LEITARTIKEL

Betongold forever

Da hat man was. Etwas Handfestes. Eine Immobilie eben. Die ist immer etwas wert. So lautet das traditionelle Mantra nicht nur der Immobilienbesitzer, sondern eigentlich all derer, die sich näher mit dieser gerne als "alternativ" bezeichneten...

Betongold forever

Da hat man was. Etwas Handfestes. Eine Immobilie eben. Die ist immer etwas wert. So lautet das traditionelle Mantra nicht nur der Immobilienbesitzer, sondern eigentlich all derer, die sich näher mit dieser gerne als “alternativ” bezeichneten Anlageklasse beschäftigt haben.Aber für eine durchdachte, langfristige Kapitalanlage ist das “irgendwas wert sein” zu wenig. Das Asset sollte in Zukunft seinen Wert behalten, besser noch im Wert steigen und natürlich laufende Erträge erwirtschaften. Deutsche gewerbliche Immobilien und auch Wohnobjekte sind in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden – gut für diejenigen, die Immobilien haben, problematisch für die, die jetzt noch einsteigen wollen. Denn die Frage stellt sich mit jedem Rekord bei Preisen und Transaktionsvolumina immer dringlicher: Wie lange geht die Party noch weiter?Einhellig war gleichwohl die Meinung auf der gerade zu Ende gegangenen Immobilienmesse Expo Real in München. Ja, es geht so weiter, die Preise werden weiter steigen, die Umsätze bei den Transaktionen dürften in diesem Jahr so hoch wie im Vorjahr sein. Das Ende wird zwar kommen, ist aber nicht absehbar. Die Marktbedingungen sind unverändert. Die Niedrigzinsphase hält an, vermutlich noch auf Jahre. Festverzinsliche Papiere, ob Staatsanleihen oder zunehmend auch Unternehmensanleihen, werfen negative Renditen ab, scheiden als langfristige Anlage somit aus. Aktien sind grundsätzlich volatil, wie sich jetzt wieder deutlich zeigt. Schwappt die Rezession, die es jetzt schon in der Industrie gibt, auf den Dienstleistungssektor über, dürfte dies auf den Aktienmarkt durchschlagen. Bleiben also alternative Investments, allen voran Immobilien.Würde eine Rezession nicht auch Immobilien treffen? Im Prinzip ja, aber es kommt auf die Schwere an. Eine leichte Abschwächung, nach der es im Moment aussieht, würde der schon heiß gelaufenen Immobilienbranche ganz gut tun. Die Leerstände – in vielen deutschen Großstädten liegen sie bei rekordniedrigen 2 bis 3 % – könnten auf 6 bis 8 % steigen und würden einen besseren Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bewirken. Der Abbau des Nachfrageüberhangs würde noch Jahre dauern, selbst wenn die Nachfrage etwas zurückgehen sollte. Spekulative Projekte, die in einer Rezession am ehesten gefährdet sind, werden nur vergleichsweise selten vorangetrieben und dann in Top-Lagen. Heute können große Teile solcher Bürogebäude beispielsweise in Frankfurt schon in der Projekt- und Bauphase zu 30 bis 60 % langfristig vermietet werden.Aber manche Bank ist sich des Risikos heute begonnener Projekte durchaus bewusst, wie Gespräche auf der Expo Real gezeigt haben. Schließlich müssen die Verantwortlichen heute kalkulieren, welcher Preis in drei oder vier Jahren bei Fertigstellung des Gebäudes bei den Mietern erzielbar ist. In einer Rezession werden solche Zahlen schnell Makulatur, mit entsprechenden Konsequenzen nicht zuletzt für Finanzierer.Was die Immobilienkonjunktur aber weiterhin wesentlich stützt, auch bei einem konjunkturellen Rückschlag, sind die großen Volumina freier Mittel, die insbesondere in der Altersvorsorge weltweit angelegt werden wollen. Auf der Expo Real, wo Investoren aus aller Welt auf eine große Zahl an Flächen- und Projektanbietern treffen, war es mit Händen zu greifen: Immobilien bleiben erste Wahl, auch wenn die Rendite hierzulande bei Top-Objekten in den Metropolen nur noch bei 2 bis 3 % und selbst in weniger bedeutenden Städten bei 4 oder 5 % liegt. Deutschland ist und bleibt ein sicherer Hafen angesichts der Turbulenzen in der übrigen Welt – Stichworte Brexit und mögliche Handelskonflikte. Der Ruf als Zielland für eine solide Kapitalanlage dürfte also noch an Bedeutung gewinnen.Am ehesten könnte sich der Standort Deutschland mit manch gesetzgeberischen Entscheidungen – siehe Mietpreisregulierung, Enteignungsdebatte, erste Vorschläge einer Preisregulierung im Pflegebereich – noch selbst ein Bein stellen. Aber selbst die schon recht konkreten Pläne eines Berliner Mietpreisdeckels führen bisher nur in der Hauptstadt zur Zurückhaltung bei Bestandshaltern und bei potenziellen Neuinvestoren. Nein, es gilt Betongold forever, sofern die bewährten alten Grundsätze einer ordentlichen Immobilienauswahl – Lage, Lage, Lage – bis hin zu einer soliden Finanzierung auch weiterhin eingehalten werden. Auf der Expo Real konnte man bei Projektentwicklern, Assetmanagern und Kreditinstituten den Eindruck gewinnen, dass bei ihnen trotz der Party kein Überschwang herrscht. ——Von Thomas ListImmobilien in Deutschland sind bei in- und ausländischen Investoren en vogue. Daran ändern auch die aktuellen Konjunktursorgen nichts. ——