Transformation

Regulatorik soll Banken bei ihren Aufgaben unterstützen

Vor wenigen Tagen haben die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland vorgestellt. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum für dieses Jahr wurde auf 2,7% gesenkt. Die...

Regulatorik soll Banken bei ihren Aufgaben unterstützen

Vor wenigen Tagen haben die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland vorgestellt. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum für dieses Jahr wurde auf 2,7% gesenkt. Die Ge­meinschaftsdiagnose lautet: Die deutsche Wirtschaft muss sich auf schwierige Zeiten einstellen. Dabei sind wir doch schon mittendrin. Seit zwei Jahren stemmen wir uns gemeinsam gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Auch dank der Hilfe der öffentlichen Banken, die zügig durch Fördermittel, Darlehen und Kreditmoratorien unterstützt haben, ist unsere Wirtschaft vergleichsweise gut durch die Krise gekommen.

Der Krieg kam

Dann kam der Einmarsch Russlands in die Ukraine. Der Krieg ist in erster Linie eine menschliche Katastrophe. Die Bilder von Tod und Zerstörung sind kaum zu ertragen und lässt vieles andere in den Hintergrund rücken. Doch schon jetzt spüren wir auch die ökonomischen Auswirkungen des Konflikts deutlich.

Klar ist: Die deutsche Wirtschaft bleibt im Krisenmodus. Und ebenso wie während der Corona-Pandemie stehen die Banken auch jetzt als starker Partner an ihrer Seite. Sie stellen die Kreditvergabe an Unternehmen und Kommunen sicher und beraten ihre Kunden mit Erfahrung und Expertise. Damit tragen sie in diesen unsicheren und von Volatilität auch an den Finanzmärkten geprägten Zeiten maßgeblich zur Stabilität der Wirtschaft und des Finanzsystems bei.

Doch die Aufgabe der öffentlichen Banken beschränkt sich nicht auf ihre Funktion als Helfer in der Krise. Sie sind auch gefordert, die notwendige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit voranzutreiben. Dabei leisten sie durch die Finanzierung vielfältiger Projekte – von der Energiegewinnung und -einsparung über die Modernisierung der IT-Landschaften bis zum Wohnungsbau – einen zentralen Beitrag.

Helfer und Motor

Ihre doppelte Rolle – als Krisenhelfer und Transformationsmotor – ist ein Spagat. Um diesen zu bewältigen, müssen öffentliche Banken leistungsfähig sein und sich schnell und flexibel an neue Bedingungen anpassen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie in einem regulatorischen Umfeld agieren, das die Banken bei ihren wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben unterstützt – und nicht ausbremst.

Drei wesentliche Gründe sprechen dafür, dass es dafür jetzt einer zielgerichteten Überprüfung be­darf:

1.Veränderte Rahmenbedingungen: Wir befinden uns weiterhin im Krisenmodus und die wirtschaftlichen Nachwirkungen der Krisen werden uns noch lange begleiten. Für die Aufarbeitung und den wirtschaftlichen Wiederaufschwung werden alle verfügbaren Kräfte und Mittel benötigt. Banken müssen entsprechend Finanzierungsoptionen eröffnen und milliardenschwere Mammutprojekte managen. Hierfür müssen die Banken notwendige Ressourcen bereitstellen beziehungsweise aufbauen.

2.Neue Erfahrungswerte: Politik, Gesetzgeber, Aufsichtsbehörden und Banken haben in beiden Krisen praktische Erfahrungen ge­sammelt, an welchen regulatorischen Stellschrauben gedreht werden kann, um kurzfristig operative Entlastungen zu schaffen – ohne die Finanzstabilität zu ge­fährden. Diese Erkenntnisse sollten nicht einfach in der Schublade verschwinden. Vielmehr sollte auf diesen Erfahrungen aufgebaut werden, um auch mittel- und langfristige Entlastungsmöglichkeiten und Synergieeffekte zu nutzen.

3.Zeitfenster: Mit der Finalisierung beziehungsweise EU-Umsetzung von Basel III wird der Schlusspunkt der regulatorischen Initiativen nach der Finanzmarktkrise 2008 gesetzt. Ende 2023 endet planmäßig zu­dem die Aufbauphase des einheitlichen Ab­wick­lungsfonds (Single Resolution Fund SRF), der mittels jährlicher Beiträge von den Banken finanziert wird (Bankenabgabe). Die Gelegenheit, die regulatorischen Vorgaben auf einen Prüfstand zu stellen, ist daher entsprechend günstig.

Enge Verzahnung unerlässlich

Bei dem notwendigen Evaluierungsprozess des regulatorischen Rahmenwerks sind eine enge Verzahnung und Zusammenarbeit ­zwischen Politik und Aufsicht auf internationaler und europäischer Ebene unerlässlich. Nur so können die zahlreichen Querverbindungen zwi­schen den verschiedenen regulatorischen Themen betrachtet und Antworten auf übergeordnete Fragen gefunden werden, wie zum Beispiel:

In welchem Gesamtbild stehen die vielschichtigen Melde- und Offenlegungsanforderungen, die von verschiedenen Behörden er­hoben werden? Welche Daten werden wirklich gebraucht und auf welche können wir verzichten?

Wie können Synergiepotenziale, zum Beispiel zwischen dem von den Banken auszuarbeitenden ge­setzlichen Sanierungsplan und dem behördlichen Abwicklungsplan gehoben werden?

Sollte bei neuen Technologien stärker eine prinzipienorientierte Regulierung verfolgt werden, da eine regelbasierte Regulierung die Innovationskraft bremsen könnte?

Sollte die Green Asset Ratio, welche die Taxonomie-konformen Risikopositionen einer Bank ins Verhältnis zu den gesamten Risikopositionen setzt, nicht mindestens um von Kunden der Banken gewählte Finanzierungsformen er­weitert werden (Beispiel: Special Purpose Vehicle bei der Finanzierung von erneuerbaren Energien)?

Sollte der Abschluss der SRF-Aufbauphase nicht auch dahingehend genutzt werden, insbesondere die Berechnungsmethodik, die Nachvollziehbarkeit der Bescheide, die fehlende steuerliche Abzugsmöglichkeit sowie die Basisgröße „ge­deckte Einlagen“ anzupassen, um den aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten und der Risikoadäquanz der Banken gerecht zu werden?

Zügig Antworten finden

Auf diese und viele weitere Fragen müssen im Rahmen einer Evaluierung nun zügig Antworten gefunden werden. Doch damit ist es noch nicht getan. Im nächsten Schritt gilt es, ein klares und langfristiges Leitbild zu definieren, an dem der weitere regulatorische Fahrplan ausgerichtet wird. Dabei ist eines ganz klar: Ziel dieses Leitbildes muss es sein, die Banken bei ihrem schwierigen Spagat zu unterstützen.