Konjunktur

Euro-Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs

Der lange Zeit auch im Euroraum vorherrschende Konjunkturoptimismus hatte zuletzt einen starken Dämpfer erlitten. Schuld sind die dritte Welle und die enttäuschende Impfkampagne in vielen Ländern. Umso überraschender kommt da die deutliche Stimmungsaufhellung in den Euro-Unternehmen.

Euro-Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs

ms Frankfurt

Die Wirtschaft im Euroraum läuft offenbar besser als bislang angenommen. Darauf deuten zumindest die am Mittwoch veröffentlichten Markit-Einkaufsmana­gerindizes für März hin, die sämtliche Erwartungen übertrafen. Demnach hellte sich die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen nicht nur überraschend deutlich auf – der entsprechende Gesamtindex kletterte sogar erstmals seit September über die Marke von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert. Vor allem die Industrie boomt. Offen ist indes, wie sich nun die vielerorts verlängerten oder neuen Lockdowns auswirken. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte in jedem Fall vorerst an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten.

Die unerwartet positiven Umfrageergebnisse kommen zu einer Zeit, da sich in Europa die dritte Coronawelle ausbreitet und immer mehr Länder, nicht zuletzt Deutschland, mit einer Verlängerung oder Verschärfung der Eindämmungsmaßnahmen reagieren – was vielerorts die lange Zeit herrschende Konjunkturzuversicht schmälert. Das wiederum hat zu einer Debatte über eine Aufstockung des 750-Mrd.-Euro-Wiederaufbaufonds der EU geführt und es war neben den steigenden Anleiherenditen auch ein Grund für die Entscheidung der EZB, ihre Anleihekäufe im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP vorübergehend deutlich zu erhöhen.

Auf Allzeithoch

Im März nun kletterte der Markit-Einkaufsmanagerindex PMI Composite, der die Industrie und den Dienstleistungssektor zusammenfasst, um 3,7 Punkte auf 52,5 Punkte. Analysten hatten mit einem wesentlich schwächeren Anstieg auf nur 49,1 Zähler gerechnet. Erstmals seit einem halben Jahr wurde damit die Wachstumsschwelle von 50 Punkten überschritten. Besonders kräftig hellte sich die Stimmung in der Industrie auf, deren Index von 57,9 auf 62,4 Punkte zulegte und damit ein Allzeithoch markierte. Aber auch die Dienstleister waren besserer Dinge, wenngleich der Index trotz des Anstiegs von 45,7 auf 48,8 unter der Wachstumsschwelle verharrte. Die Industrie befindet sich also im Boom. „Viele Unternehmen werden von der aktuellen Nachfrage geradezu überrannt“, sagte Jörg Angelé, Volkswirt beim Assetmanager Bantleon.

Wesentlicher Treiber sind die Exporte, die von der Konjunkturerholung vor allem in China und den USA profitieren. Insbesondere die deutsche Industrie brummt deshalb. Dem Dienstleistungssektor kam die zwischenzeitliche Lockerung einiger Lockdown-Maßnahmen entgegen; einige unternehmensnahe Dienstleister wurden auch von der Industrie mitgezogen.

Unklar ist nun, wie sich die neuerlichen Lockdown-Maßnahmen niederschlagen werden, denn sie haben allenfalls in Teilen Berücksichtigung in den neuen Umfrageergebnissen gefunden. Die Industrie dürfte zwar ihre positive Entwicklung fortsetzen, aber insbesondere der Dienstleistungssektor bleibt ein Sorgenkind. Die neuerlichen Restriktionen könnten der positiven Entwicklung im März gleich wieder den Garaus machen. Zumindest die unternehmensnahen Dienstleister könnten sich aber weiter erholen. Hinzu kommt die Hoffnung auf stärkere Lockerungen mit fortschreitender Impfkampagne und besserem Wetter. Bantleon-Volkswirt Angelé er­wartet dann gar einen „Konsumrausch“, aus dem auch die Dienstleister Nutzen ziehen könnten.

Bewegung bei den Preisen

Die große Frage ist damit, ob die von vielen erwartete starke Konjunkturerholung bereits im zweiten Quartal 2021 oder eher in der zweiten Jahreshälfte startet. Vieles hängt nun davon ab, dass schneller Fortschritte beim Impfen erzielt werden. Die März-Einkaufsmanagerindizes sprechen aber in jedem Fall dafür, dass der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im ersten Quartal nicht so stark ausfällt wie zwischenzeitlich befürchtet. Im vierten Quartal 2020 hatte das Minus bei 0,7% gelegen.

Der Boom in der Industrie sorgt indes auch auf Preisseite für Bewegung. So steigen die Outputkosten kräftig an. Dadurch erhöhen sich zumindest kurzfristig auch die Inflationsrisiken im Euroraum. Das dürfte die Debatte über ein Comeback der Inflation befeuern. Die Inflationsrate in der Eurozone war zu Jahresbeginn unerwartet deutlich gestiegen und könnte dieses Jahr gar das 2-Prozent-Inflationsziel der EZB erreichen. Die Euro-Hüter bewerten das als vorübergehendes Phänomen und sehen deswegen keinen Anlass zu einer Kehrtwende.

Knot avisiert Exit-Debatte

In dieser Woche hatte das niederländische EZB-Ratsmitglied Klaas Knot zumindest einmal einen ersten Aufschlag in Richtung Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik angestoßen. Knot sagte, dass das jetzt erhöhte Wertpapier-Kauftempo im Sommer wieder verringert werden könne, falls sich die Wirtschaft erwartungsgemäß entwickele. Im späteren Jahresverlauf könne dann eine Debatte beginnen, wie die extrem lockere Geldpolitik zurückgedreht werden könne, so Knot.