RECHT UND KAPITALMARKT

Taking Private durch Private Equity

Worauf es für Finanzinvestoren beim Erwerb börsennotierter Unternehmen ankommt - Aktivisten und passive Fonds spielen mit

Taking Private durch Private Equity

Von Dirk Horcher und Christopher Kellett *)Von wenigen Ausnahmen abgesehen standen Public-M&A-Transaktionen in den vergangenen zehn Jahren nicht im Fokus von Private-Equity-Investoren. Dies hat sich spätestens mit der Übernahme von Stada durch Bain und Cinven geändert. Dieser Trend wird durch das aktuelle Übernahmeangebot von Hellman & Friedman und Blackstone an die Scout24-Aktionäre, die Übernahme der VTG durch Morgan Stanley Infrastructure oder das Werben von Bain und Carlyle um Osram eindrucksvoll bestätigt. Weitere börsennotierte Gesellschaften werden als Ziele gehandelt.Gründe sind zum einen der Mangel und die hohe Bewertung nicht-börsennotierter Übernahmeziele im Vergleich zu börsennotierten Unternehmen, die aufgrund des allgemeinen Kursrückgangs in den vergangenen anderthalb Jahren häufig mit einem geringeren Ebitda-Multiple gehandelt werden. Zum anderen verfügen viele Private-Equity-Investoren über einen hohen Bestand an “dry powder”, das Investitionen harrt. Schließlich sorgt die gute Verfügbarkeit von Fremdkapital für attraktive Finanzierungskonditionen. Komplexere DealsIm Vergleich zu Private-M&A-Transaktionen sind Public-M&A-Transaktionen aufgrund der deutlich engeren gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Vielzahl der beteiligten Parteien komplexer und planungsintensiver. Durch eine gewissenhafte Vorbereitung begleitet von der entsprechenden Expertise, auch zu den sich stets weiterentwickelnden Marktusancen und der Verwaltungspraxis der Aufsicht BaFin, ist die Übernahme börsennotierter Unternehmen durch Private Equity gleichwohl gut machbar. Bereits die Ansprache der Zielgesellschaft muss gut vorbereitet sein, da der Vorstand der Zielgesellschaft eine Due Diligence nur dann zulassen wird, wenn die angedachte Transaktion im Interesse der Gesellschaft liegt – etwa durch die damit verbundene Expansion in neue Märkte, die Bereitstellung von Finanzierungsmitteln oder auch die Hebung von Synergieeffekten mit anderen Portfoliounternehmen. Die Due Diligence wird aufgrund des Risikos eines “Leaks” und des damit verbundenen voraussichtlichen Anstiegs des Mindestpreises des Angebots, der sich unter anderem nach dem gewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs vor der Ankündigung richtet, häufig nur in einem geringeren Umfang möglich sein. Dieser “Makel” wird teilweise durch die gesteigerten Informationspflichten des Zielunternehmens und die Marktbewertung ausgeglichen. Die FinanzierungEin weiterer wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung einer öffentlichen Übernahme ist die Bereitstellung der Finanzierung, die den theoretischen Fall einer 100-prozentigen Annahme des Übernahmeangebots abdecken muss und bis zum Vollzug nur eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten vorsehen darf. Die Finanzierung selbst wird typischerweise durch einen Mix aus Eigen- und Fremdkapital bereitgestellt, wobei Finanzinvestoren durch die Hereinnahme von Konsorten und Co-Investoren ihr “Equity Ticket” frühzeitig syndizieren können. Die kreditgebenden Banken werden häufig bestrebt sein, den Bieter jedenfalls zum Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags (BGAV) und einer entsprechend angesetzten Mindestannahmeschwelle zu motivieren, da dies den Zugriff auf die Assets der Zielgesellschaft für Sicherungszwecke sowie den Cash-flow – und damit bessere Finanzierungskonditionen – ermöglicht. Gleichwohl ist dieses Ansinnen aus Bietersicht kritisch zu sehen, da damit die Gefahr einer Torpedierung der Transaktion durch den Aufbau von Blockadepositionen seitens aktivistischer Aktionäre erhöht wird.Ein Ausschluss aller Minderheitsaktionäre bedarf einer Beteiligung von mindestens 90 % des Grundkapitals. Bereits durch das Übernahmeangebot über diese Schwelle zu kommen, ist – bei Fehlen eines oder mehrerer verkaufswilliger Großaktionäre – in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. Die Zahlung einer hohen Prämie ist keine Garantie für das Erreichen der Schwelle von 90 %. Jedoch reduziert eine hohe Annahmequote das Risiko, im Rahmen nachfolgender Strukturmaßnahmen eine Abfindung an die verbliebenen Aktionäre zahlen zu müssen, die – wie im Falle Stada – deutlich über dem Angebotspreis liegt. Im Übrigen hat sich der Abschluss eines BGAV, der es dem Bieter ermöglicht, dem Vorstand der Zielgesellschaft Weisungen zu erteilen, als hinreichendes Mittel der Kontrollausübung etabliert. Für Letzteren ist nur eine Beteiligung notwendig, die mindestens 75 % der in der relevanten Hauptversammlung vertretenen stimmberechtigten Aktien umfasst. Besser unter 75 ProzentDies ist auch für die Wahl der Mindestannahmeschwelle von großer Bedeutung. Früher wurde diese Schwelle häufig bei 75 % des Grundkapitals angesetzt, um einen BGAV mit Sicherheit abschließen zu können. Im Hinblick auf das mögliche Erpressungspotenzial aktivistischer Aktionäre und das Annahmeverhalten der weit verbreiteten Indexfonds, die Aktien häufig erst nach Ablauf der regulären Annahmefrist einliefern dürfen, ist aus bietertaktischer Sicht eine unter 75 % liegende Mindestannahmeschwelle zu präferieren – zumal nach der Verwaltungspraxis der BaFin Annahmen während der weiteren Frist hierbei außer Betracht bleiben. Abhängig vom konkreten Einzelfall scheint eine Mindestannahmeschwelle von 60 bis 65 % ausreichend, um die für den Abschluss des BGAV notwendige Hauptversammlungsmehrheit zu erhalten.Die gesteigerte Transaktionssicherheit wird dann aber über das Risiko des erhöhten Geldflusses an Minderheitsaktionäre im Rahmen nachfolgender Strukturmaßnahmen “erkauft”. Das aktuelle Übernahmeangebot von Hellman & Friedman und Blackstone an die Aktionäre von Scout24 sieht nur eine Mindestannahmeschwelle von 50 % + eine Aktie vor und versucht damit, den Blockademöglichkeiten aktivistischer Aktionäre den Wind aus den Segeln zu nehmen. Letztlich wird dies aber nur dann möglich sein, wenn die Übernahmefinanzierung nicht zwingend auf den Abschluss eines BGAV ausgerichtet ist. Die Positionierung der Zielgesellschaft ist oftmals entscheidend für den Erfolg des Übernahmeangebots. Um deren “buy-in” zu sichern, wird häufig vor Ankündigung der Übernahme ein Business Combination Agreement mit der Zielgesellschaft angepeilt, das – vorbehaltlich ihrer Treuepflichten – die Organe der Zielgesellschaft zur Unterstützung des Übernahmeangebots auch in kommunikativer Hinsicht mit einer Empfehlung an die Aktionäre zur Annahme des Angebots verpflichtet. Wesentliche Kriterien für die Organe der Zielgesellschaft zum Abschluss einer solchen Vereinbarung werden die Attraktivität des Angebotspreises, sonstige mit der Transaktion verbundene Vorteile für die Gesellschaft und Bestandsgarantien sein. Für öffentliche Übernahmen durch Private Equity sind diese Vereinbarungen oftmals von wesentlicher Bedeutung, da die Statuten der Fonds (und der Co-Investoren) mitunter feindliche Übernahmen untersagen und hierdurch auch die nachfolgende Integration – jedenfalls faktisch – erleichtert wird. Mit Fortbeschäftigung Um Führungskontinuität auf Seiten der Zielgesellschaft zu sichern, kann der Bieter den Vorständen eine entsprechende Fortbeschäftigung in Aussicht stellen. Im Hinblick auf das gesetzliche Verbot ungerechtfertigter Leistungen an Organe der Zielgesellschaft ist bei der Implementierung von Beteiligungsprogrammen jedoch bis zum Abschluss des Übernahmeverfahrens Zurückhaltung geboten. Im aktuellen Marktumfeld kann eine Übernahme von börsennotierten Gesellschaften ein attraktives Investment für PE-Fonds sein. Für den Erfolg bzw. Misserfolg einer solchen Transaktion sind die genannten Punkte entscheidend.—-*) Dirk Horcher und Christopher Kellett sind Partner von Linklaters.