Eher Cognac als Bier

Berenberg sieht unter Trump Spirituosenhersteller gegenüber Brauereikonzernen im Vorteil

Eher Cognac als Bier

Lange Zeit galt ein starkes Standbein außerhalb der gesättigten Industrieländer für Brauereikonzerne und Spirituosenhersteller als großer Pluspunkt. Mit dem unter Trump erwarteten Protektionismus könnte sich das einer Studie der Berenberg Bank zufolge ändern.amb Frankfurt – Trotz einiger Herausforderungen sieht die Berenberg Bank in der Spirituosen- und Bierbranche für Aktienanleger noch einige Chancen. Grundsätzlich seien die Unternehmen gut aufgestellt und punkteten mit hohen Margen, stabilen Wachstumsraten und hohen Cash Conversion Rates, heißt es in einer Studie der Privatbank. Allerdings könnten Spirituosenhersteller in Zukunft im Vorteil sein gegenüber Brauereikonzernen. Favoriten sind bei den Herstellern von Hochprozentigem Campari und Diageo, bei den Brauereikonzernen ist es Anheuser-Busch InBev. Alle anderen Konzerne werden nur auf “Hold” gestuft. Die Kursziele werden fast durchweg reduziert.Die Spirituosen- und Bierbranche muss sich nach Ansicht der Berenberg Bank 2017 zwei großen Themen stellen: der Konkurrenz durch Craft-Biere und -Spirits, also handwerklich produzierter Biere und Spirituosen, und dem neuen US-Präsidenten. Craft gilt als Megatrend in der Branche. Besonders Millenials stehen offenbar auf regionale und handgemachte Alkoholgetränke mit Lokalbezug, produziert von kleinen Brauereien und Brennereien, die unabhängig von den Großkonzernen sind. Im Brauereimarkt sind die Craft-Anbieter auch schon extrem erfolgreich: Craft-Biere machten laut Studie 2015 schon 12,2 % am gesamten Bierumsatz in den USA aus, in Kanada 11 %, auch in Europa stiegen die Marktanteile. Siegeszug von Craft BeerDer Markt für hochwertige Destillate und Liköre mit Regionalbezug boomt ebenfalls, doch ist der Anteil am Gesamtmarkt mit nur 2,2 % in den USA noch klein. Dennoch: Laut Studie ist die Zahl der sogenannten Mikrobrennereien in den USA seit 2010 um 28 % p. a. auf 1 315 im August 2016 geklettert. Das kann nicht ohne Folgen bleiben: Die Analysten gehen davon aus, dass das die großen Konzerne die neue Konkurrenz zu spüren bekommen werden. Story erforderlichMit einer ähnlichen Entwicklung wie im Brauereimarkt sei allerdings nicht zu rechnen. Dafür nennen sie mehrere Gründe: Zum einen hätten schon viele Hochprozenter Craft-Charakteristika und eine “Story” – offenbar braucht nämlich jeder gute Schnaps oder Likör heute eine interessante Geschichte über die Entstehung.Darüber hinaus sei es für kleinere Brennereien extrem schwer, auf schwarze Zahlen zu kommen, viel schwerer als für Brauereien. Auch sei der Vertrieb eine Herausforderung, da die großen Konzerne hier viel Macht hätten. Darüber hinaus seien Marketingausgaben immer noch größter Ausgabenblock für Spirituosenhersteller, und die Großen könnten hier von Skalenerträgen profitieren. Nicht zuletzt hätten die Hersteller von Hochprozentigem schon früh auf die neue Konkurrenz reagiert – ganz anders als die Brauereikonzerne. WachstumsbremseMehr Sorgen machen sich die Analysten wegen des neuen US-Präsidenten Trump. Setze der tatsächlich auf Protektionismus, würden die Karten in der Branche neu gemischt. Viel Geschäft in Schwellenländern, bislang als Vorteil angesehen, werde dann zum Nachteil. Das ist auch der Grund, weshalb die Brauereibranche nach Ansicht der Analysten gegenüber den Spirituosenherstellern den Kürzeren ziehen könnte, denn in den Emerging Markets seien vor allem europäische und amerikanische Biere beliebt, weniger die Spirituosen. “Trump-Profiteure” sind für die Experten Brown-Forman, Diageo und Campari. Nachteilig für alle Aktien sei unterdessen der US-Zinsanstieg, der Aktien im Vergleich zu Anleihen generell unattraktiver macht. Konsumgüterwerte sind davon besonders betroffen, da sie wegen der teils hohen Dividendenrenditen einer der Hauptprofiteure der Niedrigzinsphase waren. Der Zinsanstieg ist auch Auslöser für die zahlreichen Kurszielreduzierungen. Als “Game Changer” sehen die Analysten im Übrigen eventuelle Unternehmenssteuersenkungen in den USA, die kämen vor allem US-Unternehmen zugute, etwa Brown-Forman. Aperol sorgt für StimmungLaut Berenberg Bank sind Campari und Diageo relative Gewinner der “Trumponomics”, Anheuser-Busch InBev ist der Favorit unter den Bierbrauern. Der italienische Spirituosenhersteller Davide Campari-Milano wird auf “Buy” gestuft, das Kursziel wird allerdings von 11,90 auf 10,20 Euro (aktuell 9,31 Euro) reduziert. Grund für den Optimismus: Die Marke Aperol laufe weiter extrem gut – nicht nur in Italien, Deutschland, der Schweiz und Österreich. Begrüßt wird auch die Übernahme des Orangenlikörherstellers Grand Marnier. Die Campari-Aktie müsste nach Ansicht der Analysten zu einem Aufschlag gehandelt werden. Für den Gewinn je Aktie werden für 2016 bis 2018 0,35 Euro, 0,43 Euro und 0,47 Euro prognostiziert.Zweiter auf der Empfehlungsliste ist der für seine Marken Johnnie Walker und Smirnoff bekannte britische Spirituosenkonzern Diageo, das Kursziel liegt jetzt bei 21,40 statt 24 Pfund (aktuell 20,43 Euro). Die zuletzt positive Entwicklung der Cash-flows und des Umsatzes wird sich nach Ansicht der Analysten fortsetzen. Diageo werde organisch nicht so stark wie Campari wachsen, für möglich gehalten werden aber immerhin 4 % p. a., auch angesichts des gut laufenden US-Geschäfts mit den Whisky-Marken Crown Royal und Bulleit. Die Ergebnisschätzungen werden für 2016 bis 2018 ganz leicht gesenkt auf jetzt 1,06 Pfund, 1,15 Pfund und 1,24 Pfund je Aktie. Steigende GewinnmargenUnter den Bierbrauern ist Anheuser-Busch InBev die Nummer 1 der Berenberg Bank (“Buy”), doch auch hier wird das Kursziel gesenkt, und zwar von 124 auf 112 Euro (aktuell: 97,83 Euro) . Durch den Kauf von SABMiller sei die Abhängigkeit von Schwellenländern zwar gestiegen, der Konzern erwirtschafte aber einen Großteil der Gewinne in den USA. Die Übernahme von SAB Miller wird positiv gesehen, der neue Großkonzern und Branchenprimus werde bis 2020 der am schnellsten wachsende Bierbrauer weltweit sein. Prognostiziert wird ein Umsatzwachstum von 5,5 % p. a. sowie steigende Gewinnmargen. Die erwarteten “Trumponomics” seien zwar nicht so positiv für Anheuser-Busch InBev, die Fundamentaldaten stimmten aber. Die Analysten rechnen für den Gewinn je Aktie mit 4,26 Euro, 5,22 Euro und 5,96 Euro für 2016 bis 2018. Viele Hold-EinstufungenFür den US-Hersteller von Whisky, Wodka, Likör, Tequila, Champagner und Wein Brown-Forman lautet das Votum nur “Hold”, das Kursziel wird von 49 auf 46 Dollar gesenkt (aktuell 45,92 Dollar). Der französische Konzern Rémy Cointreau wird von “Sell” auf “Hold” hochgestuft, den Analysten zufolge hat sich Gewinndynamik verbessert, der US-Cognac-Markt boome weiter. Das Kursziel von 69 Euro liegt allerdings deutlich unter der aktuellen Notierung von 79,94 Euro.Unverändert auf “Hold” gesetzt wird der französische Spirituosenhersteller Pernod Ricard, als Kursziel werden jetzt 93,60 statt 102,50 Euro (aktuell 100,95 Euro) genannt. Ebenfalls auf “Hold” stehen die Brauereikonzerne Heineken aus den Niederlanden (Kursziel 64 statt 76 Euro, aktuell 70,01 Euro) und Carlsberg aus Dänemark (Kursziel 577 statt 616 dkr, aktuell 585,50 dkr).