Deutschland

Energiekrise kostet Milliarden

110 Mrd. Euro an Realeinkommen kosten die gestiegenen Gas- und Ölpreise die deutsche Volkswirtschaft. Deutlich weniger Spielraum also in den Verteilungsdiskussionen.

Energiekrise kostet Milliarden

ba Frankfurt

Die gestiegenen Gas- und Ölpreise saugen einer Ifo-Studie zufolge Milliarden Euro aus der deutschen Volkswirtschaft heraus. In den Jahren 2021 bis einschließlich 2023 betrage der Realeinkommensverlust knapp 110 Mrd. Euro oder 3,0% der Wirtschaftsleistung eines Jahres, erklärte Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen.

Für das laufende Jahr beziffern die Münchener Wirtschaftsforscher die Realeinkommensverluste auf etwa 64 Mrd. Euro – das sind 1,8% der Wirtschaftsleistung. Im vergangenen Jahr seien es bereits gut 35 Mrd. Euro oder 1,0% gewesen. „Im nächsten Jahr kommen voraussichtlich noch einmal gut 9 Mrd. Euro oder 0,2% der Wirtschaftsleistung hinzu“, sagte Wollmershäuser.

Nur während der zweiten Ölpreiskrise in den Jahren von 1979 bis 1981 sei der Realeinkommensverlust mit 4% der Wirtschaftsleistung noch höher ausgefallen. Die gesamtwirtschaftlichen Kaufkraftverluste dieser Jahre konnten erst 1986 wieder ausgeglichen werden, als ein kräftiger Verfall der Ölpreise einsetzte und gleichzeitig die Mark spürbar gegenüber dem Dollar aufwertete – wodurch die meist in Dollar abgerechneten Energieimporte billiger wurden.

„Der derzeitige Realeinkommensrückgang dürfte auch in den kommenden Jahren bestehen bleiben“, betonte Wollmershäuser. Zum einen würden die Energiepreise mit dem Wegfall Russlands als Lieferant wohl dauerhaft hoch bleiben. Zum anderen werde sich an der Abhängigkeit Deutschlands von importierter Energie so schnell nichts ändern.

In den Verteilungsdiskussionen sei es wichtig, die Realeinkommensverluste an das Ausland beziffern zu können. Diese seien der Teil der in Deutschland erbrachten Wirtschaftsleistung, der zur Begleichung der Importrechnung ans Ausland abgegeben werden müsse und nicht im Inland verteilt werden könne. „So muss bei Lohnverhandlungen be­rücksichtigt werden, dass die hohen Preise für in Deutschland produzierte Waren und Dienstleistungen nicht Folge eines Booms sind, der die Gewinne der Unternehmen sprudeln lässt. Sie spiegeln vor allem die hohen Kosten wider, die für importierte Energie und Vorprodukte bezahlt werden müssen“, sagte Wollmershäuser. Das zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern zu verteilende Einkommen müsse also um die Realeinkommensverluste korrigiert werden. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen könnten deren Höhe nicht verändern, sondern nur den Anteil, den einzelne Bevölkerungsgruppen zu tragen haben, beeinflussen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.