Großbritannien hat vorgelegt

Hedgefonds hoffen auf Überarbeitung der EU-Leerverkaufsregelung

Großbritannien hat lockerere Vorschriften für Leerverkäufe angekündigt. Auch die EU dürfte ihre Vorgaben mit der neuen Kommission 2024 überprüfen.

Hedgefonds hoffen auf Überarbeitung der EU-Leerverkaufsregelung

Lichtblicke für Leerverkäufer

Hedgefonds hoffen auf Lockerung in der EU – Großbritannien hat vorgelegt

wbr/mmk Frankfurt

Großbritannien hat angekündigt, die Vorschriften für Leerverkäufe zu lockern, und will auf die Offenlegung einzelner Short-Positionen verzichten. Das führt zu regulatorischen Divergenzen mit der Europäischen Union. Aber auch die EU dürfte ihre Vorschriften mit der neuen Kommission 2024 überprüfen.

Die britische Regierung hat angekündigt, die Leerverkaufsregelungen zu lockern. Dabei geht es um einige Aspekte der EU-Leerverkaufsverordnung (Short Sale Restriction, SSR), die vor zehn Jahren eingeführt wurde. Großbritannien überprüft derzeit die EU-Finanzdienstleistungsgesetze.

Die SSR sieht die Offenlegung einzelner Leerverkäufer wie Vermögensverwalter und Hedgefonds vor, sobald die Netto-Leerverkaufsposition 0,5% des ausgegebenen Aktienkapitals eines börsennotierten Unternehmens erreicht. Das Vereinigte Königreich beendet die Pflicht zur Offenlegung und wird stattdessen eine Gesamtzahl der Leerverkaufspositionen für jede einzelne Aktie veröffentlichen. Das Land wird jedoch weiterhin sogenannte "nackte" Leerverkäufe verbieten. Das sind Transaktionen, bei denen der Leerverkäufer eine Aktie verkauft, ohne sich diese zuvor geliehen zu haben.

Detaillierte Vorschriften zur britischen Neuregelung werden von der Finanzaufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority) bis Ende dieses Jahres veröffentlicht. Die Branche geht davon aus, dass die neue Regelung Anfang 2024 in Kraft treten wird. Mit dem Schritt in London wird darüber spekuliert, ob auch die EU ihre Vorschriften zu dem Sachverhalt während der Legislaturperiode der neuen Kommission, die Ende 2024 ins Amt kommt, überprüfen wird.

Hoffnung der Händler

Für Änderungen in der EU setzt sich die Managed Funds Association (MFA) ein, die Firmen mit alternativen Anlagestrategien wie Hedgefonds vertritt. "Es ist nicht sicher, dass die EU-Leerverkaufsverordnung neu bewertet wird. Aber es ist auch nicht unvernünftig zu erwarten, dass sie nach zehn Jahren ein Teil der regelmäßigen Überprüfungen der EU-Finanzregulierung wird", sagt Jillien Flores, Leiterin Regierungsangelegenheiten bei der MFA.  

Sie weist darauf hin, dass im April 2022 ein Bericht der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) über die SSR veröffentlicht wurde. Darin hat die ESMA vorgeschlagen, dass man aggregierte Short-Positionen für börsennotierte Aktien in Betracht ziehen könnte.

Dies ist aber als Ergänzung für die Offenlegung einzelner Positionen gedacht und nicht wie in Großbritannien als Ersatz. Im Markt wird jedoch vermutet, dass die ESMA auch für größere Änderungen zu haben wäre.

Händler wünschen sich strafferes Meldeverfahren

Ein Argument der strengen Regulierung ist es, dass Strategien von Marktteilnehmern nachgeahmt werden, sobald diese bekannt werden, was zu einem Herdenverhalten führen könnte. Dies könnte zu einer Verschärfung von Short Squeezes führen. Das sind starke Preiserhöhungen infolge eines sehr stark geshorteten Wertpapiers. Die Hedgefonds-Branche argumentiert, dass eine transparente Preisbildung bei Aktien allen Anlegern zugutekommt und dass eine Begrenzung der Leerverkaufsaktivitäten zu falschen Aktienpreisen führen könnte.    

Abgesehen von der Debatte über die Offenlegung wünschen sich die Händler auch ein strafferes Meldeverfahren an die Aufsichtsbehörden, die einen hohen Verwaltungsaufwand bedeuten. In der EU gibt es 27 verschiedene Meldeportale, an die Informationen übermittelt werden müssen.

Schwellenwerte hochgesetzt

Außerdem haben die einzelnen Länder unterschiedliche Meldeschwellen sowie unterschiedliche Methoden zur Berechnung der Schwellenwerte. Eine Harmonisierung wäre von Vorteil, auch wenn es bei Änderungen der SSR weiterhin unterschiedliche Meldeschwellen geben dürfte.

Im Vereinigten Königreich wurde der Schwellenwert für die Meldung von Short-Positionen an die Regulierungsbehörden von 0,1% auf 0,2% des gesamten Aktienkapitals angehoben. Dies entspricht dem Wert vor der Covid-Pandemie.

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