Finanzaufsicht

BaFin startet Umfrage zu Negativzinsen

Nach der Zinswende der EZB sind Negativzinsen der Banken und Sparkassen beinahe schon wieder Geschichte. Die Finanzaufsicht BaFin will trotzdem noch über eine Verbraucherumfrage Erkenntnisse gewinnen.

BaFin startet Umfrage zu Negativzinsen

jsc Frankfurt

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin befragt Privatleute zu Minuszinsen von Banken: Über einen Online-Fragebogen will die Behörde ermitteln, ob Kundinnen und Kunden bereits negative Zinsen – oft als „Verwahrentgelt“ bezeichnet – für ihr Erspartes abführen mussten, ob die Bank oder Sparkasse sie über die Belastung informiert hat und ob dadurch die Entscheidung zur Geldanlage beeinflusst wurde. Darüber hinaus können Anleger Fragen zur Risikoneigung in der Geldanlage und zur Nutzung bestimmter Anlageformen beantworten. Die BaFin ruft seit Donnerstag zu der Umfrage auf.

Zwar berechnen die allermeisten Banken mittlerweile keine Minuszinsen mehr, nachdem die EZB im Juli die Leitsätze erhöht hat. Trotzdem sei die Umfrage sinnvoll, wie die BaFin auf Nachfrage schreibt. „Die Umfrage soll unter anderem Erkenntnisse dazu liefern, ob Banken ihre Kunden mit dem Argument der Vermeidung von Verwahrentgelten in riskante oder teure Produkte gedrängt haben.“ Die Geschäftspolitik von Banken im Umgang mit Minuszinsen habe die Behörde bereits näher untersucht, die Umfrage runde nun die Erhebung ab.

Die Umfrage läuft bis Mitte Oktober, ehe die Experten die Ergebnisse bis Jahresende auswerten sollen. Für die Finanzaufsicht, die den kollektiven Verbraucherschutz zu ihren Aufgaben zählt, ist eine breite Umfrage unter Privatleuten ein ungewöhnlicher Schritt. Mit den Erkenntnissen will die Behörde den Verbraucherschutz weiterentwickeln, wie eine Sprecherin weiter erklärt.

Bis zur Zinswende in diesem Jahr hatten hunderte Banken und Sparkassen Negativzinsen berechnet, typischerweise von 0,5% auf größere Einlagensummen. Mittlerweile sind nur wenige Institute übrig geblieben. Das Portal Verivox etwa zählte zu Wochenbeginn noch 43 Banken mit Negativzinsen, nachdem es im Mai noch 455 Geldhäuser waren. Auch das Vergleichsportal Biallo meldet einen starken Rückgang.

Streit vor Gericht

Minuszinsen sorgen regelmäßig für Streit: So zogen die Verbraucherzentralen in mehreren Fällen gegen Banken vor Gericht, um die Verwahrentgelte zu Fall zu bringen. Das Landgericht Berlin entschied im Oktober 2021, dass die Sparda-Bank Berlin für die Verwahrung von Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten kein Entgelt verlangen dürfe und unrechtmäßig erhobene Negativzinsen erstatten müsse, wie die Verbraucherzentralen berichten. Ähnlich entschied das Landgericht Düsseldorf im Fall der Volksbank Rhein-Lippe. Auch in einigen speziellen Fällen – für Kontokorrentkonten, Riester-Sparpläne und Geldanlageverträge – sind Negativzinsen laut verschiedenen Urteilen unzulässig. Das Landgericht Leipzig hatte allerdings für die Sparkasse Vogtland entschieden, dass ein Verwahrentgelt in bestimmten Fällen möglich sei. Eine Klage der Verbraucherzentrale Hamburg gegen die Commerzbank wird in Kürze am Landgericht Frankfurt verhandelt.

Auch kritisieren die Verbraucherzentralen, dass Banken das Argument der Negativzinsen nutzten, um Kunden in Investmentfonds zu lotsen. Damit zahlten sie aber über Ausgabeaufschlag und Vertriebsprovisionen in Summe mehr an die Bank als durch ein Verwahrentgelt. Die BaFin will etwa wissen, ob Banken mit einer Kündigung drohten, ob Anleger einer Werbung gefolgt sind oder ob sie sich in sozialen Medien informieren.

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