Johannes Laub

Portagon wird in Kreditwirtschaft sichtbarer

Das Fintech Portagon, das mit einem leichteren Zugang zum privaten Kapitalmarkt wirbt, hat das über seine Plattform aufgenommene Kapital 2021 um gut 40% auf 82 Mill. Euro gesteigert. Nun soll eine Beratungsstrecke für Bank- und Anlageberater die Sichtbarkeit erhöhen.

Portagon wird in Kreditwirtschaft sichtbarer

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Um seine Kundenbasis auszubauen, erhöht das Fintech Portagon seine Sichtbarkeit in der Kreditwirtschaft und in der Anlageberatung:  Die Gesellschaft, die mittels Digitalisierung kleineren Emittenten sowie Anlegern den Zugang zum privaten Kapitalmarkt ebnen will, hat für das zweite Halbjahr den Start einer eigenen Beratungsstrecke für Bank- oder Anlageberater in Angriff genommen.

Mit der Neuerung könnte das Software-Unternehmen, das als reiner Finanzanlagenvermittler unter Aufsicht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt operiert, seinem Anspruch näherkommen, „einen einfachen, unabhängigen und verlässlichen Zugang zum privaten Kapitalmarkt“ zu schaffen.

Dabei will die Frankfurter Gesellschaft auch weiterhin als White-Label-Anbieter als ausführendes Organ im Hintergrund agieren: Plant einer von derzeit knapp 300 Kunden eine Emission abseits des öffentlichen Kapitalmarktes, kann er diese mit Hilfe der Portagon-Software in Eigenregie oder mit Hilfe eines Intermediärs anbieten und vertreiben.

Neu allerdings ist, dass Bank- und sonstige Anlageberater solche Angebote Mifid-konform und reibungsfrei in ihren Beratungsprozess integrieren können sollen. Als Intermediäre hat Portagon in der Kreditwirtschaft bereits rund 20 Volksbanken, die BayernLB-Tochter DKB und die GLS Bank an Land gezogen, ferner diverse Anbieter von Kapitalanlagen wie Deutsche Finance – um Sparkassen hat sich das Unternehmen bisher vergebens bemüht. Solange die mit einer großen Kanzlei entwickelte Beratungsstrecke nicht steht, müssen interessierte Anleger allerdings die Website des jeweiligen Emittenten oder Intermediärs bemühen, um zu zeichnen. Für Banken ist die Portagon-Plattform Laub zufolge interessant, weil die Institute ihr etwa Teile von Finanzierungen zuleiten können, die sie nicht in vollem Volumen aufs eigene Buch nehmen wollen – die Sparkassen greifen in solchen Fällen bei großen gewerbliche Kreditengagements seit längerem auf ein verbundinternes Pooling zurück.

Komplett in der Cloud

Zugleich könnten Intermediäre via Portagon eigene Emissionen abwickeln, möglich sind dabei auch Kleinstemissionen wie jüngst durch einen badischen Anbieter handgerösteter Bio-Nüsse, wie Laub erklärt. Glaubt man dem Manager, sind den Volumina theoretisch dank Digitalisierung und einer skalierbaren, komplett in einer Cloud des Anbieters AWS laufenden Plattform weder nach unten noch nach oben kaum Grenzen gesetzt. In Anbetracht der Regeln zum Schutz von Retail-Anlegern sei es sogar einfacher, von kleinen Kunden auf große Investoren zu wechseln, als umgekehrt, sagt er.

Derzeit bemühe sich die Gesellschaft gleichwohl verstärkt darum, größere Kunden zu akquirieren. Sie zögen in der Regel kleinere Kunden mit, heißt es.  „Der Marktplatz lebt von den Intermediären“, sagt Laub, der als einer von zwei Gründern des Unternehmens als Losung formuliert: „Wir wollen nicht, dass gute Projekte mangels Zugang zum privaten Kapitalmarkt scheitern. Wir wollen das demokratisieren.“

Große Investoren haben schon vor längerer Zeit den privaten Kapitalmarkt entdeckt und streichen dort ansehnliche Illiquiditätsprämien ein. Auch Portagon freilich will Umsatz machen. Kunden berechnet das Unternehmen eine Nutzungsvergütung für seine Software sowie je nach Entgeltmodell 0,1 % bis 2 % des Emissionserlöses. Dies dürfte deutlich unter den Sätzen von Investmentbanken liegen, wo kleinere Emittenten für ein IPO in der Vergangenheit auch schon einmal 5 % berappten. 2021 kamen bei Portagon gut 5 Mill. Euro Umsatz zusammen. Der niedrigere steuerungsrelevante Kernumsatz, bestehend aus Software-Mieten und Nutzungsentgelten, erhöhte sich um knapp vier Fünftel. Das über die Plattform aufgenommene Kapital zog derweil um 43 % auf 82 Mill. Euro an. Da bietet der Markt, dem ein prozentual zweistelliges Wachstum prophezeit wird, noch Potenzial (siehe Grafik).

Die Idee, mittels Digitalisierung und einer skalierbaren Plattform gleichsam Private Equity und Private Debt jedermann zu ermöglichen, sofern dieser die Geeignetheitsprüfung nach Mifid II meistert, hat fraglos den Charme der Disruption: Wo sich Investmentbanken ihr Wissen über die Struktur der Investorenschaft in der Regel nicht schlecht vergüten lassen, verspricht der Software-as-a-Service-Anbieter Emittenten maximale Transparenz. Sie sollen während des Zeichnungsprozesses Einblick erhalten, wer etwa eine Schuldverschreibung zeichnet, und sie sollen diese Informationen etwa für die Vorbereitung eines IPO nutzen können. Die Daten gehörten den Kunden und würden nicht genutzt, heißt es. Seine Reichweite will das Fintech zudem mit einem bereits angelaufenen „Next Marketplace“ erhöhen, der Emittenten und Anleger, deren Präferenzen sich decken, einander empfehlen soll, um so die Idee eines Ökosystems zu forcieren – ohne dass Portagon einen Cent daran verdient, wie Laub betont.

Überzeugt hat das Konzept bisher Business Angel Andreas Krebs, Ex-Aufsichtsratschef von Merz Pharma, sowie Wagniskapitalgeber wie Blue Capital, Round2 Capital sowie die Vaillant-Familie. Nach einer 8,5 Mill. Euro schweren Finanzierungsrunde 2021 könnte bald eine Series-B-Finanzierung folgen; Gespräche laufen.

„In diesem Jahr werden wir nicht profitabel sein“, kündigt er an. Investitionen hätten Vorrang. Zu Buche schlägt nicht nur die Entwicklung der Beratungsstrecke, sondern auch der personelle Ausbau. Im laufenden Jahr will Portagon die Zahl der Beschäftigten auf 120 verdoppeln.

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