Energiepolitik

EU-Staaten einigen sich auf Strommarktreform

Die EU-Energieminister haben sich auf Änderungen im Strommarktdesign verständigt. Einen Kompromiss haben dabei insbesondere Deutschland und Frankreich im Streit um so genannte Differenzverträge gefunden. Eine Einigung mit dem EU-Parlament steht allerdings noch aus.

EU-Staaten einigen sich auf Strommarktreform

EU-Staaten einigen sich auf eine Strommarktreform

Berlin und Paris legen Streit bei – Besserer Schutz vor Preisschwankungen – Neue Rolle für Differenzverträge

ahe Berlin

Nach langen Verhandlungen haben sich die EU-Staaten auf Änderungen im europäischen Strommarktdesign geeinigt. Nach den Erfahrungen mit den Preisexplosionen bei Strom und Gas im vergangenen Jahr zielt die Reform nun darauf ab, die Strompreise unabhängiger von den schwankenden Preisen für fossile Brennstoffe zu machen, die Verbraucher vor Preisspitzen zu schützen und zugleich den Einsatz erneuerbarer Energien zu beschleunigen. In trockenen Tüchern sind die Beschlüsse allerdings noch nicht: Die EU-Staaten müssen sich nun noch mit dem Europaparlament verständigen.

Im Mittelpunkt der Debatten im Kreise der Energieminister stand das neue Instrument der Differenzverträge (Contracts for Difference/CfDs). In diesen sichert der Staat einem Kraftwerksbetreiber einen bestimmten Abnahmepreis zu. Wenn der zu erzielenden Preis am Strommarkt für den Betreiber niedriger ist, gleicht der Staat also die Differenz aus. Ist er höher, fließt der Erlös in die Staatskasse, aus der damit wiederum ein niedriger Preis für bestimmte Industriebetriebe oder auch Haushalte subventioniert werden könnte. Vor allem Deutschland und Frankreich hatten lange darum gestritten, ob die CfDs nur für neue Anlagen – insbesondere für Solar- und Windparks – gelten sollten oder auch für Alt-Anlagen wie etwa Atomkraftwerke. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sah bei einer Einbeziehung von AKW Wettbewerbsnachteile für Deutschland.

Der Kompromiss sieht nun vor, dass langfristige Verträge über subventionierte Energiepreise auch für bestehende Kernkraftwerke möglich sein sollen, jedoch nur bei begrenzten Fällen wie Kapazitätserweiterungen oder Laufzeitverlängerungen. Zudem unterliegen die CfDs künftig dem EU-Beihilferecht.

Das Ergebnis sei ein "großer Sieg für Frankreich", da man nun noch mehr von den wettbewerbsfähigen AKW profitieren werde, hieß es aus dem französischen Präsidialamt. Allerdings zeigte sich auch Habeck nach der in Luxemburg gefundenen Einigung zufrieden: Europa habe Handlungsfähigkeit bewiesen, erklärte er.

Energieverbände unzufrieden

"Die Einigung verbessert den Zugang von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Industrie zu günstigen Strompreisen in ganz Europa." Von der Reform profitierten die Verbraucher von den günstigen erneuerbaren Energien. Zudem werde auch in Krisenzeiten die Preisstabilität gewährleistet, indem Schwankungen am Strommarkt besser ausgeglichen würden.

Kritik kam allerdings vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) mit Blick auf die CfDs sowie die Förderung von Kohle und Atomkraft. "Die Entscheidung der Energieminister wirkt teils wie aus der Zeit gefallen", monierte BEE-Präsidentin Simone Peter. In den anstehenden Trilog-Verhandlungen bestehe umfassender Korrekturbedarf.

Der Energieverband BDEW begrüßte hingegen weitgehend die Einigung zu den Differenzverträgen. Klar sei: Neben langfristigen Stromlieferverträgen – sogenannten PPAs (Power Purchase Agreements) – seien CfDs die zweite wichtige Säule beim Ausbau der erneuerbaren Energien, so Verbandschefin Kerstin Andreae. Kritisch sieht der BDEW aber unter anderem die geplante Einführung virtueller Handelsplätze und die zeitlich befristet vorgesehene Möglichkeit von Erlösabschöpfungen.

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