Regulierung

Basel nur mit Backstop

Es braucht einen zweiten Backstop in Form des Output Floors. Nur so wird Basel IV die Kreditvergabe nicht übermäßig belasten, schreibt Iris Bethge-Krauß, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands in ihrem Gastbeitrag.

Basel nur mit Backstop

Durch die Umsetzung des Output Floors als zweitem Backstop kann sichergestellt werden, dass Basel IV die Kreditvergabe der Banken nicht übermäßig belastet – eine Bedingung für den notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Coronakrise. Seit fast einem Jahr setzt Corona die Wirtschaft unter Druck. Absehbar ist, dass wir noch länger mit dem Virus und den Konsequenzen der Pandemie leben müssen. Deutschland kommt vergleichsweise gut durch die Krise. Trotzdem wird auch die Finanzwirtschaft langfristig nicht vollkommen unbelastet von den Folgen der Corona-Pandemie bleiben: Ein Anstieg der notleidenden Kredite ist absehbar. Die Institute müssen entsprechend vorsorgen und Wertberichtigungen bilden. Hierdurch verringert sich ihr Eigenkapital.

Regulatorik auf Prüfstand

Dabei werden insbesondere die Finanzinstitute gefordert sein, wenn es darum geht, den wirtschaftlichen Aufschwung nach Corona zu unterstützen und die digitale und nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu ermöglichen. Deshalb ist es wichtig, dass die Kreditvergabe der Banken nicht durch Regulierung zusätzlich eingeschränkt wird. Entsprechend müssen alle regulatorischen Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt werden. Das gilt insbesondere für Basel IV.

Denn die Umsetzung des regulatorischen Mammutprojekts entlang der Vorgaben der europäischen Bankenregulierungsbehörde EBA würde die Eigenkapitalanforderungen für Banken in der EU um durchschnittlich 18,4% erhöhen. Dabei wären vor allem deutsche Banken betroffen. Im Schnitt läge der Kapitalanstieg durch Basel IV bei schätzungsweise mindestens 35%. Und das in einer Phase, in der das Eigenkapital durch vorsorgende Wertberichtigungen verringert ist. Die massive Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen hätte katastrophale Folgen für die Kreditvergabefähigkeit der Banken – und würde so den Wiederaufschwung der Wirtschaft behindern.

Treiber Output Floor

Größter Treiber beim Anstieg der Kapitalanforderungen ist der sogenannte Output Floor. Hierdurch sollen die Kapitalanforderungen von Banken, die zur Ermittlung ihrer Eigenkapitalanforderungen interne Modelle verwenden, auf mindestens 72,5% der nach den einfachen aufsichtlich vorgegebenen Standardansätzen ermittelten Anforderungen angehoben werden. In ihrem Modell wendet die EBA den Output Floor auch auf die sogenannte zweite Säule der Kapitalanforderungen (P2R) und den Kapitalpuffer für anderweitig systemrelevante Institute (O-SII-Puffer) an – und geht damit über die Baseler Vorgaben hinaus.

Gold-Plating vermeiden

Um ein solches „Gold-Plating“ zu vermeiden und die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen möglichst zu begrenzen, ist insbesondere eine Maßnahme zentral: Der Output Floor muss als zweiter Backstop – das heißt als dritte, gesonderte Gruppe von Kapitalanforderungen neben den auf Basis interner Modelle berechneten Kapitalanforderungen und der Leverage-Ratio – umgesetzt werden. Dies ist nicht nur mit den Baseler Vorgaben vereinbar, sondern erlaubt vielmehr eine differenziertere Anwendung des Floors und zeichnet so die Baseler Vorgaben genauer nach.

Gleichzeitig müssen die bei der Umsetzung früherer Baseler Vorgaben in der EU eingeführten Besonderheiten fortgeführt werden: Es handelt sich dabei in erster Linie um die Unterstützungsfaktoren für KMU- und Infrastrukturfinanzierungen sowie die Ausnahme nichtfinanzieller Gegenparteien aus der CVA-Charge (Eigenmittelunterlegung für das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung). Bereits vor der Krise hatten der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen Union (Ecofin) und das Europäische Parlament darauf gedrängt, den Anstieg der Kapitalanforderungen durch Basel IV auf 10% – und damit auf ein nicht signifikantes Niveau – zu begrenzen.

Diese Zielvorgabe ist im Zuge der Coronakrise noch wichtiger geworden. Durch den Backstop und die Beibehaltung der Besonderheiten kann die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen durch die Umsetzung von Basel IV auf ebendieses nicht signifikante Niveau gesenkt werden. Die Belastung der Kreditvergabe würde entsprechend begrenzt. Ein richtiger und wichtiger Schritt.

Verminderte Kreditvergabe

Doch auch so wird Basel IV die Kreditvergabefähigkeit der Institute grundsätzlich einschränken. Die Entscheidung darüber, ob das regulatorische Mammutprojekt überhaupt umgesetzt wird, darf erst nach der Krise fallen. Denn erst dann sind die konkreten Folgen der Pandemie auf die Real- und Finanzwirtschaft vollständig bezifferbar.

Sollte dann eine Entscheidung für Basel IV fallen, ist zentral, dass die Kreditvergabefähigkeit der Banken so wenig wie möglich belastet wird. Denn das ist die Bedingung für den notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Coronakrise. Das heißt konkret: Wenn Basel kommt, dann bitte nur mit Backstop!

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