CDU und CSU suchen Kompromiss

Einigungsversuch zwischen Seehofer und Merkel - Fraktion beschwört die Einheit

CDU und CSU suchen Kompromiss

Die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag soll trotz des Streits über die Migrationspolitik halten. Das bekräftigten Abgeordnete aus beiden Parteien nach einer gemeinsamen Sitzung. Am späten Nachmittag trafen sich die Spitzen von CDU und CSU, um nach Möglichkeiten einer Annäherung zu suchen. wf Berlin – Noch kurz vor der gemeinsamen Sitzung der Delegationen von CDU und CSU im Adenauer-Haus zündelte CSU-Parteichef und Bundesinnenminister Horst Seehofer. Die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, griff er scharf an. “Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist”, sagte Seehofer am Montag der “Süddeutschen Zeitung”. Am späten Nachmittag hatten sich Vertreter beider Parteien zu einem wohl letzten Einigungsversuch getroffen. Seehofer hatte am Sonntag mit Rücktritt gedroht, nachdem seine Kompromissvorschläge zur Asylpolitik bei Merkel nicht gefruchtet hatten. Die Vorschläge wurden nicht offiziell bekannt gemacht, ebenso wenig wie der Masterplan Seehofers, der Auslöser des Zerwürfnisses war. Für den späten Abend war ein Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD anberaumt. Am frühen Nachmittag hatte die Unionsfraktion gemeinsam getagt. Abgeordnete von CDU und CSU versicherten, die Fraktionsgemeinschaft müsse bestehen bleiben. Inhaltliche Diskussion gab es dem Vernehmen nach nicht. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters im CDU-Bundesvorstand davor gewarnt, dass die Unionsparteien “am Abgrund” stünden. Merkel und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt appellierten in der Fraktionssitzung, dass sich beide Seiten einigen müssten. “Der Wunsch, das zu lösen, ist groß”, sagte Merkel nach Teilnehmerangaben laut Reuters. Dobrindt sprach von einem “lösbaren Problem” und erinnerte an die jahrzehntelange Fraktionsgemeinschaft der Union. Rücktritt als Drohung Seehofer hatte nach einer stundenlangen Sitzung der CSU in München in der Nacht zum Montag seinen Rücktritt angeboten, ihn aber auf Drängen anderer CSU-Politiker wieder zurückgenommen. Er nannte eine neue Frist für eine mögliche Einigung mit der CDU bis zu seinem 69. Geburtstag am Mittwoch. Die CSU dringt mehrheitlich weiter darauf, dass die Bundesregierung neben den auf EU-Ebene getroffenen Maßnahmen zur Verringerung der Migration auch nationale Schritte ergreifen müsse. Dazu soll die Zurückweisung von Flüchtlingen gehören, die in anderen EU-Staaten registriert sind. Während Seehofer die Beschlüsse des EU-Gipfels als nicht ausreichend bezeichnete, sieht die CDU-Spitze dies anders. Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ging auf Distanz zu seiner Parteispitze.Sollte die CSU ihre Drohung umsetzen und Seehofer im Alleingang die von CDU und SPD abgelehnten Zurückweisungen an der Grenze anordnen, müsste Merkel nach Ansicht führender CDU-Politiker den Innenminister entlassen. Damit könnte die Koalition brechen. Als möglicher Kompromiss wurde in Unionskreisen laut Reuters genannt, dass die CSU der Kanzlerin mehr Zeit für die Umsetzung der Beschlüsse auf europäischer Ebene gibt. Die CDU könne ihrer Schwesterpartei die Zurückweisung einer weiteren Gruppe von Flüchtlingen anbieten.Am Sonntagabend hatte sich der CDU-Bundesvorstand mit einer Enthaltung hinter Merkel gestellt. “Einseitige Zurückweisungen wären das falsche Signal an unsere europäischen Gesprächspartner”, heißt es in einem Beschluss. Zugleich wird betont, beide Unionsparteien wollten die Zuwanderung “ordnen, steuern und begrenzen”.An dem Spitzengespräch nahmen laut Reuters für die CDU Merkel, Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Fraktionschef Volker Kauder sowie die fünf CDU-Vizevorsitzenden teil. Die CSU kommt mit Seehofer, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Generalsekretär Markus Blume, Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Verkehrsminister Andreas Scheuer, dem Parlamentarischen Geschäftsführer Stefan Müller und Digitalisierungsstaatsministerin Dorothee Bär in die CDU-Zentrale.