Finanzvertrieb

Nur Mut, Honorarberatung funktioniert!

Die EU-Kommission erwägt ein Provisionsverbot für den Finanzvertrieb, europäische Branchenverbände halten dagegen. Die Honorarberatung habe sich als Alternative bewährt, schreibt Karl Matthäus Schmidt, CEO der Quirin Privatbank.

Nur Mut, Honorarberatung funktioniert!

Gefühlt zum 83. Mal wird politisch darüber diskutiert, ob Provisionen im Bankgeschäft abgeschafft werden sollten oder nicht – so war es auch in diesen Tagen in der Börsen-Zeitung zu lesen. Druck macht diesmal die EU. Gut so, denn schon lange ist ein Provisionsverbot in Deutschland fällig. Doch die Lobby der Banken ist die stärkste von allen, das ist im Lobbyregister des Deutschen Bundestages nachzulesen. Dabei wäre ein Verbot von Provisionen in der Bankberatung aus Anlegersicht mehr als wünschenswert, da Mifid II zwar zu einer besseren Kostentransparenz, nicht aber zu einer klaren Verbesserung der Beratungsqualität aus Kundensicht geführt hat. Bankkunden sind damit hierzulande immer noch schlechter geschützt als Autokäufer.

In der klassischen Beratung geht es nicht danach, was das Beste für den Kunden ist, sondern danach, wo die Bank die meisten Provisionen verdient. Provisionsfinanzierte Banken beraten nicht kostenlos, wie oft angenommen wird. Die Kosten sind nur nicht auf den ersten Blick erkennbar, trotz Mifid II. Ein Provisionsverbot könnte dafür sorgen, dass Bankkunden der Verkauf unpassender, falscher oder überteuerter Produkte erspart bliebe – und damit langfristig finanzieller Schaden. Denn als Anleger erkenne ich meist erst nach zwanzig Jahren oder mehr, ob ein Produkt gut und passend ist oder ob es nur den Zweck erfüllt hat, der Bank Provisionseinnahmen zu generieren. Deshalb muss die Beratung bei Produktabschluss von Provisionen unabhängig erfolgen, und das geht nur mit Honorarberatung.

Alle Banken könnten schon heute auf Honorarberatung umstellen, verdienen aber mit Provisionen deutlich mehr und werden daher freiwillig nie umsatteln. Deshalb wird es keinen Weg um ein Provisionsverbot geben, zumindest wenn man Bankkunden besser schützen möchte als die Banken. Hier haben wir in Deutschland einen erheblichen Rückstand gegenüber anderen Ländern – diese sind in Sachen unabhängige Beratung zum Teil viel weiter, etwa Großbritannien, die Niederlande und die USA. Dass die unabhängige Beratung nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis funktioniert, zeigt die Quirin Privatbank seit 2006.

Die häufigsten Vorurteile, die von der Provisionsindustrie regelmäßig gegen die Honorarberatung ins Feld geführt werden, sind allesamt nicht zutreffend. So ist die unabhängige Beratung gegen Honorar nicht teurer als die vermeintlich kostenlose Beratung der Provisionsbanken, Honorare werden in der Regel nicht auf Stundenbasis abgerechnet, sondern prozentual, und die Honorarberatung funktioniert wider aller Unkenrufe für alle Einkommens- und Vermögensklassen.

Das am häufigsten bediente Vorurteil wird dieser Tage selbst vom Bundesfinanzministerium genutzt: Es möchte Provisionen nicht verbieten, weil es eine Beratungslücke fürchtet. Dabei entsteht durch die Honorarberatung keine Beratungs­lücke, wie die Bankenlobby das seit Jahren proklamiert. „Viele Kunden hätten bei einem Provisionsverbot keinen Zugang mehr zu einer adäquaten Beratung“, lautet die Argumentation. Fakt ist aber: Die heutige Beratung ist keine Beratung, sondern plumper Produktverkauf. Wenn ich den Satzteil „adäquate Beratung“ durch „plumpen Produktverkauf“ ersetze, komme ich auf: „Viele Kunden hätten bei einem Provisionsverbot keinen Zugang mehr zu einem plumpen Produktverkauf.“ – und dann wiederum kann ich nur sagen: Na Gott sei Dank!

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