INVESTMENTFONDS - GASTBEITRAG

Alternative zu traditionellen Asset-Klassen

Börsen-Zeitung, 1.8.2012 Volatilität scheint die einzige Asset-Klasse zu sein, auf die Verlass ist, wenn auf den breiten Aktienmärkten eher Turbulenzen herrschen: Je schneller die Kurse purzeln, umso mehr steigt sie. Daher werden...

Alternative zu traditionellen Asset-Klassen

Volatilität scheint die einzige Asset-Klasse zu sein, auf die Verlass ist, wenn auf den breiten Aktienmärkten eher Turbulenzen herrschen: Je schneller die Kurse purzeln, umso mehr steigt sie. Daher werden Volatilitätsprodukte gerne zur Diversifikation des Portfolios eingesetzt. Der Markt für Volatilitäts-Investments wächst beständig, und alles deutet darauf hin, dass dieser Trend für die nächsten Jahre ungebrochen bleibt.Technisch ausgedrückt ist Volatilität die annualisierte Standardabweichung einer Zeitreihe, beispielsweise der Return-Verteilung des S & P. Eine Volatilität von 16 % entspricht in etwa einer täglichen Bewegung von 1 %.Die Volatilität an den Märkten verläuft zyklisch und kehrt immer wieder zum Mittelwert zurück, ein Verhalten was in der Statistik als “Mean Reversion” bezeichnet wird. So liegt der Mittelwert des amerikanischen Marktes zwischen 15 % und 20 %, die Volatilität des deutschen Marktes liegt etwa 3 % darüber. Derivate helfenInvestierbar wird Volatilität vor allem über entsprechende Indizes wie den VDax, VStoxx und den VIX (für den S & P 500). Der VIX und der VStoxx weisen dabei die höchste Liquidität auf. Geeignete Finanzinstrumente für ein Volatilitätsinvestment sind in der Regel Derivate. An der CBOE (Chicago Board Options Exchange) kann man Futures und Optionen auf den VIX handeln, an der Eurex selbige auf den VStoxx.Weil Volatilität immer wieder zum langfristigen Mittelwert zurückkehrt, bilden Volatilitäts-Futures mit ihren verschiedenen Laufzeiten eine Laufzeitenkurve, die sehr an die Zinskurve erinnert: Bei besonders niedriger Volatilität handeln die kürzeren Laufzeiten unter den längeren, bei besonders hoher Volatilität ist das genau umgekehrt. Der Markt erwartet einfach, dass die Volatilität nach gewisser Zeit wieder auf ein normales Niveau zurückkehrt, und genau das wird in den länger laufenden Futures reflektiert.Im OTC-Markt hat sich der Varianz-Swap zum Handel von Volatilität durchgesetzt. Wie die Nomenklatur bereits andeutet, spiegelt der Varianz-Swap die Volatilität zum Quadrat wider. Die Berechnung des fairen Wertes eines Varianz-Swaps am Tag des Geschäftsabschlusses gleicht der Berechnung von Volatilitätsindizes. Danach fließt Tag für Tag die tatsächlich ermittelte Varianz in die Berechnung ein.Die besondere Struktur des Volatilitätsmarktes erlaubt es, systematisch Handelsstrategien zu entwickeln, deren Rendite-Risiko-Profil sich von anderen Asset-Klassen stark unterscheidet. Traditionell setzen die meisten Investoren Volatilitätsprodukte zur Absicherung gegen fallende Aktienkurse ein. Dabei wird Volatilität entweder direkt über Volatilitäts-Futures und Varianz-Swaps oder indirekt über Put-Optionen gekauft. Auf dem US-Markt beispielsweise kaufen Versicherer, die aktienmarktbezogene Lebensversicherungen (sogenannte Variable Annuities) vertreiben, gerne langfristige Volatilität, um ihre Produkte gegen Kursverfälle abzusichern. Eine klassische Absicherungsstrategie besteht darin, kurzlaufende Volatilitäts-Futures zu kaufen und ständig in die nächste Laufzeit zu rollen.In ruhigen Marktphasen sind Volatilitäts-Futures mit mittleren Laufzeiten (3 bis 6 Monate) teurer als kurzlaufende (1 bis 2 Monate) Volatilitäts-Futures, daher beinhaltet diese Strategie Rollkosten, die über die Zeit aufs Geld gehen. Eine systematische Renditequelle ist daher, die Gegenposition einzunehmen – also Futures mit mittlerer Laufzeit zu verkaufen und diese wieder zurückzukaufen, wenn sie näher an den Verfallstermin rücken. Rollkosten kann man risikokontrolliert vereinnahmen, wenn man gleichzeitig eine entsprechende Absicherungsposition mit Calls auf den Volatilitätsindex aufbaut.Je nach Betrachtungshorizont erscheint diese Strategie alles andere als marktneutral: Volatilität steigt, wenn Aktienmärkte fallen und so würde man hier, genau wie bei einer Aktienposition, bei sinkenden Märkten zunächst verlieren. Der Unterschied ist, dass, sobald sich der Markt beruhigt, die Volatilität wieder auf ihr langfristiges Mittel zurückkehrt und zwar oft innerhalb weniger Wochen. Der Verkauf von Varianz-Swaps setzt ebenfalls darauf, dass das implizite Niveau an Volatilität über dem realisierten liegen wird, es handelt sich um eine sogenannte “Carry-Strategie”. Rückkehr zum MittelEine weitere interessante Strategie ist der Handel von Volatilitätsdifferenzen zwischen zwei Basiswerten. Dies kann man sowohl zwischen zwei Indizes als auch zwei Einzelaktien umsetzen. Es wird darauf gesetzt, dass die Differenz der beiden Volatilitäten auf das langfristige Mittel zurückkehrt.Ein aktuelles Beispiel ist die Differenz zwischen Amerika und Europa. Die durchschnittliche Differenz zwischen VStoxx und VIX lieg bei ca. 4 Volatilitätspunkten. Gerade durch die Schuldenkrise war dieser Spread auf über 10 Volatilitätspunkte gestiegen. Nach den ersten Beschlüssen der EU und dem zweiten Wahlergebnis aus Griechenland beruhigte sich die Lage, und der Spread ging auf 5,5 Volatilitätspunkte zurück. Die Position kann so aufgesetzt werden, dass sie bei massiven Kursstürzen gewinnt und bildet daher ein natürliches Gleichgewicht zu den zuvor dargestellten Short-Volatilitätsstrategien.In Märkten, die mehr durch Schwankungen als durch nachhaltige Trends geprägt sind, bietet die Volatilität eine gute Alternative zu den traditionellen Anlage-Klassen. Investoren können mit diesem Investment ihr traditionelles Portfolio vor starken Schwankungen schützen, als auch von Volatilität als reiner Investment-Klasse profitieren.