Enria relativiert Warnung vor faulen Krediten

Trotz unsicherer Prognose sinkt Wahrscheinlichkeit für schlimmstes Szenario - Neue EU-Maßnahmen

Enria relativiert Warnung vor faulen Krediten

wf/ahe Berlin/Brüssel – Der befürchtete deutliche Anstieg der notleidenden Kredite in den Bankbilanzen im weiteren Verlauf der Covid-Krise wird möglicherweise nicht ganz so heftig ausfallen wie zwischenzeitlich befürchtet. Der Vorsitzende der EZB-Bankenaufsicht für den Euroraum, Andrea Enria, geht nicht mehr vom Schreckensszenario aus, dass die Non-Performing Loans (NPLs) ein Volumen von bis zu 1,4 Bill. Euro erreichen können. “Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses ungünstige Szenario eintritt, hat sich jüngeren Prognosen zufolge verringert.” Dies schreibt Enria in einer Antwort auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, die der Börsen-Zeitung vorliegt.Eine genaue Prognose zu nennen, sei aber “immer noch schwierig”, heißt es in dem Schreiben weiter, vor allem wegen der aktuellen Unsicherheit bei den gesamtwirtschaftlichen Aussichten und der anhaltend hohen Covid-19-Fallzahlen. Schäffler hatte sich in seiner Anfrage auf einen Bericht der “Financial Times” bezogen, in dem in Verbindung mit Enria die Zahl von 1,4 Bill. Euro gefallen war. Der oberste Bankenaufseher in der Eurozone weist nun darauf hin, dass dieser Zahl laut Schätzung der EZB “ein ungünstiges Szenario mit einer sehr schwachen und schleppenden Erholung” zugrunde liege. Tatsächlich sänken die Zahlen derzeit. “Die NPL-Gesamtquote für alle bedeutenden Institute betrug im dritten Quartal 2020 2,82 % gegenüber 3,22 % im vierten Quartal 2019.” “Verwegene” Hypothese Schäffler hält Enrias Entwarnung für gewagt. “Es ist schon ganz schön verwegen, beim Verlauf der Pandemie nicht von einem massiven Anstieg der NPLs auszugehen”, sagte er der Börsen-Zeitung. “Besser wäre es, die EZB würde hier vorsichtiger agieren.” Kurzarbeit, das EZB-Anleihekaufprogramm PEPP oder die Insolvenzaussetzung verdecken nach Ansicht des FDP-Politikers noch Risiken in den Bankbilanzen.Auch EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis betonte gestern nach Beratungen mit den EU-Finanzministern noch einmal, ein deutlicher NPL-Anstieg könne nicht ausgeschlossen werden. Die EU-Kommission hatte erst im Dezember eine neue NPL-Initiative vorgelegt, um auf diese Gefahr zu reagieren. Gestern einigten sich die Minister aber erst einmal darauf, die noch offenen Legislativvorschläge aus dem Aktionsplan von 2017 möglichest schnell abzuschließen. Dabei geht es um die Förderung von Sekundärmärkten für NPLs sowie die beschleunigte Durchsetzung außergerichtlicher Sicherheiten.Zurückhaltend bleibt Enria in Bezug auf die Gründung einer europäischen Bad Bank. Er persönlich sei nach wie vor der Meinung, dass sie “ein sinnvolles Instrument” sein könne. Auch ein Netzwerk aus nationalen Bad Banks sei möglich. Für ein solches Netzwerk hatte kürzlich auch die EU-Kommission plädiert. Enria betonte, für ihn sei eine “integrierte europäische Antwort” nationalen Initiativen vorzuziehen.Die Chefin der europäischen Bankenabwicklungsbehörde SRB, Elke König, schrieb an Schäffler, sie begrüße jegliche Maßnahmen, “welche glaubwürdig und wirksam notleidende Kredite abbauen” sowie Effizienz und Professionalität der Sekundärmärkte verbesserten. “Allerdings müssen solche Maßnahmen auch Klarheit über damit verbundene Risiken und die Verteilung der Kosten schaffen”, schreibt König.