Nachhaltigkeit

Aufsicht und Standardsetzer werben für grüne Übergangspläne

Anspruch und Wirklichkeit der nachhaltigen Transformation war das Motto des Green Finance Forum. Bundesbanker, Wirtschaftsweise, Banker und Standardsetzer sehen noch etliche Mängel.

Aufsicht und Standardsetzer werben für grüne Übergangspläne

Aufsicht und Standardsetzer werben für ESG-Pläne

Auf der Euro Finance Week fordern Experten einheitliche Berichtsstandards für den Übergang von Unternehmen in eine klimaneutrale Wirtschaft

Anspruch und Wirklichkeit der nachhaltigen Transformation war das Motto des Green Finance Forum auf der Euro Finance Week in Frankfurt. Bundesbanker, Wirtschaftsweise, Banker und Standardsetzer beschrieben ihre Sicht der Entwicklung und zeigten die kommenden Herausforderungen auf.

wbr Frankfurt

Die uneinheitliche Berichterstattung von Unternehmen zum Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft ist nach Ansicht von Branchenexperten eine wesentliche Hürde in der nachhaltigen Kapitalanlage. Unter dem Motto „Changing or pretending – between ambition and reality“ fand am Dienstag im Rahmen der Euro Finance Week das Green Finance Forum statt. Dabei gibt es um Themen wie Finanzierung der Transformation, Einsatz von grünen Investments und Allokation des Kapitals in nachhaltige Verwendungen.

Standards messen Transition

Die Bedeutung von ESG-Standards hob Emmanuel Faber hervor. Der Fachmann wurde mit Gründung des International Sustainability Standards Board (ISSB) vor zwei Jahren zum ersten Vorsitzenden berufen. Er sieht insbesondere eine erhebliche Wirkung von guten ESG-Standards auch auf die Kapitalallokation. Wichtig sei es dazu, dass alle Beteiligten bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung eine Sprache sprechen. Hier sei der ESG-Standardsetzer gut vorangekommen.

Geringere Segmentierung

Aus Sicht von Faber führen Normen im Bereich der Nachhaltigkeit zu einer geringeren Segmentierung des Marktes und damit zu einer höheren Effizienz. Wichtig sei es aber auch, die verschiedenen Ansätze zusammenzuführen.

Faber verweist in dem Zusammenhang auf ein gutes Zusammenspiel des global tätigen ISSB und der IFRS-Standards der europäischen Efrag. Für ihn sind Nachhaltigkeitsstandards auch ein Werkzeug, um zu messen, wie stark die Transformation in der Wirtschaft und in der Finanzbranche vorangeschritten sei.

Berichte bislang unterschiedlich

Für Sabine Mauderer von der Deutschen Bundesbank spielen die Transitionspläne, die den Übergang aufzeigen, eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Finanzbranche und der Unternehmen in Richtung mehr Nachhaltigkeit. Mauderer, seit 2018 als Vorstand der Bundesbank zuständig unter anderem für Märkte und Nachhaltigkeit, hat allerdings beobachtet, dass Transitionspläne bislang sehr unterschiedlich und kaum vergleichbar seien.

Das fange schon damit an, dass in manchen Unternehmen ein Plan für fünf Jahre aufstellt werde, in anderen Unternehmen für 15 Jahre. Transitionspläne unterschieden sich stark. In einigen Fällen umfassten sie mehr als 100 Seiten, während in anderen Fällen die Vorgehensweise auf acht Seiten zusammengefasst sei.

Es muss aus Sicht von Mauderer daran gearbeitet werden, vorzugeben, was in einem Transitionsplan enthalten sein soll. Gute Zukunftsplanung mit Zielen und Meilensteinen sei essenziell, um langfristige Verpflichtungen mit konkreten Maßnahmen in Einklang zu bringen.

Klimaziele zu wenig

Die gute Planung des Übergangs mache es auch einfacher, Risiken zu managen, so die Bundesbankerin. Gerade für noch nicht grüne Unternehmen seien Transitionspläne wichtig. Mauderer unterstrich, dass es für Unternehmen nicht mehr ausreiche, ein Ziel für Klimaneutralität zu formulieren. Es müsse ein klarer Weg des Übergangs aufgezeigt werden. 

Die Frage der Kapitalallokation liegt Ulrike Malmendier auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit auf dem Green Finance Forum am Herzen. Die Professorin für Finanzmarktökonomik an der University of California ist seit 2022 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Es komme darauf an, wieder ein höheres Wachstum zu erreichen und die Verlangsamung der Wachstumsraten der vergangenen Jahre zu beenden. Nur dann sei man in der Lage, auch eine Transformation zu finanzieren. 

Wir müssen das Tempo der Risikofinanzierung erhöhen.

Ulrike Malmendier

Zu den wichtigen Maßnahmen zählt aus Sicht von Malmendier unter anderem eine stärkere Nutzung der Kapitalmärkte zu Finanzierung. Gerade junge Unternehmen, die etwa im Bereich Wasserstoff- oder Batterietechnologie tätig seien und somit vielversprechende Ideen hätten, sollten sich einfacher über Kapitalmärkte finanzieren können. „Wir müssen das Tempo der Risikofinanzierung erhöhen“, sagte sie. Hilfreich wäre es nach ihren Worten auch, wenn in Europa und insbesondere in Deutschland Pensionsfonds nach dem US-amerikanischen Typ entstehen würden.

Nicht nur institutionelle Investoren sollten demnach stärker in Risikokapital gehen, sondern auch Privatanleger. Investierten Privatleute vermehrt in Kapitalmarktprodukte, könne auch auf diesem Weg die Transformation unterstützt werden.

„Noch nicht genug“

Wie stark die Finanzbranche die Wirtschaft im Bereich ESG unterstützt, unterstrich Werner Hoyer, Chef der Europäischen Investitionsbank (EIB). Sein Haus finanziere seit Jahren Unternehmen im Bereich CO2-Neutralität. Aber das sei noch nicht genug. Ein Problem der Klimafinanzierung seien die Bürokratie und die Komplexität der Regulierung. Beides hemme die wirtschaftliche Entwicklung und Transformation.

Als Beispiel nennt er die Taxonomie, die sehr ausgefeilt sei, aber auch für Unternehmen machbar sein müsse. Eine weitere Herausforderung ist für den EIB-Chef, der Ende des Jahres aus dem Amt scheidet, die Technologie. In vielen Branchen wie etwa Luftfahrt oder Stahl stünden keine Verfahren zur Verfügung oder seien nicht wirtschaftlich. Daher müsse man Transition und technologische Entwicklung immer im Zusammenhang sehen.

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