Derivatebörse

Londoner Börse stampft Curve Global wieder ein

Die defizitäre Derivatebörse sollte Deutscher Börse und Intercontinental Exchange im Geschäft mit Zinsfutures Konkurrenz machen. Nun kündigte die London Stock Exchange Group an, sie abzuwickeln.

Londoner Börse stampft Curve Global wieder ein

Von Andreas Hippin, London

Die London Stock Exchange Group hat die Nachricht des Tages in einer unscheinbaren Bekanntmachung von Curve Global versteckt. Wie der „Market Notice“ zu entnehmen ist, ist der 28.1.2022 der letzte Handelstag an der defizitären Derivatebörse, die den Rivalen Deutsche Börse und Intercontinental Exchange (ICE) im Geschäft mit börsennotierten Zinsderivaten Konkurrenz machen sollte. Die US-Terminbörse CME Group verabschiedete sich schon 2017 von CME Europe und CME Clearing Eu­rope, nachdem es ihr in drei Jahren nicht gelungen war, den europäischen Markt für sich zu erobern.

„Curve Global Ltd. hat mitgeteilt, dass nach einer strategischen Überprüfung des Geschäfts die Entscheidung getroffen wurde, die Gesellschaft abzuwickeln“, hieß es seitens des Londoner Marktinfrastrukturbetreibers auf Nachfrage. Eine Reihe von Produkten, in denen es keine offenen Positionen (Open Interest) gab, wurde mit unmittelbarer Wirkung vom Handel ausgesetzt, darunter die hauseigenen Schatz-, Bobl- und Bund-Futures und Sonia-Futures mit einer Laufzeit von einem Monat. Sonia (Sterling Overnight Index Average) ist der Nachfolger für den skandalgeplagten Referenzzins Libor (London Interbank Offered Rate). An der vom Regulierer verordneten Referenzzinsumstellung will Curve Global festhalten. Offene Positionen in Libor-Produkten werden zum Handelsschluss am 10. Dezember in Positionen in Sonia-Produkten umgewandelt. Bis zum letzten Handelstag sollen von den Mitgliedern keine Handelsgebühren mehr erhoben werden.

Als die Derivatebörse vor fünf Jahren an den Start ging, hatte man mehr zu sagen. Man wolle nichts weniger als eine „neue Zukunft“ für den Handel und das Clearing von Derivaten schaffen, sagte Andrew Ross, CEO von Curve Global, der gerade von Morgan Stanley gekommen war (vgl. BZ vom 27.9.2016). Die Logik war simpel: sinkende Kosten für die Kunden durch mehr Wettbewerb. Sie sollten die Möglichkeit bekommen, Zinsderivatepositionen zu verrechnen, so dass lediglich für die Nettoposition Sicherheiten hinterlegt werden müssen. Anfangs gehörten neben der LSEG Bank of America, Barclays, BNP Paribas, Citigroup, Goldman Sachs, J.P. Morgan und Société Générale auch die Chicago Board Options Exchange zu den Anteilseignern.

Patrick Young,  Herausgeber von „Exchange Invest“, nannte die Entscheidung­ zur Schließung von Curve Global „eine logische Reaktion auf die Krise von Refinitiv: Weg mit allem, was Geld verbrennt!“ Das helfe auf der Gewinnebene, während das Unternehmen die Krise meistere, die es sich selbst durch die 27 Mrd. Dollar schwere Übernahme des Fi­nanz­daten­anbieters auferlegt habe. Die Gruppe musste sich von der Borsa Italiana trennen, um den Segen der europäischen Wettbewerbshüter für den Deal zu bekommen.