Argentiniens Angebot fällt bei Gläubigern durch

Im Gegenzug für geringen Schuldenschnitt müssten Investoren über Jahre auf Zinsen verzichten

Argentiniens Angebot fällt bei Gläubigern durch

Von Andreas Fink, Buenos AiresArgentiniens wichtigste Gläubiger haben das ihnen präsentierte Angebot zur Umschuldung abgelehnt und verlangen von der Regierung neue Verhandlungen. Eine Gruppe, zu der die Fonds AllianceBernstein, Amundi, Ashmore, BlackRock, Bluebay Asset Management, Fidelity und T. Rowe Price Associates gehören, erklärte, sie werde den Vorschlag zur Abschreibung von Schulden ausländischen Rechts über 66,2 Mrd. Dollar nicht akzeptieren. Die Mitglieder dieser Vereinigung halten mehr als 25 % der nach 2016 ausgegebenen argentinischen Anleihen und mehr als 15 % der Bonds, die bei der jüngsten Umschuldung ausgegeben wurden. Zuvor hatte bereits die vom Schwellenländerspezialisten Greylock angeführte andere Vereinigung ACC die Offerte abgelehnt.Das Angebot sieht vor, dass Gläubiger ihre Anteile in neue Papiere umtauschen, deren Zinssätze bei null beginnen und erst ab 2023 allmählich ansteigen, so dass sich ein Durchschnittssatz von 2,33 % ergibt. Wenn auch der Schuldenschnitt auf das Kapital mit 5,4 % (3,6 Mrd. Dollar) relativ gering ausfiele, würde der Abschlag auf die Zinsverpflichtungen insgesamt 37,9 Mrd. Dollar ausmachen. Der überwiegende Teil des Geldes würde zudem erst im folgenden Jahrzehnt zurückgezahlt.Den Investoren ist das zu wenig und zu spät. Vor allem die Aussicht darauf, jahrelang keinen Cent aus Argentinien zu sehen, könnte viele Anleger dazu veranlassen, den Rechtsweg einzuschlagen. Die epische Auseinandersetzung mehrerer Hedgefonds mit der argentinischen Regierung, die 2016 mit der vollen Auszahlung ausgefallener Werte endete, war ein Präzedenzfall, der neue Verfahren deutlich beschleunigen könnte.Argentinien könnte auf die Gläubiger zugehen, wenn es ab dem kommenden Jahr zumindest einen kleinen Teil der Zinszahlungen wieder aufnähme. Auch wenn der gesamtwirtschaftliche Schaden durch die Coronakrise erheblich ausfallen werde, habe das Land in den kommenden Jahren durchaus Spielraum, schätzt etwa Marcos Buscaglia, Chef der Beraterfirma Alberdi Partners. Aber das sei letztlich eine politische Entscheidung. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet ein Minus des Bruttoinlandsprodukts von 5,7 % in diesem Jahr.Buscaglia, vormals Lateinamerika-Chefvolkswirt von Merrill Lynch, sieht ein Schisma innerhalb der Regierung. Der 37-jährige Finanzminister Martín Guzmán, der vor seiner Berufung zum Finanzminister an der Columbia University gemeinsam mit dem Wall-Street-kritischen Nobelpreisträger Joseph Stiglitz über Umschuldungsprogramme geforscht hatte, sagte bei der Präsentation des Angebots vorige Woche, Argentinien könne nicht mehr anbieten. Das Land benötige drei Jahre ohne Verpflichtungen, um die eigene Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und so die Basis für eine Rückzahlung zu legen. Am Wochenende bekräftigte Guzmán diese harte Linie gegenüber einem Online-Medium, das der Vizepräsidentin Cristina Kirchner nahesteht. Viele Gläubigervertreter sehen Guzmán als Dogmatiker unter dem Einfluss der Ex-Präsidentin, die schon 2014 einen Default in Kauf nahm, um sich nicht der US-Rechtsprechung zu beugen.Präsident Alberto Fernández hingegen soll, erfuhren Gläubigervertreter, Guzmán gedrängt haben, eine Einigung mit den Investoren zu suchen. Eine neunte Pleite würde nicht nur den argentinischen Staat, sondern auch alle Unternehmen über Jahre von ausländischen Krediten abschneiden. Nach zehn Jahren ohne Wachstum und konfrontiert mit den Folgen eines strikten Lockdowns, könne sich das Land Fernández zufolge keinen neuen Zahlungsausfall leisten, zitieren lokale Medien Quellen aus dem Umfeld des Präsidenten. Diese Vermutung haben auch die Gläubiger. Am heutigen Mittwoch müsste Argentinien 500 Mill. Dollar an Zinsen für eine Anleihe aus 2016 zahlen. Die Gnadenfrist dieses Papiers endet am 22. Mai.