DIE BLOCKCHAIN-KOLUMNE

"Halvings" - das deflationäre Bitcoin-Element

Börsen-Zeitung, 19.1.2021 Im Gegensatz zu Fiat-Währungen, deren Menge von Zentralbanken nach Gutdünken manipuliert werden kann, zeichnen sich viele digitale Assets durch eine unumstößliche, im Code festgelegte Mengenbeschränkung aus. Bei Bitcoin...

"Halvings" - das deflationäre Bitcoin-Element

Im Gegensatz zu Fiat-Währungen, deren Menge von Zentralbanken nach Gutdünken manipuliert werden kann, zeichnen sich viele digitale Assets durch eine unumstößliche, im Code festgelegte Mengenbeschränkung aus. Bei Bitcoin wurde die maximale Anzahl auf 21 Millionen festgelegt, von denen sich aktuell bereits über 18,5 Millionen in Zirkulation befinden. Überdies gelten mehrere dieser 18,5 Millionen aufgrund nicht mehr auffindbarer Private-Keys als unwiederbringlich verloren. Dies verkleinert die Menge laut Schätzung zusätzlich um 3 bis 4 Millionen.Doch wie kommen neue Bitcoin ins System, wie werden diese “geschaffen”? Im Gegensatz zu den manchmal postulierten Aussagen geschieht dies nicht durch die rechenintensive Lösung komplexer mathematischer Rätsel – stattdessen wetteifern viele Computer gleichzeitig darum, eine sehr komplexe Zahl richtig zu “erraten”. Dieser natürlich gleichfalls rechenintensive Prozess wird allgemeinhin als “Mining” bezeichnet und sichert zugleich das Bitcoin-Netzwerk gegen potenzielle Angriffe.Die Incentivierung der Miner ist hierbei der sogenannte “Block-Reward”: Für jeden gefundenen neuen Block – wobei durch Mathematik festgelegt ist, dass dies ungefähr alle zehn Minuten geschieht – erhalten sie aktuell 6,25 Bitcoin, zusätzlich zu den Transaktionsgebühren, die noch extra obendrauf kommen. Selbst anpassendes System Spannend an dem Gesamtsystem sind die inhärenten Anpassungsprozesse: So ist beispielsweise daran gedacht worden, dass der Algorithmus die Komplexität der zu berechnenden Zufallszahl je nach im System befindlicher Rechenleistung anpasst. Will heißen: Würde beispielsweise ein Staat auf die Idee kommen, morgen die Rechenleistung von einer Trillion Rechner ins Bitcoin-Netzwerk zu speisen, würde die sogenannte “Difficulty”, die alle 2016 (das sind ca. 2 Wochen) neu geschaffenen Blöcke anpasst, sprungartig in die Höhe steigen. Das ist genial: Wenn mehr Miner hinzukommen, wird die Difficulty erhöht – der Output (also die neu geschaffenen Blöcke) erhöht sich also nur für die Zeit, in der die Difficulty noch nicht erhöht ist. Ziehen sich Miner aus dem System zurück, geht die Difficulty herunter – der Output wird also wieder nur für die nächsten 2016-Blöcke geringer. Und kein Mensch (und keine Notenbank) der Welt kann praktisch etwas daran ändern. Heftige SchwankungenAls weiteres Element kommt das sogenannte Halving hinzu. Alle 210 000 Blöcke wird der sogenannte “Block-Reward” für den Miner geteilt, d. h. die Miner erhalten nur noch die Hälfte an Bitcoin für ihre Arbeit. Die Erwartung dieser Halvings sorgt regelmäßig für heftige Preisbewegungen im Bitcoin-Ökosystem, da das Angebot neu geschaffener Bitcoin damit relativ abrupt (wenngleich auch maximal vorhersehbar) um die Hälfte sinkt.Das ist ungefähr alle vier Jahre der Fall, das nächste Halving wird aktuell für den Mai 2024 erwartet. Im Gegensatz zu Fiatwährungen ist Bitcoin somit deflationär angelegt. Nach aktuellen Schätzungen wird davon ausgegangen, dass der letzte Bitcoin im Jahr 2140 gemint werden wird und der Block-Reward danach auf 0 Bitcoin fällt – den Minern für den Betrieb des Netzwerks somit nur noch die Transaktionsgebühren bleiben. Und dann ist das ganze Thema ein schlichtes Rechenexempel – solange durch die Transaktionsgebühren genug Geld (bzw. dann vielleicht auch Bitcoin, sollte Bitcoin wirklich Weltleitwert werden) verdient wird, dass sich der Betrieb der Miner lohnt, werden diese weiter betrieben. Schaut man sich die Entwicklung der letzten Dekade an, könnte man an dieser Stelle durchaus optimistisch sein.Mit Blick auf die nächsten Jahre erwarten wir in der Tat ein nie dagewesenes Szenario: Für ein ultrahartes Asset wie Bitcoin sehen wir einen “perfect storm” durch die Kombination von gleich mehreren makroökonomischen Ereignissen – die zeitgleich ausufernde Geldpolitik aller Staaten als Ultima-Ratio zur Verhinderung eines Kollapses der Weltwirtschaft und die Anpassung von regulatorischen Rahmenbedingungen rund um den Globus. Zudem ist die institutionelle Infrastruktur vorhanden, und wir erwarten innerhalb der nächsten drei Jahre massive Preisanstiege, die mit dem nächsten Halving in 2024 zunächst gipfeln könnten. Sven Hildebrandt ist CEO der Blockchain-Spezialberatung DLC Distributed Ledger Consulting. Seine DLT-Kolumne erscheint monatlich.