Steuergutschriften

Italiens Banken im Superbonus-Chaos

Italiens Banken ersticken an Anträgen von Kunden, die ihre Steuergutschriften im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen an Häusern und Wohnungen an sie verkaufen wollen. Der allergrößte Teil der Institute hat deshalb den weiteren Aufkauf beendet.

Italiens Banken im Superbonus-Chaos

bl Mailand

Italiens Banken ersticken an einer Vielzahl von Anträgen ihrer Kunden für den Aufkauf von Steuergutschriften. Angesichts eines Antragsvolumens von rund 40 Mrd. Euro haben die meisten Institute nun den weiteren Aufkauf gestoppt. Damit droht ein Stopp des gigantischen Programms, mit dem die Regierung die energetische Sanierung von Wohnungen und Häusern in ungewöhnlich großzügiger Form fördert. Rom denkt nun über Nachbesserungen nach, um die Hilfen fortsetzen zu können.

Italienische Haus- und Wohnungseigentümer dämmen derzeit auf Teufel komm raus Wände und Dächer, tauschen Heizkessel oder Fenster aus und lassen Fotovoltaikanlagen installieren. Kein Wunder: Die Kosten dafür übernimmt der Staat vollständig und legt etwa beim „Superbonus 110“ sogar noch etwas drauf. Damit soll die Bauwirtschaft gefördert werden. Der Erfolg ist so groß, dass Rom dafür bisher rund 40 Mrd. Euro ausgegeben hat. 14 Mrd. Euro davon finanziert der europäische Steuerzahler im Rahmen des europäischen Wiederaufbauprogramms.

Doch die großzügigen Hilfen verführen zum Betrug. Laut Finanzminister Daniele Franco ist dem Staat schon ein Schaden von mehr als 4 Mrd. Euro entstanden. Es gab zu wenige Kontrollen. Die Ausgaben können vollständig von dem zu zahlenden Steuerbetrag abgezogen werden. Vielfach wurden aber Arbeiten gar nicht oder zu überhöhten Preisen ausgeführt. Die Regierung hat auf die laut Franco „größten Betrügereien, die diese Republik je gesehen hat“, mit Korrekturen reagiert. Geblieben ist aber die Möglichkeit, die Steuergutschriften zu veräußern, an Unternehmen, aber auch an Banken und Versicherungen.

Für die Finanzinstitute war das zunächst attraktiv, zumindest so lange, bis sie ihre steuerlichen Obergrenzen ausgeschöpft hatten. Das aber ist inzwischen vielfach der Fall. Angesichts der weiteren Antragsflut haben viele Häuser jetzt die Reißleine gezogen, weil sie weitere Steuergutschriften gar nicht mehr selbst nutzen können. Allein Intesa Sanpaolo hat Steuergutschriften für 4 Mrd. Euro erworben, ist aber mit Anfragen über weitere 20 Mrd. Euro konfrontiert. Unicredit hat 252 Mill. Euro an Steuergutschriften angesammelt und ist Verpflichtungen zum Ankauf von weiteren 939 Mill. Euro eingegangen. Bei der Post (Poste Italiane) ist die maximale Kapazität von 9 Mrd. Euro so gut wie ausgeschöpft. Die Banca BPM hat ein Volumen von 4 Mrd. Euro erreicht und geht keine neuen Verpflichtungen ein. Auch Crédit Agricole Italia, Deutsche Bank, Carige und die Volksbank von Sondrio haben den Aufkauf weiterer Steuergutschriften gestoppt. Die Institute würden bei weiteren Aufkäufen Verluste machen.

Die Institute fordern nun Änderungen der Rechtsvorschriften. Sie wollen einerseits das attraktive Geschäft nicht verlieren, andererseits aber keine Verluste machen und fordern die Regierung zum Handeln auf. Rom denkt darüber nach, die Möglichkeit, die Steuergutschrift an Dritte zu verkaufen, wieder auszuweiten, um die Banken zu entlasten. Das Programm, das handwerklich unglaublich schlecht gemacht ist, dessen Kosten unabsehbar sind und das von den europäischen Steuerzahlern mitfinanziert wird, soll aber trotz der unerwünschten Nebenwirkungen fortgesetzt werden.