Genossenschaftsbanken

Nebelkerzen zu geplatzter Fusion

Die Fusion zwischen den Vereinigten Volksbanken in Böblingen und der Volksbank Leonberg-Strohgäu ist gescheitert. Die Genossenschaftsbanken liefern ein Musterbeispiel schlechter Kommunikation.

Nebelkerzen zu geplatzter Fusion

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Dass Fusionsvorhaben zweier Kreditinstitute auch mal platzen können, kommt in den besten Bankenfamilien vor. So haben diese Woche die Vorstände der Vereinigten Volksbanken in Böblingen und die Volksbank Leonberg-Strohgäu ihren bereits avisierten Verschmelzungsprozess ab­geblasen und nebenbei ein Musterbeispiel schlechter Kommunikation abgeliefert. „Die Gremien beider Häuser sind zur Überzeugung ge­kommen, dass der Verschmelzungsprozess aus internen und externen Gründen abgebrochen wird“, liest es sich in einer Pressemitteilung.

Der geneigte Leser, der sich im Anschluss erhofft, diese Gründe nun erläutert zu bekommen, wird aber enttäuscht. Denn es heißt in der Folge, dass die einst im Januar geäußerte Verschmelzungsabsicht nicht mehr bestehe, man aber dennoch von den strategischen Vorteilen einer großen Volksbank überzeugt sei. Ja, was denn nun? Als wesentlichen externen Grund für den Abbruch nennen die beiden Häuser die aktuelle geopolitische Situation und die damit einhergehenden Implikationen für den Kapitalmarkt. Die Auswirkungen auf das Kunden- und Eigenanlagegeschäft der Häuser seien derzeit nicht abschließend bewertbar, schreiben die Institute weiter, ohne allerdings den Zusammenhang mit der geopolitischen Lage, womit wohl der Krieg in der Ukraine gemeint sein dürfte, zu erläutern. Nur so viel: „Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen für ein rückwirkendes Zusammenlegen der Bilanzen zum 1. Januar 2022 nicht uneingeschränkt gegeben.“ Eine solche Argumentation sorgt eher für neue Fragen, als dass sie Antworten gibt. Zumal just beide Vorstände für Verständnisfragen gestern nicht zu erreichen waren.

Stattdessen werden als interne Faktoren die unterschiedlichen Sicht- und Handlungsweisen der beiden Häuser genannt, „so dass die Gestaltung der neuen Prozesse und Strukturen außerordentlich ambitioniert sei“. Wenn damit ein handfester Krach der Verhandlungspartner ge­meint sein sollte, wäre er kunstvoll umschrieben. Dabei weisen insbesondere die Vereinigten Volksbanken jede Menge an Fusionserfahrung auf, ist sie doch aus den Instituten in Sindelfingen, Calw, Weil der Stadt, Schönbuch und zuletzt Reutlingen entstanden. Vergleicht man strukturelle Merkmale der beiden Häuser, ergeben sich durchaus Unterschiede. Während Leonberg-Strohgäu bei einem Geschäftsvolumen von 1,76 Mrd. Euro 34 828 Mitglieder aufweist, kommen die Vereinigten Volksbanken auf 5,1 Mrd. Euro Geschäftsvolumen und 79481 Mitglieder (jeweils 2021). Dabei entpuppt sich Leonberg als der kleinere Verhandlungspartner mit einem Betriebsergebnis vor Bewertung in Höhe von 0,79 % der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) als das profitablere Haus, kommen die Vereinigten doch nur auf 0,60 % der DBS. Auch beim Jahresüberschuss (2020) liegt Leonberg mit 1,98 Mill. (i.V.: 2,42) Euro knapp vor Böblingen mit 1,79 Mill. (4,81) Euro.

Natürlich kann es immer wieder vorkommen, dass man im Laufe des Fusionsprozesses auf unüberbrückbare Differenzen stößt. Um aber Kunden und Mitglieder über die Gründe zu informieren, braucht es eine klare Sprache, die auch Ross und Reiter benennt. In diesem Fall wirkt die dubiose, sich zum Teil widersprechende Argumentation eher wie Nebelkerzen, die die eigentlichen Gründe des gescheiterten Vorhabens verschleiern sollen.