Großbank

Credit Suisse zappelt im Thun-Netz

Aus dem Fischzug vor Mosambik wurde nichts für die Credit Suisse. Es zappelt kein Thunfisch im Netz, stattdessen wird die Schweizer Großbank eine fast 500 Mill. Dollar schwere Strafzahlung leisten, um einen Korruptionsverdacht aus der Welt zu schaffen. Außerdem wartet 2023 ein weiterer Prozess in London.

Credit Suisse zappelt im Thun-Netz

Von Daniel Zulauf, Zürich

Thunfische haben gegen ihre Jäger gewöhnlich keine Chance, es sei denn, diese verstricken sich in ihren eigenen Netzen. Das Bild einer unglücklichen Thunfischjägerin gibt gerade die Credit Suisse von sich ab. Die Bank hat in den USA einem „Deferred Prosecution Agreement“ zugestimmt, mit dem sie eine Strafuntersuchung gegen die Zahlung einer Geldstrafe und andere Bedingungen abwenden kann. Das Geldhaus habe bei einem Vergleich Strafzahlungen in Höhe von insgesamt rund 475 Mill. Dollar in den Vereinigten Staaten und Großbritannien akzeptiert, verkündeten das US-Justizministerium und die Börsenaufsicht SEC am Dienstag in Washington. Credit Suisse teilte mit, zufrieden zu sein, einen Schlussstrich unter die Verfahren ziehen zu können. Von den Strafzahlungen gehen knapp 100 Mill. Dollar an die SEC, rund 175 Mill. Dollar an das US-Justizministerium und 200 Mill. Dollar an die britische Finanzaufsicht FCA.

Vor acht Jahren hatte der Finanzkonzern zusammen mit der russischen Großbank VTB und teilweise auch mit der BNP Paribas für die Regierung des südostafrikanischen Staates Mosambik Milliardenkredite organisiert, die unter anderem dem Aufbau einer Fischereiflotte hätten dienen sollen. Aus dem Fischfang wurde nichts. Umso lukrativer waren die geheimen, am nationalen Parlament vorbeigeschummelten Kredite aber für einen Kreis eingeweihter Investmentbanker, Unternehmer und politischer Eliten in Maputo.

Von den rund 2 Mrd. Dollar, die das gemäß Weltbank-Statistik dritt­ärmste Land der Welt zum Nutzen der eigenen Bevölkerung hätte investieren sollen, sind nach den Erkenntnissen amerikanischer Korruptionsermittler rund 200 Mill. Dollar entwendet worden. Der Rest des Geldes liegt auf dem Schuldenberg, der 2016 im Zuge einer Wirtschaftskrise in dem gasreichen Land sprunghaft angestiegen ist.

Mit der damaligen Krise begann der Schwindel auch aufzufliegen. Der Internationale Währungsfonds realisierte im Frühjahr 2016, dass die Regierung zwei von drei Großkrediten verschwiegen hatte. Bekannt war bis dahin nur eine von Credit Suisse, VTB und BNP arrangierte öffentliche Anleihe über 850 Mill. Dollar. Alarm löste beim Währungsfonds auch der Umstand aus, dass alle drei Kredite mit staatlichen Garantien versehen worden waren.

In der Folge leitete das Parlament in Maputo eine Untersuchung ein und erfuhr dabei, dass die den Krediten zugrundegelegten Businesspläne nicht im Ansatz realistisch waren und Investoren ein völlig falsches Bild präsentierten. Die Erkenntnisse wurden später von der Untersuchung einer Kanzlei bestätigt. Von der Credit Suisse wird die Untersuchung mindestens in Teilen bestritten.

Entscheidend voran kamen die Ermittlungen aber erst, als die US-Justiz­ gegen acht mutmaßliche Hauptakteure Anklage erhob. Darunter drei vormalige Credit-Suisse-Banker, die 2018 in London verhaftet und in die USA ausgeliefert wurden. Das Trio bekannte sich im nachfolgenden Strafprozess schuldig und wartet seither auf die Bekanntgabe des Strafmaßes. Der Neuseeländer Andrew Pearse gestand, für die Orchestrierung der Kredite 45 Mill. Dollar in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Politiker und Funktionäre in Mosambik, welche die Deals möglich machten, haben rund 150 Mill. Dollar einkassiert.

In Maputo läuft ein Strafprozess gegen 19 mutmaßliche Schlüsselfiguren der Korruptionsaffäre. Unter ihnen auch der älteste Sohn des vormaligen Präsidenten Armando Guebuza. Beobachter hatten erwartet, dass der Prozess rasch zu einer Alibiveranstaltung verkommt, zumal der amtierende Präsident Filipe Nyusi unter dem alten Regime schon Verteidigungsminister gewesen war und wenig Interesse an Aufarbeitung haben dürfte. Für die Credit Suisse und ihren langjährigen, im Frühjahr ausgeschiedenen Verwaltungsrat Urs Rohner ist die Sache auch nach dem Vergleich in den USA nicht ausgestanden. Auf die Bank wartet 2023 ein weiterer Prozess in London. Die Bank wird dort erklären müssen, weshalb sie die inzwischen als verfassungswidrig annullierten staatlichen Kreditgarantien akzeptierte und An­legern als Investitionsschutz verkaufte. Bislang hatte sich die Credit Suisse stets in der Rolle der Betrogenen gesehen. Die Bank argumentierte jeweils, ihre drei Ex-Mitarbeitenden hätten die kriminellen Geschäfte in eigener Regie hinter dem Rücken der Bankführung eingefädelt. Man darf gespannt sein zu sehen, wie ein Schuldeingeständnis diese Argumentation verändern wird.

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