Britischer Preisauftrieb

Teuerung nähert sich Zielwert

Die Inflation hat sich im im April dem Zielwert der Bank of England genähert. Dienstleistungen verteuern sich jedoch stärker als erwartet.

Teuerung nähert sich Zielwert

Britische Teuerung nähert sich Zielwert

Dienstleistungsinflation unerwartet hartnäckig – Kernrate höher als gedacht

hip London

Die britische Teuerungsrate ist im April auf den niedrigsten Stand in drei Jahren gefallen. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ging sie von 3,2% auf 2,3% zurück und näherte sich damit dem Inflationsziel der Bank of England (2,0%). Dazu trug die Senkung der Obergrenze für Energierechnungen privater Haushalte durch den Regulierer Ofgem erheblich bei. Sie müssen nun mehr als 200 Pfund weniger pro Jahr für Gas und Strom aufbringen.

Zinshoffnungen verpuffen

Volkswirte hatten allerdings im Schnitt einen Rückgang der Teuerungsrate auf 2,1% auf der Rechnung. Grund für die langsamere Disinflation ist der hartnäckige Preisauftrieb bei Dienstleistungen. Für die Geldpolitiker der Bank of England spielt die Dienstleistungsinflation eine wichtige Rolle bei ihren Erwägungen. Die Volkswirte von Barclays rechnen nun nicht mehr mit einer ersten Leitzinssenkung im Juni. Bislang war das ihr Basisszenario. Derzeit liegt die Bank-Rate bei 5,25%.

„Die jüngsten Lohn- und Preisdaten könnten nicht viel mehr als ein Schlagloch auf dem Weg darstellen“, schrieb der HSBC-Volkswirt Chris Hare in einer ersten Einschätzung. „Andererseits könnten sie ein Risiko suggerieren, dass die Disinflation im Vereinigten Königreich ins Stocken kommt.“ War er bislang von einem ersten Zinsschritt im Juni ausgegangen, hält er die Entscheidung nun für „fein ausgewogen“.

Kernrate enttäuscht

Die Kernrate, für die schwankungsanfällige Komponenten wie Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, sank von 4,2% auf 3,9%. Sie wurde bei 3,6% erwartet. Die Inflation bei Dienstleistungen verringerte sich um lediglich einen Zehntelpunkt: von 6,0% auf 5,9%. Ökonomen hatten 5,4% angesetzt, die Bank of England 5,5%.

An der Börse drückte die negative Überraschung bei den Inflationsdaten den FTSE 100. Das Pfund stieg gegen den Dollar auf den höchsten Stand seit März. Die Marktteilnehmer sind offenbar nervöser als die Volkswirte. Dem Devisenexperten Lee Hardman von der japanischen Finanzgruppe MUFG zufolge wird derzeit eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 50% für einen ersten Zinsschritt im August eingepreist. Für das Gesamtjahr wird eine Senkung von lediglich 38 Basispunkten unterstellt.

Rückkehr zum Normalzustand

Premierminister Rishi Sunak behauptete dagegen, die Inflation sei zum Normalzustand zurückgekehrt. „Heute markiert einen wichtigen Moment für die Wirtschaft“, sagte er. „Das ist der Beweis dafür, dass der Plan funktioniert und sich die schwierigen Entscheidungen, die wir getroffen haben, auszahlen.“

Jetzt sei „nicht die Zeit für konservative Minister, die Champagnerkorken knallen zu lassen und einen Siegestanz aufzuführen“, sagte die Labour-Politikerin Rachel Reeves, die im Falle eines Wahlsieges Schatzkanzler Jeremy Hunt im Schatzamt ablösen würde. Nach 14 Jahren Chaos unter den Tories gehe es Familien in Großbritannien heute schlechter.

Mieten steigen kräftig

Wie die vom ONS ebenfalls vorgelegten Daten zum Wohnungsmarkt zeigen, hat die Inflation bei den privaten Mieten erstmals seit Dezember nachgelassen: von 9,2% auf 8,9%. In London fiel der Anstieg mit 10,8% am deutlichsten aus.

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