Gastbeitrag

Wie künstliche Intelligenz die Rechtsberatung von Private Equity Deals neu definiert

Künstliche Intelligenz ermöglicht bei der Rechtsberatung deutliche Effizienzgewinne. Gerade Private-Equity-Transaktionen können davon profitieren. Doch auch die rechtlichen Anforderungen steigen.

Wie künstliche Intelligenz die Rechtsberatung von Private Equity Deals neu definiert

Von Jan Philipp Feigen
und Daniel Mattig *)

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) verändert tiefgreifend, wie Private-Equity-Transaktionen rechtlich begleitet werden. Dabei ist KI längst nicht mehr nur ein Mittel zur Effizienzsteigerung, sondern definiert zunehmend auch Marktrollen, rechtliche Standards und Investitionsstrategien neu.

Automatisiertes Arbeiten

Legal Technology und KI bedeuten auch für Private-Equity-Transaktionen zunächst einen Effizienzgewinn: Anwälte nutzen KI routinemäßig, um den Datenraum einer Transaktion automatisch zu sichten, eine Vielzahl von Verträgen im Zuge einer Due Diligence auszuwerten, standardisierte Verträge – wie Vertraulichkeitsvereinbarungen – automatisiert zu verhandeln oder gar komplexe Finanzierungs- und Kaufverträge vorzubereiten. Gleichermaßen hat sich die Zusammenarbeit mit dem Mandanten verändert: Kanzleieigene Plattformen helfen beim Projektmanagement, speichern sämtliche Dokumentation der Plattform- und Add-on-Transaktionen an einem Ort und ermöglichen es, die Portfoliounternehmen und Managementbeteiligungen während der Haltephase aktiv zu managen. KI ergänzt nun diese tradierten Plattformen: Sie ermöglicht, Verträge ad-hoc zu analysieren, gibt Hinweise und zeigt (rechtliche) Synergien auf.

Technologie als Hilfe

Echte Innovation verlangt jedoch mehr als bloße Effizienzsteigerungen. Es muss darum gehen, mit Hilfe der Technologie schneller mehr über das (Ziel-)Unternehmen zu erfahren, Risiken genauer zu erkennen und passgenau zu adressieren.

Bereits um die Transaktionsberatung vorzubereiten, hilft sog. agentische KI umfassende (rechtliche) Informationen über die Zielgesellschaft in Minuten zusammenzutragen – beispielsweise: Was geben Handels-, Patent- und Markenregister preis, wer benennt die Zielgesellschaft als Kunden, was hat die Presse in den letzten zehn Jahren berichtet und gibt es Rechtstreitigkeiten? Gleichermaßen wird regelmäßig der Umfang der Due Diligence Prüfung erweitert. Statt der hergebrachten Auswahl von Verträgen, die nach wie vor den Schwerpunkt der (technologieunterstützten menschlichen) Analyse bilden, durchleuchtet die KI zusätzlich alle weiteren Unterlagen aus dem Datenraum, um auch insofern Risiken aufzudecken, die man dann spezifisch aufgreift.  Ist die Gesellschaft dann einmal erworben, geht es darum, das dynamische Regulierungsumfeld im Blick zu behalten. Erneut hilft die KI wie ein regulatory Pilot, die Fülle an Informationen zu sammeln, zu filtern und passgenau aufzubereiten.

Erhöhte Anforderungen

Nicht zuletzt gründen Kanzleien spezialisierte KI und Technologieeinheiten, um diesen Wandel aktiv zu begleiten. Der Fortschritt zeigt sich zugleich auch in den Vergütungsmodellen: Neben den beliebten Stundensatz treten vermehrt Festpreis-, Lizenz- und Abo-Modelle. Sie ermöglichen, die Rechtsberatung stärker wertbasiert zu vergüten und verdeutlichen, wie sich auch die Anwaltskanzleien den Softwareunternehmen annähern.

Darüber hinaus drängen verstärkt die Technologienanbieter selbst und alternative Rechtsberater in den Transaktionsmarkt. Sie übernehmen – in der Regel sehr technologiegestützt – Routineaufgaben, wie etwa die eingangs erwähnte Verhandlung der Vertraulichkeits­vereinbarungen. Obwohl die vorgenannten Entwicklungen noch am Anfang stehen, zeigen sie eindrucksvoll, wie sich das traditionelle Rollenverständnis bei Transaktionen verändert. Wie weit sich dieses neue Konzept durchsetzen und ob zukünftig die Versicherungen gar selbst die Due Diligence Prüfung übernehmen, bleibt abzuwarten – gleichwohl wird deutlich, wie KI die Rollen im Transaktionsmarkt neu verteilt.

Die neuen technologischen Möglichkeiten verändern aber nicht nur die Transaktionspraxis, sondern verschieben zugleich die rechtlichen Standards, was zwei Beispiele verdeutlichen:

Zunächst ist die gesellschaftsrechtliche Business Judgement Rule herauszugreifen. Sie gewährt der Unternehmensführung einen haftungsfreien unternehmerischen Ermessensspielraum, wenn sie unter anderem auf angemessener Informationsgrundlage entscheidet. Was wiederum angemessen ist, bestimmt sich auch anhand von Aufwand und Kosten. Reduziert die KI nun aber den Aufwand der Vertragsprüfung in der Due Diligence erheblich, lässt sich folglich kaum anhand der Kosten rechtfertigen, dass man etwa nur 10 von 100 relevanten Verträgen auf branchenkritische Klauseln geprüft hat. Wer folglich sein Haftungsrisiko reduzieren will, ist gut beraten, sich auf Basis der technologischen Möglichkeiten eine (umfassende) angemessene Informationsgrundlage zu verschaffen.

Ein weiterer Bereich, in dem neue Technologien rechtliche Maßstäbe setzen, betrifft die transaktionsbezogene Compliance. Orientierung bieten hierbei die Maßstäbe des US-Justizministeriums, die sich in vergleichbarer Form etwa auch bei der europäischen und deutschen Finanzaufsicht wiederfinden. Im Kern geht es darum, dass Unternehmen neue Technologien nicht nur nutzen dürfen, um Marktchancen zu ergreifen, sondern dieselben Technologien auch konsequent einsetzen müssen, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen.

KI verändert somit nicht nur die Geschwindigkeit und Effizienz von Private-Equity-Transaktionen, sondern verschärft auch die rechtlichen Anforderungen. Es wird mehr und mehr zur Pflicht, Technologie und KI einzusetzen, um Haftungsrisiken wirksam zu begegnen.

Regulatorik als Treiber

Während weltweit neue Regulierungen in Kraft treten, um den Einsatz von KI und datengetriebenen Geschäftsmodellen zu regeln, die die hergebrachten Geschäftsmodelle der Unternehmen herausfordern, bieten sich für Private-Equity-Fonds neue Möglichkeiten der Wertsteigerung.

Prominente europäische Beispiele sind der AI-Act, der Digital Operational Resilience Act oder der Data-Act. Vergleichbar mit dem Datenschutz, der zu einem eigenen Compliancebereich erwachsen ist, werden die vorgenannten Rahmenwerke sich als eigene Bereiche mit eigenen spezifischen Anforderungen verfestigen.

Für Private-Equity-Fonds eröffnen sich insofern zwei Perspektiven: Auf der einen Seite profitieren ausgewählte Branchen wie Legal / Compliance Technology Anbieter und Professional Service Firmen. Sie erfahren aufgrund der steigenden Compliance-Anforderungen einen deutlichen Aufschwung und werden zum attraktiven Investitionsobjekt.

Andererseits eröffnet sich eine weitere strategische Investitionsmöglichkeit, die man als Distressed Regulatory-Ansatz bezeichnen mag. Anders als bei klassischem Distressed Investing, bei dem wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen saniert werden, fokussiert sich Distressed Regulatory auf Unternehmen oder Branchen, die unter hohem regulatorischem Anpassungsdruck stehen. Investoren erwerben Unternehmen gezielt, um durch professionelle Umsetzung regulatorischer Anforderungen Wertsteigerungen zu erzielen. Compliance lässt sich somit nicht nur als notwendiger Aufwand, sondern als zentraler Treiber der Unternehmensentwicklung verstehen. Wichtig ist bei alledem, frühzeitig in der rechtlichen Due Diligence zu überprüfen, ob diese Investitionsstrategie werthaltig ist und die Strategie auch in der Kaufvertragsdokumentation – sei es durch Garantien, Kaufpreismechanismen und Verhaltenspflichten – zu verankern.

Dieser neue Ansatz adressiert die Regulierung somit aktiv, um Wertsteigerungen strategisch zu generieren und schafft ein innovatives Feld im Private-Equity-Markt.

Neue Ansätze

Künstliche Intelligenz verändert die Rechtsberatung und damit auch die Begleitung von Private-Equity-Transaktionen. Dabei ist sie weit mehr als nur ein Effizienzfaktor. Sie schafft neue Rollen im Transaktionsmarkt, verändert juristische Anforderungen und ermöglicht innovative Investitionsansätze. Fonds, die sich den Herausforderungen aktiv stellen und die Technologienutzung auch von ihren Beratern einfordern, schaffen nachhaltig Mehrwert und sichern sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Zukünftig wird es darum gehen, technologische und regulatorische Anforderungen nicht nur zu bewältigen, sondern das Geschäft mit regulatorischem Weitblick aktiv zu gestalten.

*) Dr. Jan Philipp Feigen ist Partner und Dr. Daniel Mattig ist Counsel im Hamburger Büro von Hogan Lovells.

KI definiert die Rechtsberatung bei Transaktionen neu

Private-Equity-Deals profitieren von mehr Effizienz – Rechtliche Standards verschieben sich – Strategische Investitionsmöglichkeit