Breitere Refinanzierungsbasis dank Pfandbriefen

Wüstenrot plant, in den kommenden Jahren mit weiteren Pfandbrief-Emissionen an den Markt zu gehen

Breitere Refinanzierungsbasis dank Pfandbriefen

Bausparkassen hatten es in den letzten Jahren in Deutschland nicht immer leicht. Die Zinsen am Kapitalmarkt sind seit Jahren niedrig – und notwendige Reaktionen der Kassen darauf führten zu teils massiven Diskussionen in der Öffentlichkeit. Herausforderungen ergaben sich auch durch geänderte gesetzliche Vorgaben und Verordnungen – darunter Anpassungen des Kreditwesengesetzes, der Eigenmittelverordnung CRR sowie die vielfältige Regulierung durch die Bankenaufsicht.Im Bemühen, den Instituten etwas Rückenwind zu geben, nahm der Gesetzgeber Ende 2015 eine Novellierung des Bausparkassengesetzes vor. Ziel war unter anderem eine Stabilisierung des Geschäftsmodells der Kassen, denen zugleich die Tür zu neuen Ertragsquellen aufgestoßen werden sollte.Verschiedene Bereiche des Bausparkassen-Geschäftsmodells wurden durch die Überarbeitung des Gesetzes berührt:- Kreditgeschäft – Bausparkassen dürfen inzwischen Mittel aus der Zuteilungsmasse unter bestimmten Voraussetzungen auch zur Gewährung sogenannter sonstiger Baudarlehen – etwa von Annuitäten- oder endfälligen Darlehen – verwenden. Das zulässige Gesamtlimit hierfür wurde von 75 auf 100 % der Bauspardarlehen und der Vor- und Zwischenfinanzierungsdarlehen erhöht. Dies wirkt sich positiv auf die Ertragslage aus.- Beleihung – Bausparkassen müssen Forderungen aus Bauspardarlehen, Vor- und Zwischenfinanzierungsdarlehen und sonstigen Baudarlehen grundsätzlich durch die Bestellung von Hypotheken oder Grundschulden an einem deutschen Pfandobjekt, beispielsweise einem Grundstück, sichern. Bei der Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum können Bausparkassen fortan Beleihungen bis zum Beleihungswert vornehmen. Bisher galt hier eine Beleihungsgrenze von 80 % des Beleihungswerts.- Fonds zur bauspartechnischen Absicherung (FbtA) – Die letzte Bausparkassengesetz-Novelle schuf 1990 den “Fonds zur bauspartechnischen Absicherung” (FbtA). Nach neuer Rechtslage sichert der Sonderposten nicht mehr nur die Gewährleistung gleichmäßiger, möglichst kurzer Wartezeiten zwischen dem Beginn des Bausparvertrags und dessen Zuteilung ab, sondern auch die für den nachhaltigen Betrieb des Bauspargeschäfts erforderliche kollektiv bedingte Zinsspanne. Der FbtA kann somit von der jeweiligen Bausparkasse nun auch genutzt werden, um kollektiv bedingte Erträge zu sichern.- Kapitalanlagen – Bausparkassen können verfügbare Mittel seit dem 1. Januar 2017 auch in Aktien anlegen. Die Anlage in Aktien ist aber auf insgesamt 5 % der Zuteilungsmasse begrenzt, wobei maximal 0,2 % der Summe der Zuteilungsmasse in Aktien eines Unternehmens angelegt werden dürfen.- Pfandbriefgeschäft – Last but not least können nun für bestimmte Zwecke Hypothekenpfandbriefe nach den Bestimmungen des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) ausgegeben werden, insbesondere zur Gewährung von Darlehen für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen. Auf diese Weise sollen die Bausparkassen eine vergleichsweise kostengünstige Refinanzierungsmöglichkeit erhalten.Der erweiterte Handlungsspielraum für Bausparkassen durch das neue Bausparkassengesetz führte bei Wüstenrot schon sehr frühzeitig zu Überlegungen, das gesamte Kerngeschäft im Konzern im Bereich der Immobilienfinanzierung unter der Marke “Wüstenrot” neu zu ordnen. Kernelement dabei war die Übertragung des gesamten Baufinanzierungsgeschäfts im Bestand auf die Bausparkasse sowie die Konzentration des Neugeschäfts an gleicher Stelle. In die gleiche Richtung zielte die parallele Übertragung des Einlagengeschäfts in Form von Termin- und Tagesgeldern aus den Büchern der Wüstenrot Bank AG Pfandbriefbank in die Wüstenrot Bausparkasse AG. Verbesserte KostenstrukturDurch die Konzentration des Geschäfts ergab sich eine Verbesserung der Kostenstruktur, zum Beispiel durch den Wegfall von Schnittstellen sowie Harmonisierungen in der IT. Im Zuge dieser Überlegungen kam es am 19. April 2017 zu einem Teilbetriebsübergang des Bereichs “Baufinanzierung” der Wüstenrot Bank auf die Wüstenrot Bausparkasse. Dabei wurde neben dem Baukreditbestand von rund 8 Mrd. Euro das bisherige Geldanlage- und Pfandbriefgeschäft auf die Bausparkasse übertragen.Von Anfang an war es eines der strategischen Ziele von Wüstenrot, am Pfandbriefmarkt aktiv zu werden, um sich auf der Refinanzierungsseite und im Bereich der Kapitalstruktur noch besser aufzustellen. Die praktische Umsetzung eines solchen Vorhabens beinhaltet jedoch einen hohen Planungs- und Arbeitsaufwand – so musste die Wüstenrot Bausparkasse beispielsweise eine eigene, neue Pfandbrieflizenz beantragen. Zwischen dem Antrag und der Genehmigung zum Betrieb des Pfandbriefgeschäfts lag eine Zeitspanne von nur rund einem Jahr – im Mai 2017 platzierte Wüstenrot als erste deutsche Bausparkasse einen privaten Pfandbrief.Im November 2017 folgte die Premiere am institutionellen Kapitalmarkt: Begleitet von äußerst regem Interesse professioneller Investoren, begab die Bausparkasse ihren ersten großvolumigen Pfandbrief mit einem Zinskupon von 0,5 % und einer Laufzeit von acht Jahren. Die Emission war deutlich überzeichnet, so dass die geplante Emissionssumme von ursprünglich 250 Mill. Euro auf 300 Mill. Euro erhöht werden konnte. Im Bookbuilding wurden schließlich 34 Orders vorwiegend aus Deutschland, Skandinavien und den Benelux-Staaten im Volumen von gut 590 Mill. Euro erteilt. Keine ÜberraschungNachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s das Pfandbriefrating der auf die Bausparkasse übertragenen Hypothekenpfandbriefe von “AAA/Stable” bestätigt hatte, war die freundliche Aufnahme am Kapitalmarkt keine Überraschung. Zudem sprach der Deckungsstock für sich: Er setzte sich Ende März 2017 zu 87 % aus wohnwirtschaftlichen Deckungswerten zusammen, die ausschließlich in Deutschland gelegen waren. 95,8 % der Darlehen wiesen ein maximales Darlehensvolumen von 300 000 Euro aus. Bei der Finanzierungsart handelte es sich schwerpunktmäßig um Ein- und Zweifamilienhäuser mit einem Anteil von 69,9 % sowie Eigentumswohnungen (16,7 %).Das über die Pfandbriefe eingesammelte Kapital verbessert die Wachstumsmöglichkeiten der Bausparkasse deutlich und dient der Refinanzierung des Erstrangteils deutscher Wohnimmobilien. Zudem erlauben Pfandbriefe die fristenkongruente Refinanzierung der zumeist langfristigen Wohnbaudarlehen.Für das künftige Engagement prüft die Bausparkasse neuere Entwicklungen am Markt: Stichworte dazu sind die Digitalisierung von Refinanzierungsplattformen (zum Beispiel Blockchain), insbesondere aber auch das Thema Nachhaltigkeit. Denn warum sollten beispielsweise Green Bonds ausschließlich zur Finanzierung von Nachhaltigkeitsprojekten im industriellen Maßstab wie Windparks, Wasseraufbereitungsanlagen und vielem mehr eine Rolle spielen? Bausparkassen jedenfalls können aus ihrem ureigenen Geschäftsbereich einen Deckungsstock aufbauen – und teilweise schon heute zusammenstellen -, der allen Kriterien einer wahrhaft nachhaltigen und grünen Anleihe genügen würde.Die Nachfrage nach einem grünen Pfandbrief wäre zweifellos vorhanden. Das Emissionsvolumen von Green Bonds betrug nach Schätzungen im Jahr 2017 bereits zwischen 170 und 200 Mrd. Dollar. Damit kommen die grünen Papiere zwar nur auf einen bescheidenen Marktanteil von rund 1,5 % am gesamten weltweiten Emissionsvolumen, zählen aber zu den am schnellsten wachsenden Segmenten. Positive ErfahrungenFazit – Wüstenrot erreicht sein Ziel einer nachhaltigen, profitablen Geschäftsentwicklung unter anderem durch eine breit gefächerte Funding-/Refinanzierungsstrategie, die dennoch ständig weiterentwickelt wird. Wie bereits heute wird sich die Wüstenrot Bausparkasse in diesem Bereich auch künftig robust und zukunftsfähig aufstellen: Auf Basis der bisherigen positiven Erfahrungen wird sie das Instrument Hypothekenpfandbriefe weiterhin aktiv zur Refinanzierung ihrer Wohnbaudarlehen einsetzen. Geplant ist, in den nächsten Jahren jeweils mit privaten und öffentlichen Emissionen regelmäßig an den Markt zu gehen.—-Jürgen Steffan, Vorstandsmitglied der Wüstenrot Bausparkasse AG