Aktienanalyse

Alphabet-Aktionäre profitieren von Monopol

Man kann Alphabet, die Muttergesellschaft von Google, trotz anfänglicher Ertragsprobleme durchaus als einen der großen Gewinner der Coronakrise ansehen. Auf Sicht von einem Jahr hat die Aktie rund 40% hinzugewonnen und damit mehr als der...

Alphabet-Aktionäre profitieren von Monopol

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Man kann Alphabet, die Muttergesellschaft von Google, trotz anfänglicher Ertragsprobleme durchaus als einen der großen Gewinner der Coronakrise ansehen. Auf Sicht von einem Jahr hat die Aktie rund 40% hinzugewonnen und damit mehr als der technologielastige Nasdaq100 sowie der US-Benchmarkindex S&P500. Und in den wenigen Wochen seit Jahresanfang hat sich der Titel bereits um fast 20% verteuert.

Äußerst angetan von der Aktie sind auch die Analysten. Von 43 Investmenthäusern, die laut Factset die Aktie auf ihrem Radarschirm haben, raten nicht weniger als 36 zum Kauf. Vier Analysten stufen Alphabet mit „Overweight“ ein und gerade einmal zwei Anlageexperten legen ihren Kunden nahe, sich von dem Titel zu trennen. Gemäß dem Durchschnitt der Analystenerwartungen dürfte sich der Kursanstieg auch weiter fortsetzen. Kollektiv vorausgesagt wird ein Kursziel von 2344 Dollar in zwölf Monaten, ausgehend von aktuell 2088 Dollar. Das wäre dann immerhin ein Kursanstieg um rund 12%.

Rasantes Wachstum

Untermauert wird die positive Kursentwicklung von einem rasanten Umsatzwachstum. 2016 erreichte der Konzern noch Erlöse von 89,7 Mrd. Dollar, im abgelaufenen Turnus waren es schon 182,4 Mrd. Dollar. Gegenüber 2019 ist das ein Anstieg von 13% – und das im Krisenjahr 2020, das Alphabet anfangs auch zu spüren bekam. Der Gewinn wurde nach einem kurzen Einbruch zu Beginn der Krise im Gesamtjahr sogar um 17% auf 40,3 Mrd. Dollar gesteigert. Der Konzern gehört mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von 1,4 Bill. Dollar zu den wenigen Unternehmen, die die Schallmauer von 1 Bill. Dollar überwunden haben.

Die Bewertung ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Schätzungen für die Ergebnisse der kommenden zwölf Monate von 36,7 anspruchsvoll. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Gewinnmarge absolut sehen lassen kann. Im Jahr 2020 betrug die Marge brutto 53,5%, netto immerhin noch 22,1%. Die Eigenkapitalrendite liegt bei 19% und die Rendite auf das investierte Kapital bei 17,4%. Im vierten Quartal betrug die operative Marge satte 28%, bei einem um 69% gesteigerten Gewinn von 15,7 Mrd. Dollar.

Keine Konkurrenz

Derartige Werte sind im Grunde nur möglich, weil es sich bei dem Konzern in seinen Hauptgeschäftsfeldern um einen Quasi-Monopolisten handelt. Dies betrifft zum einen die Google-Suchmaschine, zum anderen die Videoplattform Youtube. In beiden Bereichen gibt es keinen einzigen Konkurrenten, der auch nur ansatzweise mithalten kann. Im Grunde ist es auch undenkbar, dass es ein Konkurrent auf absehbare Zeit schaffen könnte, in diese Bereiche einzubrechen und sich nennenswerte Marktanteile zu erobern.

Dies ist eigentlich nur für den Fall zu erwarten, dass der Konzern einen schwerwiegenden Fehler begehen sollte – so wie es jetzt Facebook mit den geänderten Nutzungsbedingungen seiner Messaging-Plattform Whatsapp beinahe passiert wäre. Grundsätzlich gibt es aber noch eine andere Gefahr für den Konzern und seine Aktionäre. In der amerikanischen Geschichte sind mehrfach Monopole vom Staat zerschlagen worden. Dies passierte beispielsweise 1911 dem Ölkonzern Standard Oil und 1984 dem Telefonmonopol AT&T. Seither hat sich zwar politisch viel geändert. Die amerikanischen Kartellbehörden haben sehr viel Macht eingebüßt, während andererseits der Einfluss von Großkonzernen auf US-Regierung und Kongress stark zugenommen hat, was Washingtons Handlungsfähigkeit in dieser Hinsicht stark einschränkt – wenn man denn überhaupt aktiv werden wollte.

Alarmglocken läuten

Allerdings stellte die US-Regierung unter Präsident Donald Trump entsprechende Überlegungen an, was bei den Unternehmensgründern und Großaktionären Larry Page und Sergey Brin sowie CEO Sundar Pichal wohl die Alarmglocken hat läuten lassen. Der Konzern hat sich jedenfalls – sobald klar war, dass es keine weitere Amtszeit Trumps geben wird – eindeutig auf die Seite der Demokratischen Partei geschlagen und damit begonnen, von den Demokraten politisch abweichende Meinungen in seiner Google-Suchmaschine, vor allem aber auf Youtube flächendeckend zu zensieren. Dies ist ein in der US-Geschichte im Grunde – mit Ausnahme der McCarthy-Ära – ungewöhnlicher Vorgang. Das Vorgehen dürfte aber erfolgreich sein: Der neue Präsident Joe Biden hat zwar Pläne für viele Vorhaben vorgestellt. Überlegungen, die großen amerikanischen Technologie- und Internet-Monopole zu zerschlagen, befanden sich aber nicht darunter. Die Aktionäre dürften aufatmen.

Damit bleibt allerdings bis auf weiteres die hohe Abhängigkeit von den Werbeeinnahmen bestehen. Und wie bei Monopolisten üblich, zeigt sich der Konzern in Bereichen, in denen es nennenswerte Konkurrenz gibt, auch deutlich weniger erfolgreich. Im Gegensatz zum Cloud-Platzhirsch Amazon kommt Alphabet in diesem Bereich auf deutlich geringere Marktanteile und schreibt rote Zahlen. Immerhin gelang in diesem Bereich jüngst eine groß angelegte Partnerschaft mit Ford, die den Bereich Cloud, aber auch Android betrifft. Gleichwohl kam die Cloud-Sparte 2020 auf einen hohen Verlust von 5,6 Mrd. Dollar und eine operative Marge von –43%. Aber als Monopolist lässt sich so etwas ja quersubventionieren.

Verluste in anderen Sparten

Verluste schreiben auch die anderen Geschäftsaktivitäten, die Alphabet bezeichnenderweise „Other Bets“ („Andere Wetten“) nennt. Mit künstlicher Intelligenz im Bereich Deepmind und selbstfahrenden Fahrzeugen unter dem Namen Waymo lässt sich noch nicht erkennen, wann der Konzern damit Geld verdient. Gescheitert ist das Projekt Loon, das Internet in entlegene Bereiche der Welt bringen sollte. Vor dem Aus stehen soll auch die Gaming-Plattform Stadia.

Auch wenn Alphabet weiterhin von den Werbeeinnahmen abhängig bleiben wird, Aktionäre können sich weiter auf satte Monopolgewinne freuen. Daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern, da das Verhältnis zur Politik wieder hervorragend ist.