IM INTERVIEW: HANS-JÖRG FRANTZMANN, FIDELITY

"Emerging-Markets-Anleihen attraktiv"

Asset Manager: Hervorragende Möglichkeiten zur Diversifizierung - Aktives Investment gefragt

"Emerging-Markets-Anleihen attraktiv"

Durch das Niedrigzinsumfeld fokussieren sich die Investoren zunehmend auf Alternativen zu Staatsanleihen bester Bonität. Dazu zählen auch Schwellenländeranleihen, die im zurückliegenden Jahr unter starken Druck geraten sind. Die Börsen-Zeitung hat Hans-Jörg Frantzmann, Leiter Institutional Asset Management bei Fidelity Worldwide Investment in Deutschland, zu seiner Einschätzung dieser Asset-Klasse befragt.- Herr Frantzmann, sind Schwellenländeranleihen Ihrer Einschätzung nach interessant?Emerging-Markets-Anleihen sind im Vergleich zu anderen Anleihesegmenten in der Tat attraktiv. So bieten Hartwährungs- und Lokalwährungs-Staatsanleihen mehr Rendite als etwa auf Dollar und Euro lautende Hochzinspapiere, und zwar bei insgesamt besserer Bonitätsqualität. Nach dem überkauften Niveau, dass Mitte 2013 erreicht wurde, befinden sich die Renditen jetzt in einem guten mittleren Bereich. Die auf Dollar lautenden Staatsanleihen weisen einen Aufschlag auf Treasuries von 330 Basispunkten auf, nachdem zuvor teilweise Aufschläge unterhalb von 300 Basispunkten erreicht worden waren.- Sollten sich Investoren jetzt in der Asset-Klasse engagieren?Ich würde hier zunächst auf den Unterschied zwischen taktischem und strategischem Engagement hinweisen. In Deutschland werden Emerging-Markets-Anleihen nach wie vor überwiegend unter kurzfristigen taktischen Erwägungen betrachtet. Im Ausland ist man da schon weiter und sieht die Asset-Klasse auch unter langfristigen strategischen Gesichtspunkten. Das halte ich für sinnvoll. Abgesehen von dem überlegenen Wachstumspotenzial der Schwellenländer bietet die Asset-Klasse im Rahmen eines Renten-Portfolios hervorragende langfristige Möglichkeiten zur Diversifizierung. Die Korrelation mit Hochzinsanleihen oder dem Barclays Global Aggregate Index ist recht gering.- Welche Ergebnisse konnte man denn in der Vergangenheit durch die Beimischung von Schwellenländerpapieren erzielen?Durch die Beimischung konnte man deutlich höhere Erträge bei einer im Vergleich dazu relativ geringfügig höheren Volatilität erzielen. Im Zeitraum von 2004 bis 2013 erzielte ein Bondportfolio mit einem Anteil der Emerging Markets von 25 % einen Ertrag von rund 74 % bzw. annualisiert 5,7 % im Vergleich zu 54,7 % bzw. 4,5 % bei einem traditionellen globalen Bondportfolio. Die Volatilität betrug 6,6 % im Vergleich 5,9 % beim herkömmlichen Portfolio. Dadurch ergibt sich ein wesentlich günstigeres Verhältnis von Ertrag zu Volatilität zu Ertrag von 87 % im Vergleich zu 76 %.- Und wie sehen Sie Schwellenländer-Anleihen unter taktischen Gesichtspunkten?Ich glaube, dass wir zum Jahreswechsel den besten Einstiegspunkt bereits gesehen haben. Aber die Renditen sind immer noch im attraktiven Bereich. Entscheidend ist aber nach meiner Ansicht, dass Investoren überlegen sollten, von einer taktischen auf eine strategische Allokation von Emerging-Markets-Anleihen umzuschwenken. Mit Hartwährungstiteln geht man zwar bestimmte Credit-Risiken ein, durch Local-Debt-Papiere zusätzlich Währungsrisiken. Insgesamt erzielt man aber eine bessere Portfoliostruktur.- Wie ist es um die Anlagemöglichkeiten im Local-Debt-Bereich bestellt?In den zurückliegenden Jahren ist ein Engagement im Lokalwährungsbereich wesentlich leichter geworden. Der Markt ist sehr stark gewachsen, vor allem in China, und die Liquidität hat sich deutlich verbessert. Nicht zuletzt wird das Emissionswachstum durch die steigende Nachfrage der wachsenden Mittelschicht nach Finanzprodukten unterstützt. Zudem kommen laufend neue Emittenten in den Markt, was die Diversifizierungsmöglichkeiten erweitert. Hierbei spielen Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Sie werden zunehmend in die Weltwirtschaft integriert und reduzieren durch Lokalwährungsschuldtitel ihr Kreditrisiko. Ein weiterer wichtiger Trend sind immer länger werdende Laufzeiten; Mexiko hat sogar eine Anleihe mit einer hundertjährigen Laufzeit aufgelegt. Das zeigt ein zunehmendes Vertrauen der lokalen wie auch der externen Kreditgeber.- Wie sollten Investoren im Emerging-Markets-Bereich vorgehen?Meiner Meinung nach muss das Thema aktiv angegangen werden. Die Schwellenländer bieten gute Chancen für aktives Management; es ist wesentlich leichter als in den entwickelten Märkten, attraktive Werte herauszupicken. Research lohnt sich noch, ist allerdings auch notwendig. So sind soziopolitische Analysen notwendig, wie derzeit beispielsweise die Türkei und Thailand zeigen. Im Corporate-Bereich ist ein höherer Credit-Research-Aufwand unerlässlich. Unter Transparenz- und Corporate-Governance-Gesichtspunkten gibt es in den Schwellenländern noch Probleme.- Wie beurteilen Sie die makroökonomische Seite?Die Schwellenländer sind viel besser aufgestellt als noch während der Krisen der 90er Jahre. Die externe Verschuldung bewegt sich jetzt um 25 % des Bruttoinlandsprodukts, nachdem sie Ende der 90er Jahre noch bei 35 bis 40 % lag. Die Währungsreserven haben von ca. 10 % auf mehr als 26 % des Bruttoinlandsprodukts erhöht. Die makroökonomischen Risiken haben sich reduziert. Allerdings muss man die steigende Verschuldung des Privatsektors vor dem Hintergrund des nachlassenden Wirtschaftswachstums im Auge behalten.—-Das Interview führte Christopher Kalbhenn.