GastbeitragÜberarbeitung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie

Ökologische Bestandssanierung erfordert kluge Regulatorik

Bei der ökologischen Transformation von Bestandsimmobilien bewegt sich einiges. Die Frage ist nur, ob es in die richtige Richtung geht.

Ökologische Bestandssanierung erfordert kluge Regulatorik

Ökologische Bestandssanierung erfordert kluge Regulatorik

„Walking statt Talking“ – wer würde dieses Motto nicht unterstützen, wenn es um die ökologische Transformation des Gebäudebestands geht!? Und tatsächlich sind die europäischen und nationalen Gesetzgeber schon ein weites Stück gelaufen, nur leider nicht immer in die richtige Richtung und schon gar nicht im Einklang.

Dies zeigt sich gerade mal wieder bei der laufenden Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD – Energy Performance of Buildings Directive), bei der sich derzeit die sogenannten Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene schwierig gestalten. Unbestritten ist, dass die Energieeffizienz des Gebäudebestands signifikant verbessert werden muss. Die Vorstellungen des EU-Parlaments sind jedoch nicht realisierbar.

Praxisnaher Vorschlag

So soll nach dem Willen des Parlaments jedes einzelne Wohngebäude in Europa ab dem 1. Januar 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse E und ab dem 1. Januar 2033 mindestens die Effizienzklasse D erreichen. Praxisnäher sind da Überlegungen aus dem Kreis der EU-Mitgliedstaaten, die eine Verbesserung der durchschnittlichen Energieeffizienz des Gebäudebestands vorsehen, es aber den Mitgliedstaaten überlassen, wie sie das erreichen.

Um die auseinanderliegenden Positionen von EU-Parlament und nationalen Mitgliedstaaten zu überbrücken, kursiert der Vorschlag, sich zwar auf die Sanierung der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz zu fokussieren, aber ohne dies direkt an eine bestimmte Energieeffizienzklasse zu knüpfen und ohne konkrete Vorschriften auf Ebene der Individualgebäude zu erlassen.

Aus ökologischer Sicht ist es sinnvoll, bei diesen Gebäuden anzusetzen, da durch deren Sanierung die größte positive Wirkung für die Transformation des Bestands erzielt wird. Es droht jedoch ein Konflikt mit dem Ziel, weiterhin bezahlbaren Wohnraum auch für untere Einkommensschichten zur Verfügung zu stellen.

Zielkonflikt muss gelöst werden

Welche politischen Spannungen dieses Thema auslösen kann, hat man bei den Diskussionen über das sogenannte „Heizungsgesetz“ gesehen. Eine Lösung des Zielkonflikts zwischen notwendigen energetischen Sanierungen und dem Erhalt bzw. der Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist essenziell.

Erreichen lässt sich dies nur mit massiver Förderung durch die öffentliche Hand, die sich sowohl auf die Realwirtschaft als auch auf den Finanzsektor erstrecken muss. Während signifikante Förderprogramme Anreize für Eigentümer schaffen müssen, würden z.B. Bürgschaften für Bau- und Sanierungsdarlehen helfen, das Angebot an solchen Darlehen zu verbessern und gleichzeitig die Finanzierungskosten zu senken.

Über das Ziel hinaus

Die Erschwinglichkeit energetischer Sanierungen spielt auch eine Rolle bei der EPBD-Überarbeitung. Während der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission noch überwiegend auf Anreize setzte, schießt das EU-Parlament mit seinen Vorstellungen an einigen Stellen über das Ziel hinaus. So fordert das Parlament ein sogenanntes „Pay-as-you-save“-Produkt, bei dem die Kosten des Eigentümers für ein Darlehen nicht höher sein dürfen als die Einsparungen, die durch die energetische Sanierung erzielt werden.

Die Höhe der finanziellen Einsparungen hängt jedoch von vielen Faktoren ab, nicht zuletzt den Energiepreisen während der gesamten Laufzeit des Darlehens, so dass es schwierig ist, diesen Betrag ex ante zu schätzen und die monatliche Rückzahlung darauf abzustimmen. Abgesehen davon dürften die bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen nicht mit dieser Idee vereinbar sein.

Ebenfalls ein Schritt in die falsche Richtung stellen Überlegungen dar, Hypothekenkreditgeber zu zwingen, die durchschnittliche Energieeffizienz ihres Immobilienfinanzierungsportfolios auf ein Mindestniveau anzuheben. Die Entscheidung, die Energieeffizienz von Immobilien zu verbessern, liegt in der Verantwortung der Kreditnehmer als Eigentümer der Immobilien. Renovierungen können durch Finanzierungen des Kreditgewerbes zwar unterstützt, allerdings nicht erzwungen werden.

Unbeabsichtigte Folgen

Verpflichtende „Mortgage Portfolio Standards“ könnten zudem die unbeabsichtigte Folge haben, dass Kreditinstitute zur Finanzierung der leistungsfähigsten Gebäude gedrängt werden, um die Anforderungen an die Energieeffizienz ihres Hypothekenportfolios zu erfüllen.

Noch besteht Hoffnung, dass es solche Irrläufer nicht in die finale Fassung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie schaffen werden. Da die Positionen der Verhandlungspartner auf europäischer Ebene bei einigen Themen weit auseinanderliegen, könnte die Überarbeitung sogar komplett scheitern. Dies wäre insofern bedauerlich, als die Richtlinie auch einige sachgerechte Aspekte enthält, die bei der Finanzierung der nachhaltigen Transformation des Immobilienmarktes hilfreich wären.

Einheitliche Energieausweise

Dazu gehört der Plan, eine weitgehende Vereinheitlichung der Energieausweise in Europa zu schaffen. Zu begrüßen ist ferner die geplante Anforderung an die Mitgliedstaaten, zentrale Datenbanken für Energieausweise einzurichten. Damit die Kreditinstitute zur Finanzierung der Transformation des Gebäudebestands beitragen können, brauchen sie Zugang zu den Daten über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Hier hängt Deutschland im Vergleich zu den meisten europäischen Staaten weit hinterher.

Die derzeit diskutierten Änderungen der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie sind ein Beispiel dafür, dass „Walking statt Talking“ nur dann hilfreich ist, wenn in die richtige Richtung marschiert wird. Ansonsten droht die Regulierung die Transformation des Gebäudebestands zu behindern, anstatt zu fördern. Noch schlimmer ist es, wenn die Menschen auf diesem Weg nicht mitgenommen werden. Wenn Eigentümer und Mieter die Transformation als (finanzielle) Bedrohung ansehen, werden sie versuchen, diese Reise gänzlich zu verhindern.

Sascha Kullig

Mitglied der Geschäftsleitung des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken (VDP)

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