Energiekrise

Debatte über EU-Milliarden lebt auf

In der EU gibt es unterschiedliche Vorstellungen, woher das Geld für ein Energiepaket kommen soll. Auch ein Vorstoß aus Brüssel für neue Schulden sorgt für Wirbel.

Debatte über EU-Milliarden lebt auf

rec Frankfurt

Vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise nimmt die Debatte über Milliardenvorhaben auf EU-Ebene Fahrt auf. Die nationalen Finanzminister haben Pläne der EU-Kommission abgenickt, Energie-Investitionen der EU-Staaten mit insgesamt 20 Mrd. Euro zu bezuschussen. Sie haben aber andere Vorstellungen als die EU-Kommission, wie diese Zuschüsse zu finanzieren sind. Zudem entspinnt sich eine Kontroverse über einen neuen, schuldenfinanzierten EU-Fonds, um die Folgen hoher Energiepreise abzumildern.

Ausgangspunkt der Diskussionen über eine gemeinsame Aufnahme neuer Schulden ist ein Vorstoß aus der EU-Kommission. Am Rande der Treffen von Eurogruppe und Euro-Finanzministern machten sich die EU-Kommissare Paolo Gentiloni und Thierry Breton für einen EU-Fonds nach dem Vorbild des Kurzarbeiterprogramms Sure aus der Coronakrise stark. Während die Grünen im EU-Parlament Unterstützung signalisierten, äußerten führende Vertreter der Bundesregierung Skepsis.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies nach einem Gespräch mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte im Kanzleramt auf den Corona-Wiederaufbaufonds: „Da haben wir ein riesiges Programm von zusammen 750 Mrd. Euro, von dem das allermeiste Geld noch nicht in Anspruch genommen worden ist, aber gerade jetzt besonders wirksam sein kann.“ Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte in Luxemburg: „Diese Krise unterscheidet sich von der Corona-Pandemie sehr deutlich.“ Aus Reihen der Grünen, die in Berlin zusammen mit SPD und FDP regieren, kam hingegen Zustimmung: „Wir brauchen einen Europäischen Investitionsfonds, um in Energieunabhängigkeit zu investieren und unsere europäische Wirtschaft zu stützen“, schrieb der Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, im Kurznachrichtendienst Twitter. „Wer national Milliarden einsetzt, darf in Brüssel nicht bremsen.“

Anlass sind Äußerungen zweier EU-Kommissare. Wirtschaftskommissar Gentiloni sagte am Rande des Finanzministertreffens: „Wenn wir eine Zersplitterung vermeiden und diese Krisen bewältigen wollen, brauchen wir meiner Meinung nach ein höheres Maß an Solidarität und müssen andere gemeinsame Instrumente einführen.“ Gentiloni und sein für den Binnenmarkt zuständiger Kollege Breton sprachen sich in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für einen schuldenfinanzierten EU-Fonds aus.

EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis hält sich bedeckt. Nach Abschluss der Beratungen der Finanzminister in Luxemburg betonte er, Solidarität und enge Zusammenarbeit seien gegenwärtig von besonderer Bedeutung. Auf den Vorstoß seiner Kommissionskollegen angesprochen, wies Dombrovskis lediglich darauf hin, dass es unterschiedliche Ansichten in der EU über einen EU-weiten Finanzierungsmechanismus gebe.

Geld für das von der EU-Kommission geplante Paket im Kampf gegen die Energiekrise („Repower EU“) soll nach dem Willen der EU-Staaten zu weiten Teilen aus einem bestehenden EU-Innovationsfonds kommen. Hinzu kommen sollen Erlöse aus einer vorgezogenen Versteigerung von CO2-Emissionszertifikaten. Darüber hinaus wollen die Finanzminister nicht genutzte Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds umwidmen. Nach Angaben der EU-Kommission sind 225 Mrd. Euro an Darlehen noch nicht abgerufen oder beantragt.

Die EU-Kommission will zur Finanzierung des Energiepakets dagegen zusätzliche Emissionszertifikate versteigern. Das lehnen die Finanzminister ab. Nun stehen Verhandlungen mit EU-Kommission und EU-Parlament an. Bis Ende des Jahres soll die Finanzierung stehen.

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