Flutkatastrophe

Flut sorgt für rote Zahlen

Die Schaden- und Unfallversicherer rechnen nach dem bisher schwersten Naturkatastrophenjahr mit Verlusten. Ihr Verband rückt von seiner Ablehnung einer Versicherungspflicht für Hausbesitzer ab.

Flut sorgt für rote Zahlen

ak Köln – Die deutschen Schaden- und Unfallversicherer werden 2021 voraussichtlich Verlust machen. Grund ist die rekordhohe Belastung durch Naturkatastrophenschäden. Sie summiert sich nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf bislang rund 11,5 Mrd. Euro. Es dürfte das Jahr mit den höchsten Naturgefahrenschäden seit mindestens 50 Jahren werden.

Die Hauptertragsquelle der deutschen Versicherer fällt damit in diesem Jahr aus. „Wir erwarten für den Schaden/Unfall-Sektor als Ganzes in diesem Jahr rote Zahlen“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Die für das operative Ergebnis relevante Schaden-Kosten-Quote dürfte durch die Unwetter und die Flutkatastrophe im Sommer stark in die Höhe getrieben werden. Bei rund 75Mrd. Euro Beitragseinnahmen der Schaden- und Unfallversicherer pro Jahr machen die bisherigen Naturkatastrophenkosten für die Branche rund 15 Prozentpunkte in der Schadenquote aus. Im Durchschnitt sind es nur 5 Prozentpunkte – im langjährigen Mittel liegt die Belastung bei 3,8 Mrd. Euro. Die Schaden- und Unfallversicherer hatten im vergangenen Jahr mit 90% eine außergewöhnlich niedrige Schaden-Kosten-Quote verzeichnet.

Die Ratingagentur S&P rechnet vor, dass bei einem Anstieg der Schäden­ durch Naturkatastrophen auf 15 Mrd. Euro in diesem Jahr die Schaden-Kosten-Quote brutto bei 109% landen könnte. Selbst in diesem Szenario jedoch gehen die Analysten von stabilen Ratings aus und verweisen auf eine solide Ausstattung mit Eigenkapital, bestehenden Rückversicherungsschutz und die zunehmende Profitabilität im Underwriting der Branche.

Schäden steigen weiter

Allein für die Flutschäden von Mitte Juli kalkulieren die Unternehmen mittlerweile mit Versicherungsschäden von rund 7 Mrd. Euro. Aus der Branche ist aber auch zu hören, dass die Schadenmeldungen atypisch langsam eintreffen und in manchen Häusern immer noch weiter steigen. Die Provinzial als voraussichtlich am stärksten betroffener Versicherer kommt mittlerweile auf ein Schadenvolumen von gut 1,1 Mrd. Euro. Auch hier träfen pro Tag noch Meldungen von rund 10 Mill. Euro ein, sagte ein Sprecher. Grund seien vor allem Nachreservierungen nach der Besichtigung durch Gutachter.

Klimafolgen-Konzept

Der GDV rückt jetzt auch von seiner bisherigen Ablehnung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ein Stück ab. Im Herbst wollen der Verband und seine Mitgliedsunternehmen Vorschläge un­terbreiten, „wie sich signifikant mehr Häuser zu risikogerechten Preisen versichern lassen“, wie es in einer Mitteilung am Donnerstag hieß. Damit sollen nach Angaben des Verbands auch die Immobilienbesitzer erreicht werden, die sich nach wie vor nicht vorstellen können, jemals betroffen zu sein. „Die deutschen Versicherer setzen sich dabei für ein neues Gesamtkonzept zur Klimafolgenanpassung aus Aufklärung, verbindlichen Maßnahmen zur privaten und staatlichen Prävention und Versicherung ein“, teilte der GDV mit. Eine Arbeitsgruppe befasse sich derzeit damit, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

Schutz reicht bisher nicht

Bereits Anfang August hatte sich Munich-Re-Chef Joachim Wenning offen für eine Versicherungspflicht für Hausbesitzer gegen die Folgen von Hochwasser und Starkregen gezeigt. In Deutschland sind bislang nur 46% der Häuser gegen diese sogenannten Elementarschäden versichert, während nahezu alle Gebäude über einen Versicherungsschutz gegen Feuer, Sturm und Hagel ver­fügen.

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