„Wir nutzen ein sehr großes Set an Daten und Informationen aus unterschiedlichen Bewertungsschulen“
Herr Willmann, wann und womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient?
Daniel Willmann: Im Alter von 13 Jahren habe ich angefangen bei einem Landschaftsgärtner in der Nähe meines Elternhauses in Osnabrück erstes eigenes Geld zu verdienen. Kombiniert und ersetzt habe ich das später durch die Arbeit in einem Logistikunternehmen (Wareneingang; Entladen von Containern) und dem Bespannen von Tennisschlägern in unserem Tennisverein.
Wofür haben Sie es ausgegeben?
Für ein eigenes Mountainbike.
Was war ihr erstes Investment an den Märkten?
Der Kauf von Apple-Aktien im Jahr 2005. Ein technikaffiner Freund brachte eines Tages einen MP3-Player namens „iPod“ mit in die Schule, dessen Design und Handhabbarkeit mich total faszinierte. Dagegen war mein portabler Mini-Disc Player old school, umständlich und teuer. Getrieben von dieser Produktbegeisterung investierte ich daraufhin einen sehr überschaubaren Betrag in die Firma mit dem Apfel.
Was war ihr erfolgreichstes Investment?
Der Kauf von Microsoft-Aktien vor knapp 20 Jahren. Einmal gekauft und behalten. Mehr Glück als Verstand.
An welches Fehlinvestment erinnern Sie sich?
Der Kauf von Royal Bank of Scotland-Aktien im Jahr 2007/2008. Der Preis der Aktie war im Rahmen der Finanzmarktkrise bereits kräftig gefallen, dennoch stand der Titel weiterhin ganz oben auf einer Analysten-Empfehlungsliste und ich dachte „da muss doch etwas dran sein“. Falsche Hoffnungen.
Treffen Sie Ihre privaten Anlageentscheidungen allein, oder beraten Sie sich mit jemandem? (Mit wem?)
Zusammen mit meiner Frau, wobei ich mich auch mit vertrauten Kollegen bei Ultramarin und Freunden bespreche und austausche.
Gibt es eine bestimmte Anlagestrategie, die Sie verfolgen?
Ja, ich folge einer gewissen Systematik und Ordnung. Es gibt zwei Bausteine. In dem einen Baustein investiere ich monatlich eine fixe Quote in ca. zwölf sehr unterschiedliche ETFs (nach einer einfachen, aber modellbasierten Allokationsregel, auf die ich einmal im Jahr zurück-kalibriere). Dieser Baustein ist liquide, breit diversifiziert, gewährleistet eine generelle Partizipation am Kapitalstock und ist wenig betreuungsintensiv.
In dem zweiten Baustein bündele ich „High Conviction“ Equity Engagements und dies in liquide Aktien oder private/illiquide Unternehmen. Für jede Position gibt es dabei gute Gründe, hier gehe ich sehr bewusst Risiken ein. Für mich macht es am Ende die Kombination aus diesen zwei Bausteinen aus. Selbstredend, dass in meiner privaten Allokation auch Ultramarin-Strategien eine wichtige Rolle spielen.
Welche Kennzahlen sind für Sie wichtig, wenn Sie sich ein Wertpapier näher anschauen?
In dem von mir mitgegründeten Deep-Tech-Assetmanager „Ultramarin“ nutzen wir sowohl für die Aktienselektion als auch die taktische Aktienquotensteuerung ein sehr großes Set an Daten und Informationsträgern aus unterschiedlichen Bewertungsschulen (wie zum Beispiel Fundamentaldaten, Marktdaten, Analystenmeinungen, News uvm.), die wir in holistischen Machine-Learning-Modellen zusammenführen und mit denen wir Prognosen berechnen.
Privat spielen bei Entscheidungen für mich erfahrungsgemäß die folgenden drei Dimensionen eine zentrale Rolle: (1) Fundamentale Situation und Preis des Assets, (2) Wachstumsperspektive, (3) People.
Wie wichtig ist für Sie das Thema Nachhaltigkeit beim Investieren?
Ich bin kein Impact Investor, d.h., Investitionsentscheidungen werden nicht von Nachhaltigkeitsüberlegungen dominiert. Nachhaltigkeitskriterien sind mir aber aus persönlicher Überzeugung wichtig, zumal sie eine wichtige Dimension zum Management unsystematischer Portfoliorisiken sind.
Haben Sie bei der Geldanlage ein Vorbild?
Zwei bekannte Parteien finde ich besonders inspirierend, auch weil die Ansätze sehr unterschiedlich sind: Warren Buffett (ein Mensch) und Renaissance Technologies (Menschen mit Maschinen).
Ihr Motto beim Investieren lautet?
Ich habe kein Motto.
Welches Buch sollten Anleger gelesen haben?
Das eine Buch kann ich Ihnen leider nicht nennen, aber eine kleine Auswahl an zum Teil sehr unterschiedlichen Büchern:
- Efficiently Inefficient: How Smart Money Invests and Market Prices Are Determined (Lasse H. Pedersen)
- The Intelligent Investor (Benjamin Graham)
- The Long Good Buy: Analysing Cycles in Markets (Peter C. Oppenheimer)
- Adaptive Markets: Financial Evolution at the Speed of Thought (Andrew W. Lo)
- Asset Pricing: Revised Edition (John H. Cochrane)
Welches Wertpapier oder welche Assetklasse würden Sie auf Jahressicht empfehlen?
Konkrete Empfehlungen gebe ich nicht ab. Aber ich denke, dass Long/Short-Strategien, die schlüssig konzipiert sind und keine Korrelation beispielsweise zum Aktienmarkt haben, insbesondere in diesem Jahr wertvolle Beiträge in einem ansonsten diversifizierten Portfolio liefern können.
Sie haben eine Million Euro und müssen diese mit einem Anlagehorizont von zehn Jahren investieren. Wie würden Sie das Geld anlegen bzw. aufteilen?
Das hängt stark davon ab, wie ich mir die Zukunft in zehn Jahren vorstelle. Grundsätzlich würde ich weiterhin auf eine breite Diversifizierung setzen, die unterschiedliche Assetklassen, Risiken sowie liquide und illiquide Portfoliobausteine vereint.