DIHK-Umfrage

EU-Binnenmarkt verliert für deutsche Unternehmen an Glanz

Für mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen hat der Europäische Binnenmarkt seit der letzten EU-Wahl an Attraktivität verloren. Dies ergab eine neue DIHK-Befragung. Für die nächste EU-Kommission gibt es eine klare Prioritätenliste.

EU-Binnenmarkt verliert für deutsche Unternehmen an Glanz

Binnenmarkt verliert an Glanz

Unternehmen fordern von Brüssel vor allem Bürokratieabbau und Energiesicherung

Für mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen hat der Europäische Binnenmarkt seit der letzten EU-Wahl an Attraktivität verloren. Dies ergab eine neue DIHK-Befragung. Für die nächste EU-Kommission gibt es eine klare Prioritätenliste, auf der der Abbau von Bürokratie mit weitem Abstand auf Platz 1 steht.

ahe Frankfurt

Der Wirtschaftsstandort Europa hat für die deutschen Unternehmen laut einer neuen DIHK-Umfrage deutlich an Glanz eingebüßt. Seit der letzten EU-Wahl vor fünf Jahren hat sich die Attraktivität des Binnenmarktes demnach für 56% der Befragten verschlechtert. In der Industrie waren sogar zwei Drittel der Unternehmen dieser Meinung. Nur 5% der Betriebe sehen verbesserte Standortbedingungen. „Dieser Trend muss umgehend gestoppt werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, bei der Vorstellung der Ergebnisse am Mittwoch in Berlin.

An der Umfrage hatten sich bundesweit rund 3.000 Unternehmen beteiligt. „Europa läuft trotz der grundlegend guten Ausgangslage Gefahr, im internationalen Wettbewerb an Boden zu verlieren.“ Dabei ist die Lage der Wirtschaft nach Einschätzung von Wansleben sogar noch schlechter als die Stimmung.

DIHK-Umfrage: Bürokratieabbau hat für Unternehmen Top-Priorität

Den mit großem Abstand größten Handlungsbedarf für die neue EU-Kommission, die sich nach den Wahlen im Juni bilden wird, sehen die Unternehmen im Bürokratieabbau. 95% der Befragten hoben dieses Thema in der DIHK-Umfrage hervor. Auf der Prioritätenliste auf Platz 2 landete die sichere Energieversorgung mit 68%. In den energieintensiven Branchen nannten sogar drei Viertel der Betriebe diesen Punkt. Etwa die Hälfte der Befragten setzte zudem die Themen Schutz vor Cyber- und Analog-Angriffen, die Fachkräftesicherung sowie allgemein die Wettbewerbsfähigkeit auf die To-do-Liste der nächsten Brüsseler Kommission. Weit weniger wichtig erscheint in dieser Umfrage die Vollendung der Kapitalmarktunion. Lediglich jedes zehnte Unternehmen nannte den Punkt.

Laut Eurochambres, dem europäischen Dachverband der Industrie- und Handelskammern, sagen auf EU-Ebene sogar drei Viertel der Unternehmen, dass der Binnenmarkt in den letzten Jahren an Attraktivität verloren hat. Vizepräsidentin Sibylle Thierer sprach am Mittwoch von einem Gesetzes-„Tsunami“, der viele Firmen überfordere. Die Regelungen seien „zu aufwendig und zu kompliziert“.

DIHK fordert KMU-Tests

Die DIHK forderte angesichts des hohen Erfüllungsaufwands vieler EU-Regelungen, künftige neue Regelungen erst einmal einem KMU-Test zu unterziehen. Europäische Gesetze seien oft nicht aufeinander abgestimmt, kritisierte zudem Eurochambres-Vizepräsidentin Thierer. Der Umfrage zufolge prognostizieren rund drei Viertel der Unternehmen, dass eine Senkung der Bürokratie und weniger Berichtspflichten den größten positiven Effekt bei der Wettbewerbsfähigkeit haben würden. Positiv wird in diesem Zusammenhang auch eine Sicherung kritischer Rohstoffe durch die EU gesehen. Stärker negativ als positiv werden dagegen das Thema ESG in der Unternehmensfinanzierung und die Lieferketten-Sorgfaltspflichten eingeschätzt.

Grundsätzlich werden von den deutschen Unternehmen aber weiterhin auch die Vorteile einer europäischen Integration anerkannt. Dabei wurden insbesondere Faktoren wie politische Stabilität (82%), eine gemeinsame und stabile Währung (76%), einheitliche EU-Normen und Standards (68%), der Zugang zu europäischen Märkten (66%), weniger Wettbewerbsverzerrungen (64%) und eine Fachkräftegewinnung aus anderen EU-Mitgliedstaaten (61%) in der DIHK-Befragung genannt.

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