ESG

EZB gibt Banken Klimarisiko-Ziel bis 2024 vor

Die EZB-Bankenaufsicht gibt Finanzinstituten die strikte Ansage, bis Ende 2024 ihre Umweltrisiken gemäß den Wünschen der Aufseher zu adressieren.

EZB gibt Banken Klimarisiko-Ziel bis 2024 vor

fir Frankfurt

– Nach Ansicht der EZB-Bankenaufsicht sind Finanzinstitute trotz Fortschritten „noch weit davon entfernt“, angemessen mit Klima- und Umweltrisiken umzugehen. Sie gibt den europäischen Instituten bis Ende 2024 Zeit, ihre entsprechenden aufsichtlichen Erwartungen vollumfänglich zu erfüllen. Das hatte sie in der Vergangenheit schon wiederholt unverbindlich vorgebracht, die am Mittwoch veröffentlichten Ansagen der Aufseher lassen an Deutlichkeit aber nichts zu wünschen übrig.

Anforderungen steigen

Die EZB gibt nun jedem beaufsichtigten Finanzinstitut eigens einen abgestuften Zeitplan bis Ende 2024 vor. Bis dahin müssen die im EZB-Leitfaden 2020 festgelegten Klima- und Umweltrisiken adressiert werden. „Auch wenn es in Einzelfällen Ausnahmen geben kann, hat die EZB ihre Erwartung an die Banken kommuniziert, mindestens die folgenden Meilensteine zu erreichen“, gab die Aufsicht den Banken jetzt unmissverständlich mit auf den Weg: Zunächst müssen sie bis spätestens Ende März 2023 Klima- und Umweltrisiken ka­tegorisieren und vollständig bewerten, wie sie sich auf ihre Aktivitäten auswirken. Als Nächstes haben sie – bis spätestens Ende 2023 – die Risiken in Governance, Strategie und Risikomanagement einzubeziehen. Und im finalen Schritt bis Ende 2024 erlegt ihnen die EZB auf, diesbezüglich alle restlichen aufsichtlichen Erwartungen zu erfüllen, inklusive vollständiger Integration in bankinterne Prozesse zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit (Icaap) und Stresstests. Die Fristen würden genau überwacht und erforderlichenfalls „Durchsetzungsmaßnahmen“ ergriffen, hieß es von der EZB.

In SREP berücksichtigt

Klima- und Umweltrisiken fließen längst in den alljährlichen aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) ein, in dem die Aufseher Bankenrisiken ermitteln und gegebenenfalls individuelle Kapitalanforderungen zusätzlich zu den Mindestkapitalanforderungen erheben. Auch die Resultate des ersten Klimastresstests der EZB, die sie Anfang Juli veröffentlichte, finden Einzug in die SREP-Gesamtbewertung einer Bank. Werden die Risiken als gravierend eingeschätzt, kann die Aufsicht Banken auffordern, be­stimmte Maßnahmen zu ergreifen, um etwa Kapital- oder Liquiditätslücken zu schließen.

So hat die EZB nach eigenen Angaben zuletzt mehr als 30 Banken aufgefordert, klima- und umweltbezogene Mängel zu beheben. Es ist davon auszugehen, dass die EZB mit zunehmender Verschärfung der entsprechenden Regulierung künftig unter Umständen auch individuelle Eigenkapitalaufschläge verhängt.

Die Vorgaben veröffentlichte die EZB zusammen mit dem „Thematic Review on Climate-related and Environmental Risks“. Dafür hatte sie mit 21 nationalen Aufsichtsbehörden 107 bedeutende und 79 weniger bedeutende Institute befragt, inwieweit deren klimabezogenen Aktivitäten mit den Erwartungen der EZB übereinstimmen und wie und bis wann sie diese erfüllen wollen. Die 186 Banken haben eine aggregierte Bilanzsumme von 25 Bill. Euro.

Blinde Flecken

70% der Institute gaben nun an, gravierenden klimabezogenen Risiken ausgesetzt zu sein – ein deutlicher Anstieg gegenüber 2021, als es erst die Hälfte war. Die stärksten ne­gativen Auswirkungen erwarten die Banken auf das Kreditbuch. Deutlich weniger glauben, dass sich Klima- und Umweltrisiken als strategische oder als Reputationsrisiken niederschlagen werden (s. Grafik). Der Vizechef der EZB-Bankenaufsicht, Frank Elderson, konstatierte in einem gestern veröffentlichten Blogeintrag Fortschritte der Banken und lobte solche, die mit gutem Beispiel vorangingen, ohne Namen zu nennen. Doch zeigten 96% blinde Flecken bei der Risikoermittlung. Auch sei oft unklar, wie Risiken eingedämmt werden sollten und welchen Effekt diese auf Erträge hätten.

Wertberichtigt Seite 2

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