Beißhemmung bei Managergehältern

Von Stephan Lorz, Frankfurt Börsen-Zeitung, 20.3.2013 Geht es um Forderungen nach Steuererhöhung bei Spitzeneinkommen oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer, so kennt Berthold Huber, der Chef der Industriegewerkschaft Metall, kein Pardon. Er...

Beißhemmung bei Managergehältern

Von Stephan Lorz, Frankfurt Geht es um Forderungen nach Steuererhöhung bei Spitzeneinkommen oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer, so kennt Berthold Huber, der Chef der Industriegewerkschaft Metall, kein Pardon. Er ist auch nicht verlegen, wenn es dabei um die genaue Bezifferung der Zusatzbelastung geht: Der Spitzensteuersatz müsste auf 49 % angehoben, eine Vermögensteuer von 2 % eingeführt werden. Sein Motto: Starke Schultern sollen auch stärker belastet werden.Dagegen hält er sich bei der Debatte um grotesk überzogene Managergehälter auffällig zurück. Eine “oberste Grenze” könne nicht gezogen werden, sagte er vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW). Auch für die Festlegung auf ein Vielfaches des Durchchnittsgehalts in Unternehmen gebe es keine Maßstäbe. Er räumt nur ein, dass “bei zweistelligen Millionengehältern die soziale Marktwirtschaft in Verruf” komme. Statt einer Deckelung schlägt er lediglich vor, die steuerliche Absetzbarkeit von Jahresgehältern über 500 000 Euro zu streichen.Im Einzelfall, betont Huber, seien es aber sehr wohl die Gewerkschaften, die auf niedrigere Managergehälter dringen würden im Rahmen der Mitbestimmung. So sei der Verzicht von VW-Chef Martin Winterkorn auf 5 Mill. Euro Bonus für das Geschäftsjahr 2012 auf das Betreiben der IG Metall erfolgt. Sonst wäre das Salär von nun 14,6 Mill. Euro an die 20-Millionen-Grenze gestoßen. Der Erfolg zeige auch, so Huber, dass der Aufsichtsrat das richtige Gremium für Gehaltsfragen sei und nicht die Aktionärsversammlung, wie jetzt etwa von der FDP gefordert. Denn in der Regel stellten in der Hauptversammlung institutionelle Investoren die Mehrheit und würden in dieser Frage nie gegen die Verwaltung agieren. Entsprechende Forderungen von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle bezeichnete er deshalb als “Irreführung” und “Luftnummer”. Was die richtige Balance bei den Managergehältern angeht, so verlangte er lediglich einen “gesellschaftlichen Diskurs”.Die Weigerung der Gewerkschaft, sich bei der Frage nach dem richtigen Maß bei Managergehältern an die Spitze der Debatte zu stellen, kontrastiert stark mit den markigen Worten, die sie sonst bei anderen Themen wählt. Bei der Diskussion über Reich und Arm in Deutschland mischen sich die Arbeitnehmervertreter ja auch ein. Womöglich will es sich die Gewerkschaft mit den Verhandlungspartnern bei den Tarifauseinandersetzungen einfach nicht verderben. Insofern kommt die Zurückhaltung in der Gehälterfrage wohl eher einer Beißhemmung gleich.Aber auch in den Tarifauseinandersetzungen scheint die IG Metall nie in die Vollen zu gehen. Nicht die hohe Produktivität in der Branche ist der Maßstab für Tarifforderungen, sondern die niedrigeren gesamtwirtschaftlichen Effizienzgewinne. Es gebe aber keine bewusste Lohnzurückhaltung, verteidigt sich Huber. Manchmal, so bekennt er, fehle einfach die Kraft.—–IG-Metall-Chef Berthold Huber über den Segen der Mitbestimmung und die Lohnpolitik—–