit zu begegnen ist. Denn nach einer aktuellen Studie der Union Investment wollen die meisten institutionellen Investoren weiterhin nachhaltig investieren, und allein im Jahr 2025 werden weltweit ESG-Anleihen im Wert von mehr als 400 Mrd. Euro fällig.
Vor diesem Hintergrund könnten eine weitere Standardisierung und eine Verbesserung der Konditionen helfen, einer ESG-Müdigkeit entgegenzuwirken. Das Angebot nachhaltiger Finanzierungen sollte zudem diversifiziert werden, um Zugangshürden abzubauen und insbesondere die Nutzung von SLLs attraktiver zu gestalten. Dabei bieten auch Ansätze wie sogenannte Sleeping SLLs oder Rendezvous-Klauseln flexible Lösungen für Unternehmen, die derzeit zögern, sich auf nachhaltige Finanzierungsinstrumente wie SSLs einzulassen.
Die anhaltende Kritik hat darüber hinaus auch die Europäische Kommission und den deutschen Gesetzgeber auf den Plan gerufen und zu verstärkten Reformbestrebungen geführt. So stellte die EU-Kommission im Februar 2025 ihr Omnibus-Paket I vor, um den Verbraucherschutz zu verbessern und nachhaltige Finanzprodukte weiter zu standardisieren. Es beinhaltet dabei insbesondere Anpassungsvorschläge für die CSDDD und die CSRD. Neben einer Reduzierung des Anwendungsbereichs und der zu meldenden Datenpunkte sollen dabei auch die Sorgfaltspflichten deutlich entschärft werden und eine Haftung der Unternehmen entfallen.
Marktteilnehmer wünschen sich Vereinheitlichung
Auf nationaler Ebene stellt der Koalitionsvertrag sogar ein Ende des LkSG in Aussicht: Es soll durch das Gesetz zur Umsetzung der CSDDD ersetzt werden. Damit würden die Berichtspflichten nach dem LkSG unmittelbar abgeschafft und komplett entfallen.
Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die angestoßenen Reformbemühungen auf europäischer und nationaler Ebene für die Zukunft nachhaltiger Unternehmensfinanzierung haben werden. Eine deutliche Vereinfachung und Vereinheitlichung der bestehenden Regelungen wäre aus Sicht der Marktteilnehmer in jedem Fall sinnvoll und wünschenswert.
Dr. Julian Schulze De la Cruz, Michael Schuhmacher und Karolin Fitzer sind Rechtsanwälte bei Noerr.