Coronakrise

EZB heizt Debatte über mehr EU-Fiskalstütze an

EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel rechnet damit, dass die Euro-Staaten womöglich mehr Geld zur Bewältigung der Coronakrise ausgeben müssen als bislang beschlossen. Ihr slowakischer Kollege Kazimir kritisiert die schleppende Auszahlung der Hilfen.

EZB heizt Debatte über mehr EU-Fiskalstütze an

ms Frankfurt

Die Euro-Staaten müssen nach Einschätzung von EZB-Di­rektoriumsmitglied Isabel Schnabel im Kampf gegen die Coronakrise womöglich noch mehr Geld ausgeben als bislang beschlossen. „Es kann sein, dass sich die europäische Unterstützung als unzureichend erweisen wird“, sagte Schnabel der französischen Zeitung „Les Échos“. Das slowakische EZB-Ratsmitglied Peter Kazimir kritisierte derweil zu wenig Tempo bei den Fiskalhilfen. Beide argumentierten auch im Kontext des gerade beschlossenen US-Kon­junk­tur­pa­kets in Höhe von 1,9 Bill. Euro.

Mit ihren Aussagen heizen die No­tenbanker die Debatte über zusätzliche Konjunkturhilfen durch die Euro-Staaten an. Viele Ökonomen fordern mehr Geld und kritisieren, dass Euroland etwa gegenüber den USA und Japan hinterherhinke. Die Euro-Staaten hatten vergangenen Sommer insbesondere den EU-Wie­der­auf­bau­fonds („Next Generation EU“) mit 750 Mrd. Euro aufgelegt. Die Pandemie hält nun aber viel länger an als gedacht und damit auch die Eindämmungsmaßnahmen – was die Wirtschaft belastet.

EU-Gelder schnell auszahlen

Die Kommentare von Schnabel gehen zudem über bisherige Aussagen der EZB hinaus. Die Euro-Notenbanker haben zwar stets betont, dass in der Pandemie die Fiskalpolitik eine entscheidende Rolle spiele, und sie haben zuletzt wiederholt eine schnelle Umsetzung des EU-Wiederaufbaufonds gefordert. Zu weiteren fiskalischen Hilfen hatten sie sich aber eher bedeckt gehalten.

EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel sagte nun, dass die bisherigen Hilfen zu gering ausgefallen sein könnten. Sie sagte das auf die Frage, ob die Euro-Staaten auch angesichts des 1,9-Bill.-Dollar-US-Pakets mehr Geld mobilisieren sollten als die 750 Mrd. Euro aus dem Next-Generation-EU-Plan. Schnabel betonte zwar, dass der Unterschied womöglich gar nicht so groß sei wie gedacht. So stellten die USA Geld für Maßnahmen bereit, die in Europa bereits durch die Sozialsysteme abgedeckt seien. „Nichtsdestotrotz sind die US-Maß­nah­men größer“, so Schnabel.

Schnabel sagte aber auch, dass die Debatte über mehr Fiskalhilfen derzeit „verfrüht“ sei. Jetzt komme es darauf an, dass die vereinbarten EU-Mit­tel „so schnell wie möglich“ ausgezahlt würden. „Das ist absolut grundlegend. Eine Verzögerung können wir uns nicht leisten, das wäre nachteilig. Je früher die Mittel zur Verfügung gestellt werden, desto besser“, sagte Schnabel und fügte hinzu: „Noch wichtiger ist, dass wir sicherstellen, dass die Länder die Mittel klug ausgeben, um ihr Wachstumspotenzial zu fördern.“

Der slowakische Notenbankchef Kazimir kritisierte derweil, dass die EU-Hilfen für die von der Pandemie stark betroffenen Länder nur schleppend anliefen. „Die gemeinsame Fiskalreaktion hinkt hinterher und muss das Tempo erhöhen, um die Erholung zu unterstützen“, sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Regierungen der EU-Länder haben noch bis Ende April Zeit, um Projektpläne einzureichen, wie sie die Gelder aus dem 750-Mrd.-Euro-Wiederaufbaufonds einsetzen wollen.

Europa hinkt hinterher

„Meine Sorge ist, dass im Vergleich zu dem enormen fiskalischen Impuls in den USA die Effekte des europäischen Impulses mit einer großen Verzögerung eintreten werden – wir sprechen hier von Monaten und Jahren“, sagte Kazimir nun.

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