KREDITWÜRDIG

2021 engen sich die Bond-Spreads weiter ein

Von Michael Klawitter *) Börsen-Zeitung, 26.11.2020 Das Jahr 2020 ist ausgehend von der Spread-Ausweitung im März und April von einer anhaltenden Rally an den Kreditmärkten gekennzeichnet gewesen, wo temporäre Rückschläge bei Unternehmens-, Bank-...

2021 engen sich die Bond-Spreads weiter ein

Von Michael Klawitter *)Das Jahr 2020 ist ausgehend von der Spread-Ausweitung im März und April von einer anhaltenden Rally an den Kreditmärkten gekennzeichnet gewesen, wo temporäre Rückschläge bei Unternehmens-, Bank- und Staatsanleihen aus der Euroland-Peripherie immer wieder schnell als Kaufgelegenheiten wahrgenommen worden sind. Trotz der inzwischen im historischen Vergleich engen Spreads spricht vieles dafür, dass sich an diesem Handelsmuster auch im kommenden Jahr wenig ändern wird und es attraktiv bleibt, auf die Vereinnahmung von Carry zu setzen. Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) über verschiedene Kanäle angeheizte Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot am Anleihemarkt und die Überzeugung bei Investoren, dass sich die EU allmählich in Richtung einer Transferunion bewegt, bieten Unterstützung. Ein “Entgleisen” des positiven Ausblicks für Spread-Produkte würde eines sich nachhaltig verschlechternden konjunkturellen Ausblicks bedürfen, der dann mit einer Welle von Herabstufungen bei den Kredit-Ratings einherginge. Konjunkturelle UnsicherheitDies erscheint angesichts der sich abzeichnenden Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung gegen Covid-19 eher unwahrscheinlich. Auch wenn auf Sicht der nächsten Wochen und Monate die konjunkturellen Unsicherheiten hoch bleiben, spricht die ab Frühjahr kommenden Jahres dann voraussichtlich zunehmende Verfügbarkeit von Impfstoffen für eine allmähliche Normalisierung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in den Industriestaaten. Bis der Status quo von vor der Krise wieder erreicht sein wird, dürfte es jedoch noch bis weit ins Jahr 2022 dauern. Damit werden die Bank- und Unternehmensbilanzen genauso wie die öffentlichen Haushalte noch in den kommenden Jahren die Narben der Coronakrise widerspiegeln. Doch solange die konjunkturelle Entwicklung eine allmähliche Verbesserung der Bilanzrelationen erlaubt und die EZB von ihrem aktuellen geldpolitischen Kurs nicht abweicht, sollte dies kein Grund für anhaltende Sorgen an den SpreadMärkten sein. Fundamentale Fragen bei der Bewertung dürften von technischen Faktoren wie dem Ungleichgewicht von Emissionsvolumen und Nachfrage und den so steigenden Knappheitsprämien überlagert werden.Die von den Maßnahmen der EZB direkt und indirekt ausgehenden Auswirkungen auf das Marktgeschehen an den Kreditmärkten können nicht hoch genug bewertet werden. Bei der kommenden EZB-Sitzung am 10. Dezember wird vermutlich weiter nachgelegt und neben Dauer und Volumen der Anleihekäufe wird die EZB auch das bestehende TLTRO-Programm rekalibrieren. Die Wirkungskette der voraussichtlichen Anhebung und Verlängerung der PEPP-Käufe bis mindestens Ende 2021 auf Spreads ist dabei recht eindeutig. Bei Staatsanleihen aus der Eurozone wird die EZB auch 2021 mit Nettoanleihekäufen (Staatsanleihen) von voraussichtlich über 800 Mrd. Euro die Nettoemissionen der öffentlichen Hand mehr als vollständig absorbieren und “normale” Investoren aus dem Markt drängen. Vor allem in Deutschland, Italien und Spanien werden die Nettoemissionen bereinigt um die EZB tief ins Minus abtauchen. Die Kombination aus anhaltend tief negativen Renditen in der Kernunion sowie konstruktiven Äußerungen der Ratingagenturen zur Peripherie bieten dortigen Anleihen Unterstützung. Deutlich steilere Renditekurven und damit klar positive Ertragsaussichten sollten Kapitalzuflüsse privater Investoren in die Peripherie ebenfalls stärken. Der Spread zehnjähriger BTPs über Bunds sollte sich in den nächsten Monaten Richtung 100 Basispunkte (BP) bewegen.Jenseits von Staatsanleihen dürften Spreads von Bankanleihen am stärksten von den Maßnahmen der EZB beeinflusst bleiben. Mit Blick auf Covered Bonds erfolgt dies einerseits über die stetigen Käufe der EZB (32 Mrd. Euro seit März). Hinzu kommt, dass die ultragünstigen TLTRO-Konditionen zu einer Veränderung des Funding-Mix bei Banken führen. Vor allem Senior- Bankanleihen werden durch die TLTRO-Liquidität von der EZB ersetzt und Neuemissionen gehen zurück. So reduzierte sich z. B. das ausstehende Anleihevolumen bei Senior-Anleihen deutscher Banken seit Ende 2019 um mehr als 50 Mrd. auf zuletzt noch 251 Mrd. Euro. Entsprechend hoch sind die Knappheitsprämien und Neuemissionen werden stark überzeichnet. Diese Entwicklung dürfte sich angesichts der erwarteten zeitlichen Ausdehnung des TLTRO-Programms auch 2021 fortsetzen, wobei in den aktuellen Spreads ein gewisser Anstieg der Kreditausfälle schon berücksichtigt sein sollte.Das TLTRO-Programm hat auch starken Einfluss auf Neuemissionen von Covered Bonds. Denn auch wenn die Substitution von Covered Bonds durch TLTRO-Liquidität wenig verbreitet ist, verändern die ultragünstigen TLTROs die Ausgestaltung der Neuemissionen. Anstatt die Covered-Bond-Emissionen am Markt zu platzieren, werden sie von den Emittenten einbehalten und als Sicherheit für TLTRO-Funding benutzt. In diesem Jahr entfielen darauf in der Eurozone etwa 170 Mrd. Euro an Covered Bonds. Nur knapp 70 Mrd. Euro wurden dagegen am Markt platziert. Bei Pfandbriefen stieg der als Sicherheiten bei der EZB hinterlegte Bestand seit Ende 2019 von 31 % des ausstehenden Volumens auf zuletzt 52 % (Q3 2020) und der Free Float bei Pfandbriefen reduzierte sich entsprechend. Diese Entwicklung, die sich auch 2021 fortsetzen dürfte, wenn auch verlangsamt, führt zu einem Nachfrageüberhang, der sich an den stark überzeichneten Orderbüchern ablesen lässt. Entsprechend hoch sind und bleiben die Knappheitsprämien, und fundamentale Argumente verlieren als Treiber für Spreads an Bedeutung. Gedämpfte VolatilitätBei Unternehmensanleihen aus der Eurozone beruht der Einfluss der EZB im Wesentlichen auf den anhaltenden Nettokäufen, die sich bisher in diesem Jahr auf 59 Mrd. Euro summierten. Vor allem in Phasen temporärer Schwäche stellen diese Käufe ein Sicherheitsnetz dar, das die Spreadvolatilität auch 2021 dämpfen wird. Zusätzliche Unterstützung sollten Unternehmensanleihen von der sich 2021 abschwächenden Emissionstätigkeit erhalten. Seit dem Ausbruch der Coronakrise haben Unternehmen ihre Liquiditätspolster massiv hochgefahren, was sich am Anstieg ihrer Einlagen bei Banken ablesen lässt. Der Aufbau der Liquidität erfolgte dabei wesentlich über Anleiheemissionen. Angesichts rückläufiger Konjunkturrisiken dürften Unternehmen in den kommenden Quartalen versuchen, diese teure Liquidität nun wieder abzubauen. Niedrigere Neuemissionen sollten damit auch hier weiter hohe Knappheitsprämien begründen. Ähnlich wie bei Staats- und Bankanleihen verlieren damit auch bei Unternehmensanleihen fundamentale Bewertungsmaßstäbe an Bedeutung und High-Beta-Namen mit schlechterem Rating sollten outperformen können. Solange sich das Konjunkturbild damit nicht nachhaltig deutlich verschlechtert, bleibt der Ausblick für Euro-Spread-Produkte 2021 konstruktiv. *) Michael Klawitter ist im Floor Research der DekaBank tätig.