EU-Aufbaufonds

Bundestag gibt grünes Licht für Kreditaufnahme

Der Bundestag hat in Berlin den Weg für eine direkte Kreditaufnahme der EU-Kommission in der Corona-Pandemie frei gemacht. Die Abgeordneten ratifizierten in Berlin den EU-Eigenmittelbeschluss. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstrich im Plenum, dass der EU-Fonds nicht als Dauerinstrument angelegt sei.

Bundestag gibt grünes Licht für Kreditaufnahme

wf Berlin

Als unabdingbaren Beitrag dazu, die Pandemie gemeinsam bewältigen zu können, hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Aufbau des Resilienzfonds „Next Generation EU“ bezeichnet und bei den Abgeordneten im Bundestag um Zustimmung geworben. „Der europäische Resilienzfonds, der europäische Aufbaufonds, ist ein nie dagewesener Fonds“, sagt Merkel. Die Mitgliedstaaten stellten damit die Weichen für ein digitales, klimafreundliches und damit auch krisenfestes zukünftiges europäisches Wachstum, sagte die Kanzlerin. Die Bundesregierung verhandele in diesen Tagen mit der EU-Kommission über die letzten Aspekte des deutschen Programms. Es soll noch im April im Kabinett verabschiedet werden.

Merkel betont erneut die Bedeutung des gemeinsamen europäischen Handelns. „Bei allen Beschwerlichkeiten glaube ich, dass sich in der Pandemie wieder gezeigt hat, dass es gut ist, dass wir diese Europäische Union haben“, sagte die Kanzlerin. Mit Blick auf die protektionistischen Tendenzen und die Weltlage sei es richtig gewesen, dass Deutschland während seiner Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 die Weichen für wichtige gemeinsame europäische Vorgehensweisen gestellt habe. „Dieser Aufbaufonds ist ein einmaliges, zeitlich und dem Zweck nach eng begrenztes Instrument“, stellte Merkel klar. Die Ansichten über die eigenständige Kreditaufnahme der EU gehen indessen auseinander. Während die CDU/CSU die Besonderheit der Lage betont und den Schritt als einmalig ansieht, nennt die SPD den Aufbaufonds einen „überfälligen Schritt“ in Richtung Fiskalunion. Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte deutlich gemacht, man solle die EU-Hilfen nicht als einmalige Aktion ansehen.

Viel Geld im Topf

Mit dem Eigenmittelbeschluss wird die EU-Kommission vor allem ermächtigt, Mittel bis zu 750 Mrd. Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. Zugleich korrigiert der Eigenmittelbeschluss die bisherige Finanzgrundlage der EU wegen der Auswirkungen der Pandemie auf das EU-Bruttonationaleinkommen. Berücksichtigt wird auch der Austritt Großbritanniens. Der Aufbaufonds kann erst Kredite aufnehmen und Mittel auszahlen, wenn alle Mitgliedstaaten den Beschluss ratifiziert haben. Damit wird in Berlin spätestens im Sommer gerechnet. Bislang haben 14 Staaten den Beschluss ratifiziert.

Die Mittel werden laut Gesetzentwurf ausschließlich zur Bewältigung der Pandemiefolgen vergeben. Die als Zuschüsse und nicht als Darlehen vergebenen Gelder werden aus dem EU-Haushalt zurückgezahlt. Der Bundestag billigte den Eigenmittelbeschluss in namentlicher Abstimmung. Die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen, der FDP und der Grünen unterstützten den Gesetzentwurf. Die AfD hatte Ablehnung angekündigt, Mitglieder der Linksfraktion enthielten sich.

Im Haushaltsauschuss hatten die Koalitionsfraktionen zusätzliche Berichtspflichten der Bundesregierung zum EU-Aufbauinstrument „Next Generation EU“ eingefordert. Die Bundesregierung muss das Parlament nun „regelmäßig, zeitnah und umfassend“ über den Entwicklungsstand des Aufbaufonds informieren. Die FDP scheiterte mit dem Antrag, dass die Kreditaufnahmeermächtigung automatisch ausläuft und nicht verlängert werden darf. Auch der FDP-Versuch, die Tilgung vor 2028 beginnen zu lassen, fand keine Mehrheit. De AfD lehnt den Aufbaufonds rundweg ab. Eine Verfassungsklage soll verhindern, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterzeichnet – damit würde es nicht wirksam. Rund 80% der Ausgaben hätten nichts der Pandemie zu tun, argumentiert die AfD. Erst einmal muss sich an diesem Freitag der Bundesrat mit dem Gesetz befassen.

Der Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer Forschungsinstitut ZEW unterstützte das Vorgehen beim Aufbaufonds zwar grundsätzlich als richtig, weil einige hoch verschuldete Euro-Staaten so leichter an die nötigen Gelder zur Krisenbewältigung kämen, sieht aber Probleme in der Ausgestaltung. „Die Details des Eigenmittelbeschlusses haben es in sich“, konstatierte Heinemann. Deutschland akzeptiere de facto eine unbegrenzte Haftung für alle EU-Coronaschulden. Zudem fehlten verbindliche Regeln für eine zügige Tilgung. Wichtige EU-Akteure seien für einen Einstieg in eine permanente EU-Verschuldung, warnte der Ökonom . „Der Bundestag hätte in seinem Zustimmungsgesetz deshalb viel mehr Sicherungen einbauen müssen.“