Misswirtschaft

Italiens teure Kriseninstitute

Italien kämpft weiterhin um die Zukunft von zwei seiner Problembanken. Bei beiden ist der Staat eingesprungen. Nun sind Kapitalerhöhungen und Privatisierungen erforderlich.

Italiens teure Kriseninstitute

bl Mailand

Nach dem wahrscheinlichen Verkauf der Genueser Krisenbank Carige an BPER verbleiben in Italien zwei Problembanken, die beide mehrheitlich staatlich sind: Monte dei Paschi di Siena (MPS) und die Volksbank von Bari (Popolare di Bari).

Beide sind mit Milliardensummen vor dem Konkurs gerettet worden. Monte dei Paschi, durch jahrelange Misswirtschaft in massive Schieflage geraten, erhielt 2017 eine staatliche Kapitalspritze von 5,2 Mrd. Euro und wird seither zu 64% vom italienischen Staat kontrolliert. Der Verkauf an die HVB-Mutter Unicredit ist im Herbst gescheitert. Unicredit waren die Risiken des Erwerbs der viertgrößten Bank des Landes zu groß.

Rom hat in Brüssel und bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt um eine Verlängerung der Ende Dezember abgelaufenen Privatisierungsfrist gebeten. Dringend nötig ist in diesem Jahr eine Kapitalerhöhung, deren Volumen der Vorstand der MPS mit 2,5 Mrd. Euro angibt – zulasten der Steuerzahler. Außerdem hat die Bank noch viele ausfallgefährdete Kredite in ihrer Bilanz, ist in Rechtsstreitigkeiten verwickelt und weist einen starken Personalüberhang auf. Kandidaten für eine Übernahme gibt es nicht. Beobachter in Italien gehen davon aus, dass das Institut noch lange staatlich bleibt. Stefano Caselli, Bankenprofessor an der renommierten Mailänder Universität Bocconi, glaubt jedoch, es könnten sich neue Perspektiven ergeben. „Nach einer Kapitalerhöhung kann ein Käufer keine weiteren Zugeständnisse verlangen. Die Bank ist dann bereit, übernommen zu werden.“ Als mögliche Interessenten sieht er BPER und womöglich Unicredit.

Viel schlechter ist die Lage bei der Volksbank von Bari. Durch jahrzehntelange Misswirtschaft, kriminelle Machenschaften und Vetternwirtschaft ist Süditaliens größte Bank an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gerutscht. Unter der Führung von Marco Jacobini und seines Sohnes Gianluca, die beide wegen diverser Delikte vor Gericht stehen, haben viele der 66000 Anteilseigner oft ihr gesamtes Vermögen verloren.

Wie bei Carige sind auch bei Popolare di Bari der Staat und der Einlagensicherungsfonds FITD der Privatbanken eingesprungen. Der FITD steckte zwischen Dezember 2019 und März 2020 etwa 1,2 Mrd. Euro in die Bank. Im Juni 2020 übernahm die Staatsbank Mediocredito Centrale im Rahmen einer Kapitalerhöhung um 430 Mill. Euro die Kontrolle mit dem Ziel, ein großes Kreditinstitut für den Süden zu schaffen.

Die Idee war, die etwa 20 Volksbanken südlich von Rom unter einem Dach zusammenzufassen. Ein fast unmögliches Vorhaben, denn dazu müssten 20 Verwaltungsräte und Hauptversammlungen überzeugt werden. Ob es sinnvoll ist, lokal gut verankerte Institute zusammenzufassen, sei dahingestellt. Das Projekt der Regierung Conte wurde durch den Regierungswechsel im Februar 2021 erstmal blockiert. Bankenexperte Caselli sähe in einem solchen Vorhaben wenig Sinn. „Die Volksbank von Bari ist nicht die Bank des Südens. Ein solches Projekt würde bedeuteten, alle Probleme und Ineffizienzen des dortigen Bankensektors zusammenzufassen. Das hat noch nie funktioniert.“

Die Volksbank von Bari will nach einem mit Oliver Wyman ausgearbeiteten Strategieplan 2023 den Break-even erreichen. Für 2021 wird mit einem Verlust von etwa 180 Mill. Euro gerechnet. Das Institut mit 400000 Kunden, 250 Geschäftsstellen und 2400 Beschäftigen hat strukturelle Probleme: Nennenswert präsent ist es nur in Apulien und in den wirtschaftsschwachen Abruzzen. Ferner weist es hohe Personalkosten auf, hinkt bei der Digitalisierung weit hinterher und setzt vor allem auf das Retail Banking.

Keine Perspektive

CEO Giampiero Bergami warf kürzlich nach nur 15 Monaten das Handtuch und wurde durch den Chief Business Officer Cristiano Carrus ersetzt. Eine glaubwürdige Geschäftsperspektive für die Volksbank gibt es weder als Staatsbank noch als privates Institut. Caselli hielte dennoch eine Privatisierung, die den Steuerzahler teuer zu stehen käme, für die beste Lösung: „Am besten wäre es, wenn eine große Bank die Popolare di Bari übernähme. Aber dafür bräuchte es ein sehr attraktives Paket, das Risiken für den Käufer ausschließt. Das würde den Steuerzahler belasten, aber es gibt keine Alternative. Je länger man wartet, desto teurer wird es.“

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