Immobilien

Spaniens Wohnimmobilienmarkt im Abschwung

Ausmaß der Preiskorrektur noch unklar - Haushaltsüberschuss gibt Regierung Spielraum für Rettungspläne

Spaniens Wohnimmobilienmarkt im Abschwung

Von Angelika Engler, Madrid Am spanischen Wohnimmobilienmarkt ist der Abschwung nach zehn Jahren der Goldgräberstimmung nun voll im Gang. Selbst wenn sich das Preisniveau nach dem Anstieg um 160 % seit 1999 auf dem freien Wohnungsmarkt immer noch hält, deuten doch alle Indikatoren auf eine deutliche Abkühlung hin, die auch eine – in ihrer Dimension noch völlig unklare – Preiskorrektur mit sich bringen wird. Weniger BaugenehmigungenDie Baugenehmigungen fielen in den ersten acht Monaten 2007 um 12 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum; das Volumen der Immobilienverkäufe sank 2007 voraussichtlich um 16 %; die Preise erhöhten sich im vierten Quartal 2007 der offiziellen Statistik des Wohnungsbauministeriums zufolge nur noch um 1,6 %, obwohl sie in manchen Landesteilen oder Kommunen bereits um zweistellige Prozentzahlen fallen. Insgesamt verteuerten sich die Preise für neuen und alten Wohnraum 2007 um 4,8 %, der niedrigste Zuwachs seit 1998. Dieser moderate Preisanstieg liegt weit von den 16 bis 18 % der Jahre 2003 bis 2005 entfernt und übertrifft die Jahresinflationsrate gerade um 0,6 Prozentpunkte. Doch der Rückgang der Nachfrage erfolgt derzeit noch auf sehr hohem Niveau. Allein 2007 bauten die Immobilienentwickler noch einmal mehr als 775 000 neue Wohnungen, während der jährliche Bedarf bei wachsender Bevölkerung und Zuwanderung auf etwa 500 000 geschätzt wird. Den Bestand der nicht verkauften Häuser fixieren Branchenkenner auf mindestens eine halbe Million. Die sozialistische Regierung verabschiedete kürzlich mit Blick auf die Parlamentswahl am 9. März ein Königliches Dekret, mit dem dieser Leerstand mit Direkthilfen von je 6 000 Euro entweder als Mietobjekte oder als Sozialwohnungen unter die Leute gebracht werden soll. Vor allem junge Geringverdiener sollen davon profitieren. Doch Gewerkschaften kritisierten, es sei vor allem ein Rettungsplan für die zahlreichen Entwicklungsgesellschaften, die sich im Rausch des Booms vergaloppiert hätten und nun auf ihren Wohnungen sitzen blieben. Auswirkungen nicht absehbar “Noch kann man die Wirkung dieses Plans gar nicht absehen”, sagt Julian Cubero, Chefvolkswirt für Spanien der Großbank Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA). Eine “Lawine” leer stehender Wohnungen werde damit aber nicht auf den freien Markt rollen und das dortige Preisniveau zerstören. “Dazu ist die Kluft zwischen den derzeitigen Marktpreisen und jenen für Sozialwohnungen mit etwa 40 % noch viel zu groß.” Die Bautätigkeit dürfte mit dem Abschwung deutlich nachlassen, was den Markt bereinigen sollte. Damit werden zahlreiche Stellen nicht nur in der Bauwirtschaft, sondern auch in der Zuliefererindustrie wegfallen und das Volumen der säumigen Kredite in die Höhe schnellen lassen. Erste Immobilienfirmen, die ihr Geschäftsmodell vor allem auf das Wohnsegment konzentriert hatten oder viel Grund und Boden im Portfolio halten, stehen bereits kurz vor der Pleite. “Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage, die derzeit besteht, wird sich schließen”, sagt Cubero. “Es wird aber nicht so aussehen, dass der Markt völlig stagniert. Der Wirtschaft geht es immer noch gut, die Einkommen sind gestiegen und die Arbeitslosigkeit ist auf vergleichsweise niedrigem Niveau.” Die traditionell hohe Eigentumsquote von 82 % in Spanien spricht ebenfalls dafür, dass der Immobilienmarkt weiterhin von großer Bedeutung sein wird (siehe Tabelle). Hinzu kommt, dass der Zustrom von Einwanderern und die von ihnen ausgehende Nachfrage kräftig zum Wachstum beigetragen hatten. Die Zahl der Immigranten könnte mit einem Abschwung und einer rigideren Einwandererpolitik allerdings abflauen. Lage nicht überall gleich Die Lage sieht jedoch nicht in allen Segmenten des Immobilienmarktes gleich grau aus. Die Nachfrage unter sonnenhungrigen Ausländern – allen voran Briten und Deutschen – nach Ferienwohnungen oder einem Altersruhesitz hat in letzter Zeit wieder zugenommen. Auch die Büroimmobilien und Einkaufszentren sind vom Abschwung bislang ausgenommen. Im Wohnimmobiliensegment spricht die generelle finanzielle Situation der spanischen Haushalte trotz ihrer hohen Verschuldung nach Meinung der Investmentbank Sal. Oppenheim gegen einen schnellen Preisverfall. Das Land sei besser gefeit als in der Rezession von 1992/93, der ebenfalls ein Immobilienboom vorangegangen war. Sollte es dennoch zu einem Einbruch kommen, könnte die Politik Analysten zufolge weitere Steuererleichterungen einräumen und diese mit dem Haushaltsüberschuss (2007: voraussichtlich 2 %) finanzieren. Dank der soliden Budgetlage gilt Spanien als gut gerüstet für eine Krise.