Italien

Italiens Banken vor Konsolidierung

Bei vielen italienischen Banken stehen in den nächsten Tagen Hauptversammlungen an, bei denen nicht nur personell, sondern auch strategisch Weichen gestellt werden könnten.

Italiens Banken vor Konsolidierung

Von Gerhard Bläske, Mailand

Bei vielen italienischen Banken stehen in den nächsten Tagen Hauptversammlungen an, bei denen nicht nur personell, sondern auch strategisch Weichen gestellt werden könnten: Angesichts wachsender Risiken mit einem Anstieg fauler Kredite und einer geringen Rentabilität vieler Institute rechnen Beobachter wie Andrea Enria, Vorsitzender des Bankenaufsichtsmechanismus SSM der Europäischen Zentralbank (EZB), mit einer neuen Konsolidierungswelle. Der Bankenverband ABI und andere Wirtschaftsvertreter fordern eine Verlängerung des Moratoriums für die Rückzahlung von Krediten von insgesamt 293 Mrd. Euro. Außerdem verlangen sie eine Verlängerung der staatlichen Darlehensgarantien von sechs auf mindestens 15 Jahre. Beobachter glauben, dass andernfalls eine Katastrophe auf dem laut Enria zu fragmentierten Bankenmarkt droht. Viele Institute sind allein zu schwach und deshalb auf Partnersuche.

Der Einlagensicherungsfonds Fitd der Privatbanken hat die Deutsche Bank damit beauftragt, Partner für die hoch defizitäre Genueser Carige zu suchen. Denn die Trientiner Genossenschaftsholding CCB (Cassa Centrale Banca), die ursprünglich die vom Fitd gehaltenen 80% übernehmen wollte, will angesichts der hohen Verluste der ligurischen Sparkasse diese Anteile nicht mehr übernehmen. Als potenzielle Interessenten gelten neben dem französischen Crédit Agricole die HVB-Mutter Unicredit und die norditalienische Bper.

Auf Partnersuche ist auch die zu 64% verstaatlichte Monte dei Paschi di Siena (MPS). Die viertgrößte Bank des Landes muss bis Jahresende privatisiert werden. Wunschpartner des Finanzministeriums ist Unicredit. Nach der Hauptversammlung am 15.April werden dort mit CEO Andrea Orcel und Chairman Pier Carlo Padoan neue Führungskräfte wirken. Was sie vorhaben, ist noch unklar. Klar ist, dass die Bank – wenn überhaupt – nur dann in Siena einsteigt, wenn der Staat mindestens 5 Mrd. Euro dazugibt. Denn die MPS hat für 2020 einen Verlust von 1,7 Mrd. Euro ausgewiesen, einen Kapitalbedarf von 2,5 Mrd. Euro und ist in Rechtsstreitigkeiten mit Risiken von bis zu 10 Mrd. Euro verwickelt. Unicredit steht derweil im Zentrum vieler Spekulationen. Der Unternehmer und Aktionär Leonardo Del Vecchio und mit ihm verbündete Unternehmen sind gegen eine Übernahme der MPS und denken angeblich eher an eine Allianz mit der hoch rentablen Investmentbank Mediobanca, bei der EssilorLuxottica-Großaktionär Del Vecchio größter Anteilseigner ist. Da er auch an der Versicherung Generali beteiligt ist, können sich manche eine ganz große Lösung mit Unicredit, Generali und Mediobanca vorstellen.

Ein potenzieller Unicredit-Partner ist auch die Mailänder BPM, die aber offenbar Gespräche mit Bper-Großaktionär Unipol über die Bildung eines dritten italienischen Bankenpols führt. Unterdessen baut auch der Crédit Agricole, der eine Reihe von mittelitalienischen Banken kontrolliert, seine Position in Italien aus. Die Aktionäre und der Verwaltungsrat der norditalienischen Bank Creval lehnen die Übernahme-Offerte der Franzosen nicht grundsätzlich ab, fordern aber ein besseres Angebot.

Banken, die auf Online-Banking und Vermögensverwaltung setzen, sind Fineco, Illimity und der Assetmanager Azimut. Sie sollen das Interesse von Intesa Sanpaolo und der Mediobanca geweckt haben.