Jens Rieken, Sparkassen Innovation Hub

Sparkassen tüfteln an bankfernen Produkten

In der Sparkassen-Finanzgruppe tüfteln die rund 30 Beschäftigten des S-Hub an neuen Produkten. Die zur Hamburger Star Finanz gehörende Denkfabrik bindet dabei Fintechs ein.

Sparkassen tüfteln an bankfernen Produkten

Von Tobias Fischer, Frankfurt

Der Sparkassen Innovation Hub (S-Hub), der sich als Innovationstreiber und Denkfabrik der Sparkassen-Finanzgruppe sowie als Anlaufstelle für Fintechs versteht, setzt sich verstärkt auch mit bankfernen Tätigkeiten auseinander. „Eine Fragestellung, mit der wir uns im Hub beschäftigen, sind Dienstleistungen und Produkte abseits des Banking. Wie können wir unseren Kunden damit Mehrwerte bieten, die erst einmal so gar nichts mit Konto und Geld zu tun haben?“, berichtet Jens Rieken im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Er ist Geschäftsführer der Hamburger Star Finanz, eines Anbieters von Online- und Mobile-Banking-Lösungen. Auch die Sparkassen-App hat Star Finanz gemeinsam mit Finanz Informatik (FI) und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) entwickelt. Die 1997 gegründete Gesellschaft, zu der auch der S-Hub gehört, ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der FI, des IT-Dienstleisters der S-Finanzgruppe. Star Finanz setzt Aufträge um, die zuvor in den entsprechenden Sparkassen-Gremien beschlossen worden sind.

Als ein Beispiel nennt Rieken S-Job, eine bis Ende des ersten Quartals in der Pilotierung befindliche Jobbörse zwischen Firmenkunden und jungen Privatkunden. Die Registrierung und Anmeldung erfolgt dabei über das Online-Banking. Arbeitgeber, z.B. aus dem Einzelhandel oder der Gastronomie, können auf der Plattform ihre Vakanzen angeben und jobsuchende junge Leute sich für Schichten einbuchen – ohne Vorstellungsgespräch und weiteren Verwaltungsaufwand. „Die Sparkassen sind vor Ort vernetzt, haben junge Kunden und Firmenkunden. Warum bringen wir sie nicht zusammen?“, fragt Rieken.

Wie aus derlei Anwendungsfällen und Netzwerken weitere Mehrwerte generiert werden können, stehe in der Diskussion. „Wir versuchen, diese Netzwerkfunktionalitäten digital noch viel mehr auszugestalten. Das muss man ausprobieren, um zu sehen, ob die Kunden es gut finden.“ Eine Möglichkeit für ein weiteres Anwendungsfeld mit Bezug zu der Jobbörse könnte sein, gleich die Gehaltsabrechnungen via Online-Banking abzurufen.

Gremien entscheiden

Innerhalb von sechs Wochen ist die Jobbörse Rieken zufolge eingerichtet worden. Die Vermittlung zwischen Jobsuchendem und -anbieter übernimmt ein Start-up, und in den Sparkassen lassen Firmenkundenberater das Angebot in die Gespräche einfließen. Aktuelle Partner in der Pilotierungsphase sind die Berliner Sparkasse und die LBBW-Privatkundentochter BW-Bank. Es würden immer Sparkassen eingebunden, um Kunden-Feedback zu erhalten. Wie das Projekt ausgeht, wird sich in den nächsten Monaten weisen. In entsprechenden Sparkassen-Gremien werde dann diskutiert und gemeinsam entschieden, ob die Jobbörse als Produkt in der S-Finanzgruppe angeboten wird oder nicht, ob es gegebenenfalls neu konzipiert, mit anderen Partnern oder Anwendungsfällen ausprobiert werden soll.

So wie an der Jobbörse arbeiten die rund 30 Hub-Beschäftigten an verschiedensten Produkten und Dienstleistungen. Experimentierfreude zeichnet sie wie die insgesamt 300 Mitarbeiter der Star Finanz aus. „Wir probieren viel aus – das ist eben der Kern des Hubs“, sagt Rieken. Antrieb seien zwei Faktoren, so der Geschäftsführer: „Wir wollen über den Tellerrand schauen und wissen, was kommt auf uns zu. Und wir wollen zu kritischen Diskussionen anregen.“ Wichtig ist für Rieken ebenso, dafür zu sorgen, dass Innovation nicht im Elfenbeinturm reift, sondern pragmatische Lösungen entstehen, die in kurzer Zeit in Produkte münden können.

Ein Beispiel für ein weiteres Betätigungsfeld ist Finanzerziehung. „Im Hub haben wir 2022 sehr viel gelernt über zielgruppenrelevante Ansprache, so in Bezug auf Female Finance und Finanzerziehung für die Jüngeren“, berichtet Rieken. „Wenn wir zielgruppengerechte Produkte auf den Markt bringen, bedarf es einer besonderen Kommunikation und sowohl vom Design der Produkte als auch von den Features her eine spezielle Herangehensweise.“

KI im Kreditprozess

Der S-Hub richtet seit 2017 alljährlich den Symbioticon aus, den Hackathon der Sparkassen-Finanzgruppe, der zuletzt im November in der Messe Frankfurt stattfand. Dabei treffen Beschäftigte aus der Sparkassen-Gruppe mit Experten, Entwicklern und Fintech-Vertretern aufeinander, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen, Lösungen und Produkte zu entwickeln. So ermögliche es etwa das Fintech Deep Neuron Lab, das an einem der Symbioticons teilgenommen hatte, eine digitale Kreditantragstrecke mittels künstlicher Intelligenz (KI) zu beschleu­nigen.

„Beantragt eine Firma ein Darlehen, ist das noch häufig in Sparkassen mit einem sehr händischen Prozess verbunden“, sagt Rieken. Deep Neuron Lab automatisiere diese Vorgänge weiter. Das Verfahren befinde sich aktuell in Sparkassen in der Erprobung. „Im S-Hub haben wir unterschiedliche, KI-bezogene Use Cases“, berichtet Rieken.

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