Privatkundengeschäft

Vom Bargeldversorger zum Multifunktionsgerät

Die Gesamtzahl der Geldautomaten in Deutschland ist seit dem Maximum von gut 61000 im Jahr 2015 zunächst gesunken, nimmt aber seit 2019 wieder zu und hat im vergangenen Jahr nahezu den Höchststand erreicht. Das geht aus Daten des Bundesverbandes...

Vom Bargeldversorger zum Multifunktionsgerät

fir Frankfurt

Die Gesamtzahl der Geldautomaten in Deutschland ist seit dem Maximum von gut 61000 im Jahr 2015 zunächst gesunken, nimmt aber seit 2019 wieder zu und hat im vergangenen Jahr nahezu den Höchststand erreicht. Das geht aus Daten des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken hervor. Gleichwohl zeigt sich demnach bei den Genossenschaftsbanken sowie den Sparkassen ein anderes Bild. In diesen beiden Säulen der Kreditwirtschaft schrumpfte die Zahl der Geldautomaten zuletzt. Verfügten genossenschaftliche Institute Ende 2019 noch über knapp 17700 Geldautomaten, so waren es Ende 2020 gut 17300. Auch von den Sparkassen wurden in diesem Zeitraum 400 Geldautomaten abgebaut, womit zum Jahresende 23200 verblieben, heißt es vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband.

Die in der Gesamtschau steigenden Zahlen der jüngeren Vergangenheit dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Geldautomaten in der Bundesrepublik aller Wahrscheinlichkeit nach seltener werden. Dafür sprechen die in der Pandemie in die Höhe geschnellten Kartenzahlungen, der voranschreitende Filialabbau, die Möglichkeit, Bargeld z.B. in Supermärkten abheben zu können, und natürlich die Betriebskosten.

15000 Euro Betriebskosten

Je nach Standort beliefen sich die Betriebskosten pro Automat und Jahr auf bis zu 15000 Euro, in Einzelfällen deutlich mehr, heißt es von der Arbeitsgemeinschaft Geldautomaten. Sie vertritt die Interessen der unabhängigen Geldautomatenbetreiber, die den Angaben zufolge rund 4000 Geldautomaten hierzulande unterhalten. Ins Kontor schlagen demnach vor allem die Mieten. Hinzu kommen Personal-, Instandhaltungs-, Bestückungs-, Verwaltungs- und Versicherungskosten.

„Der reine Geldausgabeautomat wird wohl über Jahrzehnte bestehen bleiben, aber die Funktion wird sich weiterentwickeln“, sagt Oliver Geiseler, Leiter Digital Financial Services bei der Beratungsgesellschaft Capco. Seines Erachtens wird die Bargeldversorgung nicht mehr wie bisher im Vordergrund stehen. „Sie werden zu multifunktionalen Geräten weiterentwickelt, die grundsätzlich alles bieten, was man von zu Hause aus online oder mobil machen kann.“ Denn nicht jeder fühle sich online versiert genug oder wünsche daheim Online-Gespräche mit dem Bankberater, sei es, weil dort die Ruhe fehlt, sei es, weil sich der Kunde nicht ins traute Heim blicken lassen möchte. Vorstellbar seien etwa Bankberatungen via modifiziertem Geldautomaten oder die Sofort-Vergabe von Konsumentenkrediten, und zwar dort, wo der Kunde direkten Bedarf hat. „Beispielsweise könnte sich der Kunde an einem Automaten im Einkaufszentrum über die Girocard authentifizieren und einen Konsumentenkredit beantragen, der sofort ausgezahlt würde“, beschreibt Geiseler ein mögliches Szenario.

Die Deutsche Kreditwirtschaft verweist auf den Aufschwung bargeldlosen Bezahlens schon vor der Corona-Pandemie. Der Zusammenschluss der kreditwirtschaftlichen Verbände geht zwar davon aus, dass viele Kunden auch nach der Pandemie dabei bleiben und öfter zur Karte oder zum Smartphone greifen, glaubt aber auch, dass Bargeld die Deutschen noch lange begleiten wird. Dementsprechend würden die Banken und Sparkassen die flächendeckende Bargeldversorgung weiter sicherstellen, heißt es.

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